fair-hotels . Ein Service wie gemalt
Reiseführer Übersicht Deutschland Österreich Schweiz Bauwerke nach Stil

Werbung

Letzte Änderung für Artikel Mordanschlag von Solingen: 20.02.2006 01:16

Mordanschlag von Solingen

Wechseln zu: Navigation, Suche

Die kreisfreie Stadt Solingen (Nordrhein-Westfalen) wurde am 29. Mai 1993 zum Schauplatz eines rechtsextremen Brandanschlages, bei dem 5 Menschen ums Leben kamen. Es handelte sich dabei um den brutalsten politischen Anschlag nach 1945 in Deutschland .

Gedenktafel zur Erinnerung an die 5 ermordeten MÀdchen und Frauen der Familie Genç. Fotografin: Kerstin Ehmke-Putsch
Gedenktafel zur Erinnerung an die 5 ermordeten MÀdchen und Frauen der Familie Genç. Fotografin: Kerstin Ehmke-Putsch

Inhaltsverzeichnis

FĂŒnffacher Mord

Nach den Pogromen in Hoyerswerda, Rostock und Mölln Ànderte die Bundesregierung am 26. Mai 1993 den Artikel 16 des Grundgesetzes , das Recht auf Asyl . Nur drei Tage spÀter erfolgte der Mordanschlag in der westdeutschen Stadt Solingen: Möglicherweise fasste die rechtsextreme Szene die politischen Reaktionen als Ermutigung zu weiteren AnschlÀgen auf.

Bei dem Brandanschlag auf das Zweifamilienhaus starben fĂŒnf Menschen (2 Frauen, 3 MĂ€dchen). HĂŒlya Genç (9), GĂŒlĂŒstan ÖztĂŒrk (12) und Hatice Genç (18) kamen in den Flammen ums Leben. GĂŒrsĂŒn Ince (27) und Saime Genç (4) erlagen ihren Verletzungen nach einem Sprung aus dem Fenster. Ein sechs Monate alter SĂ€ugling, ein dreijĂ€hriges Kind und der 15 Jahre alte Bekir Genç wurden mit lebensgefĂ€hrlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Der 15-jĂ€hrige Bekir Genç erlitt schwerste Verbrennungen und musste seit dem Anschlag 28 Operationen und Hauttransplantationen ĂŒber sich ergehen lassen, 14 weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefĂ€hrliche Verletzungen. Bewohnt war das Haus von Menschen tĂŒrkischer Abstammung , was wohl der ausschlaggebende Grund fĂŒr die TĂ€ter war, dieses Haus auszuwĂ€hlen.

Ermittlungen und Verurteilungen

Bundesanwaltschaft und Polizei konnten bereits am 4. Juni 1993 drei MĂ€nner im Alter zwischen 16 und 23 Jahren aus der Solinger Skinhead -Szene festnehmen. Auch der vierte TatverdĂ€chtige wurde, nach den ersten Festnahmen, rasch ermittelt. Zwei der MĂ€nner entsprachen dem TĂ€terbild, wie es Zeitungen oft nach rechtsextremen AnschlĂ€gen prĂ€sentieren: vorverurteilte rechtsextreme Jugendliche mit zerrĂŒttetem Elternhaus, frĂŒhzeitig gewaltauffĂ€llig, der Skinhead-Szene zugehörig. Doch die zwei anderen TatverdĂ€chtigen passten nicht in das ĂŒbliche Raster: Einer wuchs in einer Solinger Handwerksfamilie auf, der vierte entstammte einer Arztfamilie. Diese beiden bestreiten jedoch bis heute vehement, etwas mit dem Anschlag zu tun gehabt zu haben. Nach 127 Verhandlungstagen wurden alle vier Angeklagten am 13. Oktober 1995 vor dem DĂŒsseldorfer Oberlandesgericht zu langjĂ€hrigen Haft- oder Jugendstrafen verurteilt.

Der sechste Strafsenat des Oberlandesgerichts DĂŒsseldorf verurteilte den 24jĂ€hrigen Markus G. wegen fĂŒnffachen Mordes , 14fachen Mordversuches und besonders schwerer Brandstiftung zu 15 Jahren Freiheitsstrafe . Der 18jĂ€hrige Felix K., der 19jĂ€hrige Christian R. und der 22jĂ€hrige Christian B. wurden zur höchsten Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Nach Berufungen wurde das Urteil 1997 vom Bundesgerichtshof bestĂ€tigt. Das Landgericht Wuppertal verurteilte die 4 TĂ€ter im Mai 2000 zur Zahlung von 250.000 Mark Schmerzensgeld an Bekir Genç. Das Urteil kann jedoch nicht vollstreckt werden, da zwei TĂ€ter noch in Haft sitzen, Christian B. angibt, kein Geld zu haben und der vierte TĂ€ter, der Arztsohn Felix K., nicht erreichbar ist. Das Meldeamt verweigert die Herausgabe der Anschrift mit der BegrĂŒndung, dass der Haftentlassene eine schĂŒtzenswerte Person sei.

Reaktionen, Gedenken

Der Solinger Anschlag war 1993 der Höhepunkt einer Welle fremdenfeindlicher , rassistischer AnschlĂ€ge auf Menschen auslĂ€ndischer Herkunft in Deutschland. Der Anschlag löste heftige Reaktionen aus: Anfangs friedliche Demonstrationen schlugen in Solingen in Straßenschlachten um. Tagelang herrschten dort bĂŒrgerkriegsĂ€hnliche ZustĂ€nde.

In der Unteren Wernerstraße Nr. 81 erinnern nur noch ein paar Kellerstufen an das Haus der Familie Genç. Ein grĂŒner Drahtzaun steht davor, am linken Ende davon steht ein Gedenkstein mit einer Metallplatte, auf der die Namen der getöteten MĂ€dchen und Frauen zu lesen sind. 1998 hat die Stadt gemeinsam mit dem Verein „SOS Rassismus” Terrassen angelegt und darauf fĂŒnf junge Kastanien gepflanzt.

Stille. Fotografin: Kerstin Ehmke-Putsch
Stille. Fotografin: Kerstin Ehmke-Putsch
Der HĂŒlyaplatz in Bockenheim erinnert mit einer auf ein Hakenkreuz schlagenden Figur an eines der Opfer
Der HĂŒlyaplatz in Bockenheim erinnert mit einer auf ein Hakenkreuz schlagenden Figur an eines der Opfer

Reaktionen im Ausland

In den Niederlanden wurden damals aufgrund des Entsetzens ĂŒber die Tat Plakate mit folgender Aufschrift aufgestellt: „Solingen, 29. Mai 1993. Dit nooit meer.” (Übersetzung: Das nie wieder!)

Die Überlebenden der Familie Genç

Familie Genç bewohnt heute ein mit Versicherungs - und Spendengeldern finanziertes Haus, das mit Überwachungskameras ausgestattet ist. Einigen Familienangehörigen wurde es ermöglicht, Jobs bei der Stadt anzunehmen. MevlĂŒde Genç bekam von Deutschland einen Pass und ein Bundesverdienstkreuz .

Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der GrĂ€ueltaten und haben Angst vor weiteren Übergriffen. Psychologische und medizinische Betreuung ist nach wie vor nötig. Bekir Genç, der als 15-JĂ€hriger schwerste Brandverletzungen erlitt, hat inzwischen 28 Operationen und Hautverpflanzungen ĂŒber sich ergehen lassen mĂŒssen.

Die Mutter, Großmutter und Tante der Ermordeten, MevlĂŒde Genç, bemĂŒhte sich in den Jahren nach den Morden immer wieder, Versöhnung zwischen der Bevölkerung Solingens und ihrer Familie beziehungsweise der tĂŒrkischstĂ€mmigen Bevölkerung in der Stadt zu erreichen.

Das Denkmal

UrsprĂŒnglich war der Familie Genç versprochen worden, dass im Zentrum der Stadt ein Platz gefunden wird, um den 5 Ermordeten zu gedenken. Dies wurde auch mit einem Ratsbeschluss am 3. MĂ€rz 1994 abgesegnet. Das Denkmal wurde dann jedoch 2,5 Kilometer außerhalb des Zentrums vor der Mildred-Scheel-Schule, auf die Hatice Genç ging, errichtet. Dies wurde damit begrĂŒndet, dass es den sozialen Frieden in der Stadtmitte nicht gefĂ€hrden solle. 10.000 Menschen kamen 1994 am ersten Jahrestag des Brandanschlags zur Einweihung. Gestaltet wurde das Denkmal von Heinz Siering, dem Leiter der Solinger Jugendhilfe-Werkstatt: Zwei große Metallfiguren, umrahmt von einem Wall aus handgroßen Metallringen, zerreißen ein Hakenkreuz . Jeder Ring - inzwischen sind es mehr als 5.000 - trĂ€gt einen Namen. Bei der Einweihung wurden die ersten 5 Ringe durch die Menge gegeben, sie trugen die Namen der 5 ermordeten Frauen und Kinder. Foto des Denkmals

Zitate

  • „Wir wenden uns heute, einen Tag nach dem Urteil, an alle jungen Leute in Deutschland und in der TĂŒrkei ... Der Richter hat das gestern richtig als sinnlose Tat bezeichnet, die auf Rassenhass beruht ... Dabei haben wir Jugendlichen, egal, ob wir Deutsche oder TĂŒrken sind, egal, welche Hautfarbe wir haben oder aus welchem Land wir kommen, gemeinsame Interessen. ... Wir mĂŒssen uns gemeinsam fĂŒr Verbesserungen einsetzen. Hass spaltet nur und fĂŒhrt im schlimmsten Fall zu solchen schrecklichen und sinnlosen Taten. ... So etwas sollte sich nie mehr wiederholen.”
Fadime und Bekir Genç (in Metin GĂŒr, Alaverdi Turhan - Die Solingen-Akte)
  • „Das Bewegendste ist fĂŒr mich die Haltung der Familie Genç. Da war kein Hass, kein Abschied, sondern stets der Ruf nach Versöhnung zwischen den Menschen und den Völkern. Das ist das positive Signal nach der schrecklichen Tat.”
BundesprÀsident Johannes Rau anlÀsslich des 10. Jahrestages
Aufruf zur Demo anlÀsslich des 10. Jahrestages. Antifa NRW
Aufruf zur Demo anlÀsslich des 10. Jahrestages. Antifa NRW

Film

  • Yvonne Dobrodziej: „Der Solinger Brandanschlag - 10 Jahre danach” - Dokumentarfilm

Literatur

  • Metin GĂŒr, Alaverdi Turhan: Die Solingen-Akte. Patmos Verlag DĂŒsseldorf 1996. ISBN 3-491-72352-3
  • Duisburger Institut fĂŒr Sprach- und Sozialforschung: SchlagZeilen - Rostock: Rassismus in den Medien. 1993. ISBN 3-927388-32-7

Musik

  • ErwĂ€hnung im Track „Stift her” der Beginner

Siehe auch

  • Überfremdung
  • Xenophobie

Weblinks

Wikipedia

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Mordanschlag von Solingen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation . In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels Mordanschlag von Solingen verfügbar.

fair-hotels. Ein Service der
VIVAI Software AG
Betenstr. 13-15
44137 Dortmund

Tel. 0231/914488-0
Fax 0231/914488-88
Mail: info@vivai.de
Url: http://www.vivai.de