fair-hotels . Ein Service wie gemalt
Reiseführer Übersicht Deutschland Österreich Schweiz Bauwerke nach Stil

Werbung

Letzte Änderung für Artikel Pogrom von Rostock-Lichtenhagen: 08.02.2006 17:21

Pogrom von Rostock-Lichtenhagen

Wechseln zu: Navigation, Suche
   
Dieser Artikel oder Abschnitt ist noch unvollstĂ€ndig und weist folgende LĂŒcken auf:

Die Auseinandersetzung mit dem kontroversen Begriff "Pogrom" fehlt! Desweiteren FOTOS! BILDMATERIAL!
Hilf Wikipedia, indem du ihn erweiterst und ihn jetzt bearbeitest!

Der Rostocker Stadtteil Lichtenhagen erlangte im August 1992 traurige BerĂŒhmtheit, nachdem es dort zu den bis dahin grĂ¶ĂŸten auslĂ€nderfeindlichen Pogromen der deutschen Nachkriegsgeschichte kam.

Bei den viertĂ€gigen Unruhen um die Zentrale Aufnahmestelle fĂŒr Asylbewerber (ZAST) zwischen dem 22. und 26.08.1992 kam es zu 370 vorlĂ€ufigen Festnahmen, 408 eingeleiteten Ermittlungsverfahren sowie 204 verletzten Polizeibeamten. Bei den tagelangen Krawallen konzentrierte sich nach dem Abtransport der Asylbewerber in sichere UnterkĂŒnfte die Gewalt dann auf die Polizei.

Bei den bĂŒrgerkriegsĂ€hnlichen Krawallen konnten sich die Rechtsextremisten und gewalttĂ€tige Trittbrettfahrer immer wieder in die Menge von stellenweise 3000 Schaulustigen, deren Rolle umstritten ist, zurĂŒckziehen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Lichtenhagen ist ein Stadtteil im Nordwesten der Stadt Rostock. Er wurde nach dem gleichnamigen Dorf benannt, das heute zur Gemeinde Elmenhorst/Lichtenhagen im Landkreis Bad Doberan gehört. Der Stadtteil war eine der ersten Plattenbausiedlungen Rostocks. Wegen seiner NĂ€he zum Seebad WarnemĂŒnde ist er auch heute noch eine beliebte Wohngegend.

Die Zentrale Aufnahmestelle fĂŒr Asylbewerber fĂŒr Mecklenburg-Vorpommern (ZASt M-V) befand sich in einem elfgeschossigen Plattenbau in dem Rostocker Neubauviertel, der wegen seiner Fassadengestaltung "Sonnenblumenhaus" genannt wurde. Das Haus war berĂŒchtigt fĂŒr die menschenunwĂŒrdigen Bedingungen, unter denen die Asylbewerber dort untergebracht waren. Eine Betreuung der Bewohner fand so gut wie nicht statt. TĂ€glich zahlreich erscheinende Antragsteller konnten aus Personalmangel nicht registriert werden und warteten vor dem GebĂ€ude Tage lang darauf, bis zur Aufnahmeprozedur vorzudringen. Die Behörden ignorierten die zahlreiche Beschwerden der Anwohner und Bewohner ĂŒber die hygienischen ZustĂ€nde und die menschenunwĂŒrdigen Bedingungen im Wohnhaus.

In den Tagen vor den Ausschreitungen kampierten etwa 400 Asylbewerber in den GrĂŒnanlagen vor der ZASt, was zu einer massiven BelĂ€stigung der Anwohner fĂŒhrte. Die zustĂ€ndigen Behörden unternahmen nichts gegen die unhaltbaren ZustĂ€nde dort. Der ZDF-Journalist Jochen Schmidt, der damals zusammen mit 120 Vietnamesen in dem von Neonazis und Skinheads angezĂŒndeten Haus eingeschlossen war, diskutiert in seinem Buch Politische Brandstiftung die Frage, ob die Aktion am 24. August 1992 in Rostock-Lichtenhagen als Fanal fungieren sollte und von seiten der Politik eine kontrollierte Eskalation des Volkszornes geplant war, mit dem Ziel, die SPD zum Einlenken in der Asylfrage zu zwingen. Schmidt stellt in seinem im Jahre 2002 bei der Berliner edition ost erschienenen Buch als Tatsache fest, daß die SPD zeitgleich mit dem Rostocker Pogrom ihren Widerstand gegen die Änderung des Artikel 16 Grundgesetz aufgab. Die damalige CDU-gefĂŒhrte Bundesregierung unter Helmut Kohl strebte dessen Änderung und damit die VerschĂ€rfung der Asylgesetzgebung an. Es sei, so der Autor weiter, zumindest im Bereich des Möglichen, daß die Bundesregierung Lichtenhagen als ein letztes schlagkrĂ€ftiges Argument benutzte. Nach den Krawallen hatte die Politik die benötigten Schlagzeilen wie Blutnacht von Rostock (BILD) und Pogrom von Rostock. So gingen die Bilder des brennenden Asylantenheimes um die Welt, das immer noch vorhandene Bild vom schrecklichen Deutschen lebte wieder auf.

Die Angriffe

Nachdem es zuvor schon zu mehreren auslĂ€nderfeindlichen Ausschreitungen gegen einzelne Bewohner des "Sonnenblumenhauses" gekommen war, versammelten sich am 22. August 1992 zahlreiche Jugendliche in der NĂ€he des GebĂ€udes. Sie begannen, Bewohner des Hauses, die sich vor dem GebĂ€ude aufhielten, mit Steinen zu bewerfen. Nachdem diese in das Haus geflĂŒchtet waren, begannen die Jugendlichen, dort die Fensterscheiben einzuwerfen. Die Polizei griff jedoch ein und zog sich erst zurĂŒck, als wieder Ruhe eingekehrt war.

In den folgenden NÀchten versammelten sich immer mehr gewaltbereite Jugendliche, die sich entweder an den Attacken gegen das Haus oder auch an den Auseinandersetzungen mit der bleibenden Polizei beteiligte. Viele Passanten verfolgten das Geschehen ohne einzugreifen, ein Teil bejubelte sogar die TÀter oder skandierte auslÀnderfeindliche Parolen .

Am dritten Tag der Angriffe, am 24. August , wurde frĂŒh morgens die ZASt evakuiert. Die RĂ€umung eines daneben liegenden Wohnheimes unterblieb jedoch, weil man angeblich im Rostocker Rathaus geglaubt hatte, hier wĂŒrden nur Deutsche leben. TatsĂ€chlich befanden sich zu diesem Zeitpunkt in dem GebĂ€ude noch 115 Vietnamesen , auf die sich nun die Angriffe richteten. Jugendliche aus der Antifa -Bewegung, die sich vermeintlich um den Schutz der GebĂ€ude und seiner Bewohner bemĂŒhten, wurden wegen Angriffen auf Ordnungsbeamte am Abend von der Polizei festgenommen. Die Polizei schĂŒtze die Bewohner.

In der Nacht des 24. August warfen unter den aufstachelnden "AuslĂ€nder raus"-Rufen der umstehenen Schaulustigen mehrere meist jugendliche TĂ€ter wiederum Steine und vor dem Haus entzĂŒndete Molotowcocktails in das GebĂ€ude, wie eine zufĂ€llig daneben positionierte RTL - Videokamera im Detail berichten konnte. Der Eingangsbereich wurde von rechtsextremistischen Skinheads mit BaseballschlĂ€gern gestĂŒrmt, das Licht und die Einrichtung zerschlagen und unter Rufen wie "Wir kriegen Euch alle, jetzt werdet Ihr geröstet" Benzin ausgeschĂŒttet und angezĂŒndet.

Zu den ĂŒber 100 Eingeschlossenen zĂ€hlt auch ein Fernsehteam des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Der Augenzeuge Thomas Euting , Leiter des ZDF-Landesstudios Sachsen in Leipzig, notierte: "Die NotausgĂ€nge zum Nachbarhaus sind allesamt von den deutschen Nachbarn verrammelt und mit Ketten gesichert. Man will verhindern, dass die lĂ€stigen AuslĂ€nder etwa rĂŒberkommen könnten." Auch Euting schrieb in dieser Lage einen Abschiedsbrief an seine Frau.

Den vietnamesischen Familien und dem Fernsehteam gelang es jedoch, auf das Dach des Hauses zu fliehen. Die Feuerwehr konnte auf Grund der Gewaltbereitschaft der Anwesenden nicht zum Löscheinsatz ausrĂŒcken. Die Polizei konnte der Feuerwehr keine Hilfe leisten, da sie krĂ€ftemĂ€ĂŸig den Neonazis unterlegen war. Erst in der nĂ€chsten Nacht wurde, unter Hinzuziehen auswĂ€rtiger Polizeieinheiten, die Situation unter Kontrolle gebracht.

Chronologie der Angriffe

Dieser Artikel oder Abschnitt besteht hauptsĂ€chlich aus Listen , wo Fließtext stehen sollte .

Die Ereignisse in der Nacht vom 22./23.08.1992

Uhrzeit Ereignis
18:00Erstmals versammelt sich eine grĂ¶ĂŸere Menschenmenge vor der ZAST
20:02Die Störer beginnen mit Angriffen gegen die ZAST.

Die Gewalt eskaliert im Minutentakt.

22:46Die Lage eskaliert, die Polizei muss sich zurĂŒckziehen.
23:02Ein Einsatzzug der Bereitschaftspolizei wird mit Molotow-Cocktails angegriffen.
23:24Ein Einsatzzug der Bereitschaftspolizei aus Schwerin trifft ein.
01:34Es werden durchgÀngig Wasserwerfer eingesetzt.
02:05Die Störer werden Richtung B103 abgedrÀngt.
02:25Ein Wasserwerfer wird mit Molotow-Cocktails in Brand gesetzt.
02:30FĂŒr die Polizeidirektion Rostock wird Polizeialarm ausgelöst.
02:30Die Waffenkammer wird geöffnet.
02:30Die Polizei setzt Reizwurfkörper aus der Waffenkammer ein.
05:30Die Lage beruhigt sich.
  • Polizeibeamte im Einsatz : 160
  • Störer : 300
  • Verletzte Polizeibeamte : 13
  • Festnahmen : 9


Die Ereignisse in der Nacht vom 23./24.08.1992

  • Es sind ca. 100 Personen vor der ZAST versammelt.
Uhrzeit Ereignis
11:55Die Polizeidirektion fordert UnterstĂŒtzungskrĂ€fte an (EBL aus Schwerin, Anklam, Stralsund, GĂŒstrow / 2 Wasserwerfer aus MV / 2 Einsatzhundertschaften BGS).
14:15Zivilfahnder melden das Eintreffen von ca. 30 Neonazis.
18:45400 Störer beginnen mit dem Angriff auf die ZAST.
19:18Die Störer setzen Molotowcocktails ein.
19:18Es kommen Wasserwerfer zum Einsatz.
20:00Mit Hilfe der Wasserwerfer beginnen RĂ€ummaßnahmen.
20:30Es kommt zum Schusswaffengebrauch durch die Polizei.
22:00Der Einsatzleiter meldet, die Lage sei ohne VerstÀrkung noch 30 Minuten zu halten.
22:30Ein Ziviles Einsatzfahrzeug wird in Brand gesteckt.
22:41Landespolizeialarm wird ausgelöst.
00:00Der Landespolizeialarm ermöglicht das Zusammenziehen weiterer KrĂ€fte (SEK und MBK aus Hamburg / 2 EinsatzzĂŒge mit Diensthunden aus Kiel / eine Einsatzhundertschaft aus LĂŒbeck / BGS Hubschrauber).
02:55Die 2. Einsatzhundertschaft aus Hamburg trifft ein.
03:45 Die 1. Einsatzhundertschaft aus Hamburg trifft ein.
04:10Die Lage beruhigt sich, die Einsatzhundertschaften aus Hamburg ĂŒbernehmen die Nachtaufsicht.
  • Polizeibeamte im Einsatz : 850
  • Störer : 500
  • Verletzte Polizeibeamte : 70
  • Festnahmen : 130


Die Ereignisse in der Nacht vom 24./25.08.1992

Uhrzeit Ereignis
14:00Die ZAST wird unter dem Schutz der 1. und 2. Einsatzhundertschaft Hamburg (seit 16 Stunden im Einsatz) evakuiert. Schaulustige kĂŒndigen fĂŒr 16.00 Uhr Krawalle an. Die Polizei erfĂ€hrt von einer Telefonkette, durch die Krawalle organisiert werden. Diese sollen sich ausschließlich gegen die Polizei richten, sollte die ZAST gerĂ€umt worden sein.
19:45Die 4. Einsatzhundertschaft Mecklenburg-Vorpommern löst die Beamten nach 21 Stunden Dienst ab.
19:5510 Minuten nach Ankunft der 4. Einsatzhundertschaft sollen alle Maßnahmen an der ZAST eingestellt werden. Es ist umstritten, ob der Befehl sich nur an die Hamburger Hundertschaften oder alle EinsatzkrĂ€fte richtete.
20:00Beim RĂŒckzug werden BGS-Beamte angegriffen, die der 2. Hundertschaft Hamburg unterstellt sind. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich ca. 3 000 Personen auf der Straße.
20:05Bereits abgezogene ZĂŒge der 2. Hamburger Hundertschaft werden dem BGS zu Hilfe geschickt. Dabei mĂŒssen die Beamten sich unter Einsatz des Schlagstockes durch ein Heer von Schaulustigen kĂ€mpfen. Der FĂŒhrer der 1. Hundertschaft Hamburg berichtet von einem Gewaltpotential, dass ihm wĂ€hrend seiner 5-jĂ€hrigen Einsatzerfahrung in der Hamburger Hafenstraße und Flora nicht begegnet sei.
20:151. Einsatzhundertschaft Hamburg und 4. Einsatzhundertschaft Mecklenburg-Vorpommern kommt ihren Kollegen zu Hilfe. Es werden Wasserwerfer eingesetzt und RĂ€umketten gebildet.
20:15Beamte der Bahnpolizei setzten ĂŒber Funk den Notruf „Beamte in BedrĂ€ngnis“ ab.
20:15Auch hier hilft die 1. Einsatzhundertschaft Hamburg.
20:40Ein Wasserwerfer fÀllt durch technischen Defekt aus.
21:20Die 1. Einsatzhundertschaft zieht sich unter dem Schutz des Wasserwerfers der 4. Hundertschaft MV zurĂŒck.
21:34Die Wasserreserve des zweiten Wasserwerfers ist aufgebraucht. Die 4. Hundertschaft MV hat ca. 800 Störer im RĂŒcken.
22:37Die 4. Hundertschaft bildet RÀumketten und setzt Wasserwerfer ein, um der Feuerwehr ihre Löscharbeiten zu ermöglichen.
22:55 Die 1. Einsatzhundertschaft Hamburg wird nach fast 25 Stunden Dienst nach Hamburg entlassen.
00:00Die 4. Hundertschaft beginnt mit der RÀumung gegen die verbliebenen 300 Störer
00:00Die 2 Einsatzhundertschaft wird nach 26 Stunden Dienst nach Hamburg entlassen.
00:30Die Lage beruhigt sich.
22:00Erneut beginnen 400 Personen mit altbekannten Mitteln gegen die ZAST vorzugehen. Die Polizei ist stark prÀsent.
bis 03:00Ganze StraßenzĂŒge um die ZAST werden mit bis zu sieben Wasserwerfern gerĂ€umt. 1 000-1 200 Störer beteiligen sich an Ausschreitungen gegen die Polizei.
  • Polizeibeamte im Einsatz : 2 050
  • Störer : ca. 2 000
  • Verletzte Polizeibeamte : 117
  • Festnahmen : 58

Augenzeugenberichte

Aussagen von Polizeibeamten vor dem parlamentarischem Untersuchungsausschuss, der die VorfĂ€lle um die ZAST untersuchte :

"(...) Wir mussten uns zurĂŒckziehen. WĂ€hrend des RĂŒckzuges blieb ich an vorletzter Position. Plötzlich bemerkte ich, wie der ca. 10 Meter hinter mir laufende Kollege aus mir unbekannter Ursache plötzlich zu Boden ging. Er wurde sofort von ca. 5-7 Personen mit Fußtritten massiv attackiert und schrie laut um Hilfe. Ich hatte den Eindruck, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein weiterer Beamter den Vorfall bemerkte. Auch ich wurde massiv attackiert, ein Wurfgeschoß durchschlug mein Helmvisier, auch mein Schutzschild wurde durchschlagen, weitere SteinwĂŒrfe trafen mich an anderen Körperpartien. Als einzige Möglichkeit zur Rettung meines Kollegen sah ich die Anwendung der Schusswaffe. Ich gab zwei WarnschĂŒsse in die Luft ab, worauf die Angreifer sofort von meinem Kollegen abließen und flĂŒchteten. Gleichzeitig bemerkte ich, von meinem Standort aus gesehen, in einer Entfernung von ca. 10-12 Metern halb rechts hinter dem am Boden liegenden Kollegen drei weitere Angreifer, die auf den Verletzten zustĂŒrmten. Einer der Angreifer hielt einen Mauerbrocken, Gehwegplatte oder etwas Ă€hnliches und wollte sich auf den Verletzten stĂŒrzen. Gegen diese Person habe ich einen gezielten Schuß auf die unteren ExtremitĂ€ten abgefeuert, eine Trefferwirkung konnte ich nicht feststellen, jedoch gingen alle Angreifer noch weiter zurĂŒck. (...)"

"(...) Was ich dann in diesen eineinhalb Stunden erlebt habe so einsatzmĂ€ĂŸig, da muß ich ehrlich sagen, ich bin seit 5 Jahren Chef einer Hundertschaft und habe viele EinsĂ€tze im Bereich der Gewaltanwendung, im Bereich der Hamburger Hafenstraße und Flora mitgemacht, aber diese AggressivitĂ€t, das habe ich hier so in diesem Ausmaß noch nicht erlebt. (...)"

Die Folgen der auslÀnderfeindlichen Attacken

Medien

   
Dieser Artikel oder Abschnitt ist noch unvollstĂ€ndig und weist folgende LĂŒcken auf:

Die negative Rolle der Medien in den Ausschreitungen, die Bilder "erkauften", fehlt vollstÀndig.
Hilf Wikipedia, indem du ihn erweiterst und ihn jetzt bearbeitest!

Zahlreiche Medien im In- und Ausland berichteten bereits wĂ€hrend dieser Tage intensiv vom Ort des Geschehens. Besonders bekannt wurde das Bild, ein sogenannter " Eye-Stopper ", eines Rostocker Einwohners vor dem brennenden Haus auf den Titelseiten der Weltpresse, im weißen, mit schwarz-rot-goldenen Applikationen versehenen Trikot des Deutschen Fußball-Bundes , mit urinbefleckter Jogginghose , in der einen Hand eine Bierdose, mit der anderen den Hitlergruß zeigend.

FĂŒr seine "Kennzeichen D"- Reportage wurde Thomas Euting mit dem Journalistenpreis der IG Medien , dem "Tele-Star" von ARD und ZDF und mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationale Liga fĂŒr Menschenrechte ausgezeichnet.

Politische Reaktionen

Nach den auslĂ€nderfeindlichen Attacken wurde auf der Seite der Bundes - und der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern stets betont, dass es sich um die Taten Einzelner handeln wĂŒrde, die die Missbilligung der Mehrheit auf sich ziehen. Diese Behauptung ließ sich nach den Bildern der jubelnden und auslĂ€nderfeindlichen Parolen grölenden Menschenmenge nur schwer aufrechterhalten. Auch wurde die Behauptung aufgestellt, dass Neonazis aus Westdeutschland die Attacken koordiniert hĂ€tten, was sich jedoch ebensowenig belegen ließ. Tatsache bleibt jedoch, dass sich, angestachelt durch die Fernsehbilder der ersten Tage, Neonazis und gewaltbereite Skinheads aus der gesamten Bundesrepublik auf den Weg nach Rostock machten und unter die Meute mischten.

Die Debatte um Ursachen der Geschehnisse wurde schnell mit der Diskussion um das deutsche Asylrecht verknĂŒpft. Nur wenig spĂ€ter und von einigen Politikern mit der BegrĂŒndung, in Zukunft Attacken wie in Lichtenhagen verhindern zu wollen, wurde das Asylrecht so geĂ€ndert, dass es fĂŒr politische FlĂŒchtlinge quasi unmöglich ist, Asyl in Deutschland zu bekommen (Drittstaatenregelung).

Sicher ist, dass die örtlichen Behörden eine erhebliche Mitschuld an den Attacken tragen. Erst nachdem das Pogrom nationale und internationale Aufmerksamkeit erreicht hatte, forderte die Polizei ausreichende VerstĂ€rkung an und verhinderte weitere Attacken. Zu diesem Zeitpunkt hatte der auslĂ€nderfeindliche Mob sein Ziel erreicht: Die ZASt M-V in Lichtenhagen wurde geschlossen und spĂ€ter nach Boizenburg/Elbe verlegt. Dort existiert sie noch heute in einer ehemaligen Kaserne der Grenztruppen der DDR , weit außerhalb der Stadt gelegen.

Ein Jahr nach dem Pogrom mußten der Innenminister Lothar Kupfer (CDU) und der Polizeichef Siegfried Kordus ihr Amt niederlegen. Der damalige Einsatzleiter der Polizei JĂŒrgen Deckert wurde an die Fachhochschule fĂŒr öffentliche Verwaltung nach GĂŒstrow versetzt.

Reaktionen der Bevölkerung

Am 29. August 1992 fand eine Demonstration unter dem Motto "Stoppt die Pogrome" mit 15.000 Teilnehmern statt. Der Einsatz der Polizei wurde vom Landespolizeiamt statt von der lokalen Polizeidirektion geleitet.

Inzwischen gibt es ein ĂŒberparteiliches AktionsbĂŒndnis "Bunt statt Braun", das sich zum Ziel gesetzt hat, dass sich die VorfĂ€lle von 1992 nie wiederholen und dass das " Image " von Lichtenhagen, von Rostock und von Deutschland insgesamt korrigiert wird. Das Motto "Bunt statt Braun" entstand aus einer gut geplanten Aktion des Herbstes 1998 , als sich in Rostock ein parteiĂŒbergreifendes BĂŒndnis gegen eine von der NPD geplante Wahlkampfkundgebung vor dem ehemaligen Asylbewerberheim bildete. Statt der geplanten Kundgebung demonstrierten schließlich ĂŒber 20.000 Rostocker fĂŒr eine weltoffene und friedliche Gesellschaft.

Juristische Aufarbeitung

Die strafrechtliche Verfolgung erwies sich als sehr schwierig, da es nur wenig qualifizierte, d.h. beweissichernde Festnahmen gab. Die Verfolgung der StraftÀter dauerte auf Grund von UnterkapazitÀten der zustÀndigen Behörden bis zu 10 Jahre. Es wurden Strafen von bis zu zweieinhalb Jahren ausgesprochen.

Die Masse der jugendlichen und heranwachsenden TĂ€ter, derer die Justiz habhaft werden konnte, wurden 1993/1994 in Rostock nach der Beweisaufnahme wegen Landfriedensbruchs und Brandstiftung zu geringfĂŒgigen Sanktionen verurteilt. Nur wenige kamen in Haft.

Ronny S., 27, AndrĂ© B., 28, und Enrico P., 28, wurden von der Staatsanwaltschaft Schwerin - anders als die bisherigen Angeklagten, deren Verfahren von der Staatsanwaltschaft Rostock bearbeitet worden waren - nicht nur wegen versuchter Brandstiftung , sondern auch wegen versuchten Mordes angeklagt. Dies war durch ein anderes Urteil wegen eines Brandanschlags auf das Asylbewerberheim in Boizenburg/Elbe möglich geworden, in welchem der Bundesgerichtshof auf Revision der Staatsanwaltschaft Schwerin entschieden hatte, dass bei Angriffen mit Brandflaschen auf bewohnte HĂ€user eine VerfahrensfĂŒhrung und Untersuchung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt versuchten Mordes geboten ist. Durch die Anklage wegen Mordes war es Opfern der Tat auch möglich, sich als NebenklĂ€ger dem Verfahren anzuschließen, was ein damals im Haus eingeschlossener Vietnamese und dessen anwaltliche Vertretung in der Hoffnung nutzten, dadurch NachahmungstĂ€ter abzuschrecken. Die Höchststrafe in den Prozessen 10 Jahre nach den AnschlĂ€gen belief sich auf 3 Jahre.

Einfluß auf die rechte Szene

In der Nacht zum 20. Juli 2002 , nur einige Wochen bevor sich die AnschlĂ€ge zum zehnten Mal jĂ€hrten, kam es abermals zu BrandanschlĂ€gen auf das "Sonnenblumenhaus". Nachdem Anwohner die Polizei alarmierten, weil Fensterscheiben eingeworfen wurden, kam es, eine Stunde nachdem die Polizei den Tatort wieder verlassen hatte, abermals zu einem Anschlag mit BrandsĂ€tzen auf ein BĂŒro der Arbeiterwohlfahrt und auf einen Asia-Laden in der NĂ€he des Hauses. Beide BrĂ€nde konnten von der Feuerwehr sofort gelöscht werden.

Literatur

  • K. Althoetmar, M. Diezsch, M. JĂ€ger, S. JĂ€ger, H. Kellershohn, J. Pfennig, H.-P. Speer, F. Wichert, N. RĂ€thzel: Schlagzeilen. Rostock: Rassismus in den Medien, 2. Auflage, Duisburg: DISS, 1992, ISBN 3-927388-32-7
  • Jochen Schmidt: Politische Brandstiftung : warum 1992 in Rostock das AuslĂ€nderwohnheim in Flammen aufging. Berlin : Ed. Ost, 2002. ISBN 336001040X (siehe auch Rezensionen in Junge Welt und SĂŒddeutsche Zeitung vom 17. September 2002)

Filme

  • Mark Saunders - The Truth lies in Rostock - Die Wahrheit liegt (lĂŒgt) in Rostock. August 1992. (BRD, Großbritannien, 78 min.)
  • Kamil Taylan - Die Feuerfalle von Rostock – der Brandstifter, der Jubel und ein verstörtes Land. (BRD 2002, 45 min.)

Siehe auch

Weblinks

  • www.dokumentenarchiv.landtag-mv.de Parlamentarischer Untersuchungsausschuß zu den Ereignissen um die ZAST (Zentrale Aufnahmestelle fĂŒr Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern)
  • www.dradio.de/ Deutschlandfunk - Beifall fĂŒr BrandsĂ€tze (rtf)
  • www.zdf.de/ ZDF Politik und Gesellschaft - Zusammenstellung von BeitrĂ€gen zu dem Pogrom in Rostock
  • www.zeit.de/ Liane von Billerbeck: "Ich war Teil der Meute". Zehn Jahre nach dem Pogrom von Lichtenhagen: TĂ€ter, die zu MĂ€rtyrern gemacht werden, eine Mordanklage und ein ungewisses Urteil. (2002)
  • www.buntstattbraun.de AktionsbĂŒndnis "Bunt statt Braun"
  • www.nadir.org/ Wahlkampf mit Pogrom (September 1998)
  • www.umbruch-bildarchiv.de/ Umbruch Bildarchiv - Vor zehn Jahren: Pogrome in Rostock-Lichtenhagen

Wikipedia

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Pogrom von Rostock-Lichtenhagen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation . In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels Pogrom von Rostock-Lichtenhagen verfügbar.

fair-hotels. Ein Service der
VIVAI Software AG
Betenstr. 13-15
44137 Dortmund

Tel. 0231/914488-0
Fax 0231/914488-88
Mail: info@vivai.de
Url: http://www.vivai.de