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Letzte Änderung für Artikel Bad Westernkotten: 19.02.2006 17:48

Bad Westernkotten

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Inhaltsverzeichnis

Lage und Naturraum

Bad Westernkotten, ein Stadtteil von Erwitte mit 4190 Einwohnern (Stand: 1.Januar.2006), liegt am Südrand der Westfälischen Tieflandsbucht etwa 70 Kilometer östlich von Dortmund und 30 Kilometer westlich von Paderborn. Naturräumlich gehört es zum Übergangsbereich zwischen der Nordabdachung des Haarstranges und dem Ostmünsterland.


Etwa 1500 Meter südlich des heutigen Ortskerns verläuft die Bundesstraße 1, der alte Hellweg. Die Landschaft nördlich des Hellweges wird als untere Hellwegbörde, die südlich des Hellwegs als obere Hellwegbörde bezeichnet. Hier liegt in der Nähe des ehemaligen Einzelgehöftes Domhof der höchste Punkt der Gemarkung Bad Westernkotten mit fast 160 Metern über NN. Bad Westernkotten ist heute vor allem ein staatlich anerkanntes, aber immer noch ländlich geprägtes Heilbad, dessen Heilanzeigen auf den örtlichen Heilmitteln Sole und Moor basieren. Über mehr als tausend Jahre hat die Gewinnung von Salz aus Sole neben der Landwirtschaft das wirtschaftliche Leben der Menschen in diesem Raum geprägt.

Geschichte

Bad Westernkotten, früher Cothen, Cothun oder auch Westeren Kotten genannt, wird urkundlich erstmalig im Jahre 976 in den sog. Corveyer Traditionen erwähnt. Diese Traditionen (=Schenkungen) sind ein Verzeichnis der an das Kloster Corvey geschenkten Güter. Darin heißt es:“Traditit Helmeric pro se suisque debitoribus in Cotun CX iugera et V iurnales.“ Die Übersetzung lautet:“ Helmerich schenkte für sich und seine Schuldner in Cotun 110 Morgen und 5 Tagewerke.“ Der Name „Westernkotten“ ist aus der Blickrichtung von Paderborn aus entstanden. Der größte Salzsiedeberechtigte und wichtigste Grundbesitzer war über Jahrhunderte der Paderborner Bischof, und er nannte einen näher gelegenen Salzort „Salzkotten“ (ca.20 km östlich von Bad Westernkotten gelegen) . Westernkotten war aus seiner Sicht dann der „westlicher“ gelegene Salzort, woraus sich der Name „Westernkotten“ entwickelt hat. „Kotten“ wird zum einen als Begriff für ein kleines Bauernhaus oder Bauerndorf gedeutet, andere Forscher verweisen darauf, daß das Wort kote ein von einem Hof oder aus einer Flur herausgeschnittenes Landstück bezeichnet und begründen ihre Annahme damit, daß die ursprüngliche Berechtigung zum Salzgewinnen bei den Königen lag und daß der königliche Besitz aus der üblichen Flur herausgeschnitten wurde.

Aber schon weit vor der Zeit der Ersterwähnung ist der Raum besiedelt gewesen. Funde aus der Mittleren Steinzeit (8000 - 4000 v. Chr.) sowie jungsteinzeitliche Siedlungsspuren (4000 - 1700 v. Chr.) fanden sich an der südlichen Grenze der Gemarkung Bad Westernkotten in der sog. Domhofsiedlung. Hier wurden u.a. Keile und Hacken, steinerne Äxte sowie eine durchlochte Geweihsprosse gefunden, die heute im Heimatmuseum im 4 Kilometer nördlich gelegenen Lippstadt gezeigt werden.

Bereits zur Zeit Jesu war der Hellweg, im Bereich der heutigen Bundesstraße 1 gelegen, ein vielgenutzter Heeres- und Handelsweg und verband den Niederrhein mit der Weser. Zahlreiche Autoren vermuten, daß bereits im Jahre 11 v. Chr. römische Legionäre unter der Leitung des Drusus, eines Stiefsohns des Kaisers Augustus, den Hellweg als Heerweg nutzten. Römerlager bzw. römische Befestigungen sind in der Nähe Bad Westernkottens in Benninghausen, Herzfeld sowie in Kneblinghausen bei Rüthen nachzuweisen. Bei der Anlage eines Salzbrunnens in Westernkotten im 19. Jahrhundert wurde ein Münzschatzfund zutage gefördert, der aus 22 römischen Münzen aus dem 1. bis 3. nachchristlichen Jahrhundert bestand.


Für die Ansiedlung der ersten germanischen Stämme, der Sugambrer und Brukterer, im Raum Westernkotten war neben der Nähe zum Hellweg und zu Quellen und Flüssen (Osterbach, Gieseler) auch das Vorhandensein von Salzquellen von großer Bedeutung. Salzquellen galten den Germanen als heilige Stätten. Die Technik der Salzgewinnung aus Sole - nach Aussagen des römischen Schriftstellers Tacitus „durch Begießen eines brennenden Holzstoßes aus zwei streitenden Elementen, aus Feuer und Wasser“ - war ihnen bekannt.

Seit 696 ist der Raum Westernkotten nach kurzem fränkischen Einfluß unter die Herrschaft sächsischer Stämme gelangt. Zwischen 772 und 804 gelang es den Franken unter Karl dem Großen (Kaiserkrönung im Jahre 800) erst nach vielen Rückschlägen und der Zerschlagung eines erbitterten Widerstandes, die Sachsen zu christianisieren und dem Fränkischen Reich einzuverleiben. Durch die Kriege mit den Sachsen gewann der Hellweg und somit auch Westernkotten zunehmend an Bedeutung, stellte der Hellweg doch die Verbindung zum wichtigsten fränkischen Stützpunkt in Sachsen, Paderborn, her. Der Hellweg wurde in diesem Zusammenhang ausgebaut; Königsgüter im Abstand von 5 bis 10 Kilometern sollten Sicherheit und Unterbringung gewährleisten. Zu den Königsgütern zählen im Raum Westernkotten die Königshöfe Erwitte und Geseke. Zum Erwitter Königshof gehörten auch Besitzungen in Westernkotten. Im Jahre 1027 erhielt der Paderborner Bischof Meinwerk diese Güter einschließlich der Solebrunnen von Kaiser Konrad II. geschenkt. Der Paderborner Bischof war seither größter Grundeigentümer im Ort. Das führte über Jahrhunderte zu Konflikten mit den Landesherren des Herzogtums Westfalen, den Kölner Fürstbischöfen.

Bis ins 15. Jahrhundert waren die Einwohner des Raumes Westernkotten auf zahlreiche kleine Bauernschaften verteilt. Die wichtigsten hießen Aspen, Hockelheim und Ussen. Im Rahmen der Soester Fehde (1444-49) wurden diese Orte zerstört, die Überlebenden siedelten sich an den Salzbrunnen an. Etwa 60 Jahre später legten die Bewohner eine Landwehr zum Schutz der Salzhütten und des Dorfes an.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort schwer heimgesucht, zu Kontributionen verpflichtet und geplündert. Besonders die Truppen des Herzogs Christian von Braunschweig, seit 1619 auf holländisch-pfälzischer Seite im Kriegseinsatz, trieben hier ihr Unwesen. Im Gefolge des Krieges dezimierte besonders im Jahre 1635 die Pest, der „Schwarze Tod“, die Bevölkerung. Im Jahr 1673 wurde der Ort ebenfalls fast komplett zerstört: Im Rahmen der Auseinandersetzung um die Einverleibung Hollands durch Frankreich unter Ludwig XIV. , mit dem sich unter anderem der Erzbischof von Köln verbündete, steckten Brandenburgische Truppen den Ort an vier Stellen in Brand, verboten das Löschen und legten so mehr als 90 Häuser und die Salzhütten in Schutt und Asche. Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) nahm der Ort einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung, der vor allem mit der Erneuerung des Salinenbetriebes nach Vorschlägen des Salzkottener Pfarrers Korte einherging.

1802 endete die Herrschaft der Kölner Fürstbischöfe, und nach kurzer Landeshoheit des Landgrafen von Hessen-Darmstadt wurde das Herzogtum Westfalen 1816 preußische Provinz. 1818 hatte Westernkotten 1118 Einwohner, 1852 war ein Höchststand mit 1380 Einwohnern erreicht; allerdings verringerte sich die Zahl bis zum Jahre 1900 wieder auf 1097. Im Jahre 1829 gelang der weithin katholischen Bevölkerung ein erster wichtiger Schritt zur Loslösung von der Mutterpfarrei Erwitte: Westernkotten wurde Vikarie. Die volle kirchengemeindliche Selbstständigkeit als Pfarrei war erst 1902 erreicht. Wirtschaftlich spielte im 19. Jahrhundert die Salzindustrie weiterhin die wichtigste Rolle und erreichte mit einer jährlichen Produktion von etwa 35 000 Zentner um 1850 ihren Höhepunkt. 1842 setzte Rentmeister Erdmann, ein Verwalter der in Westernkotten begüterten Familie von Papen, zum ersten Mal Sole zu Heilzwecken ein und legte damit den Grundstein für den heutigen Kurort. Nach dem 2. Weltkrieg Am 4. April 1945 nahmen amerikanische Truppen Westernkotten kampflos ein; materielle Kriegsschäden waren verglichen mit den Zerstörungen in vielen deutschen Städten verhältnismäßig gering. Allerdings lagen zwei wichtige Wirtschaftszweige zunächst völlig am Boden: Die Salzindustrie kam 1949 endgültig an ihr Ende, und das Kurwesen konnte erst 1950 durch die Gründung der Solbad GmbH, die bis heute wichtigster Träger des Heilbades ist, reaktiviert werden. In den Folgejahren setzte ein stetes Wachstum ein. 1958 erhielt der Ort den Titel Bad“ verliehen. 1975 erfolgte die Ausweisung als „Staatlich anerkanntes Heilbad“ sowie die kommunale Neuordnung mit der Einbindung in die Stadt Erwitte. Heute ist der Kurbereich mit Abstand der größte Arbeitgeber im Ort. Mehr als 1300 Gästebetten stehen zur Verfügung.

Wappen

Bis 1975 war die Gemeinde Bad Westernkotten selbständig und führte ein eigenes Wappen, den sog. Pfannenhaken der Sälzer. Dieses Wappen war ihr 1936 verliehen worden und ist seit der kommunalen Neuordnung Teil des Wappens der Stadt Erwitte. In der Genehmigungsurkunde ist das Wappen wie folgt beschrieben:“Das Wappen zeigt in Rot ein goldenes, hausmarkenähnliches Zeichen in der Form eines schwebenden Schräglinksbalkens, der in der Mitte mit einem kurzen Querbalken belegt ist und dessen Enden (oben nach links, unten nach rechts) im spitzen Winkel umgebogen sind.“ Man nennt diese Zeichen auch "Wolfsangel". Wolfsangel

Sehenswürdigkeiten auf einem historischen Rundgang

1. Königssood Der Name „Königssood“ erinnert daran, daß der Platz ursprünglich königlicher Salzesiedeplatz war. Bis zum Jahre 1845 bildete der Königssood das wirtschaftliche Zentrum des Ortes: aus drei Brunnen wurde Rohsole mit einem Salzgehalt von etwa 8 Prozent gefördert. Dieses Salzwasser stammt aus unter Nordwestdeutschland lagernden Schichten des Erdaltertums (Zechstein). An der Nordgrenze des Haarstranges gelangt es durch hydrostatischen Druck nahe an die Erdoberfläche. Im einzigen noch vorhandenen Solebrunnen ist das Salzwasser etwa 2 Meter unterhalb der Erdoberfläche zu sehen. Über Jahrhunderte konnte mit einfachen Fördereinrichtungen die Sole nach oben gefördert werden. Häufig eingesetzt wurden Pferdegöpel, aber auch ein Tretrad mit etwa 2,5 Meter Durchmesser, in dem zwei Frauen im Wechsel vorwärts gehen mußten.“Durch eine angebrachte Vorrichtung entleerten sich die angeschlossenen Kübel selbständig in ein Bassin. Bei dieser eintönigen Arbeit hatten die Frauen ihren Strickstrumpf zur Hand und sangen ihre alten Lieder“, heißt es in einer Aufzeichnung aus dem 19. Jahrhundert. Im Jahre 1312 gab es in Westernkotten 92 Salzhäuser, und die Zahl der Schöpfberechtigten steigerte sich in den Folgejahrzehnten noch weiter, so daß einigen nur ein jährliches Schöpfrecht von 1 bis 2 Stunden zustand. Erst in späteren Jahrhunderten fand ein Konzentrationsprozeß statt, so daß es 1845 insgesamt nur noch 15 Anteile gab. Diese sog. Erbsälzer waren weithin Adelsfamilien sowie Klöster der näheren Umgebung. Wenn die Sole nach oben gefördert war, mußte zunächst einmal der Salzgehalt erhöht werden. Dafür leitete man die Sole durch ausgehöhlte und ineinandergesetzte Baumstämme - Teilstücke sind an der Brunnenanlage bzw. im Kurpark zu sehen - zu den Gradierwerken, wo Wind und Sonne den Wasseranteil verdunsten und so den relativen Salzgehalt erhöhen [siehe unter 4.]. Die Sälzer nannten diese Leitungen die „Röhrenfahrt“, die in der Ortsmitte eine Länge von etwa drei Kilometern besaß. Wenn die Sole einen Salzgehalt von etwa 20 Prozent hatte, sprachen die Sälzer von gesättigter Sole. Sie wurde dann zu den Salzhütten/Salzhäusern geleitet, wo sie in großen Pfannen gesiedet wurde. Im Nahbereich des Königssoods standen im 19. Jahrhundert 8 Siedehäuser. Das Gebäude der jüngsten Salzhütte an der B 55 ist noch erhalten [siehe bei Exkursionen unter 4.]. 1845 förderten die Sälzer im Bereich des heutigen Kurparkes Sole zutage, die unter so hohem Druck stand, daß sie aus eigener Kraft durch das Bohrloch austrat und bis heute in ihrer Schüttung nicht nachgelassen hat.[siehe 4.] Damit verlagerte sich das wirtschaftliche Geschehen dorthin, der Königssood verlor an Bedeutung, zwei Brunnen wurden nach 1900 zugeschüttet. An die einstige Bedeutung erinnern neben dem vorhandenen Brunnen noch die neugestaltete Brunnenanlage mit der Bronzeplastik sowie der Name des Platzes. Die Figur, gefertigt von dem Aachener Künstler Löneke und am 9.7.1994 eingeweiht, zeigt einen Sälzer in historischer Tracht, der mit einer Krücke, einer langen Stange, an der unten ein kleines Brett schräg befestigt ist, ausgestattet ist. Das Wasserbecken ist mit seinen Ausmaßen von 4,5 mal 2,5 Metern den alten Salzpfannen nachempfunden. Mit der Krücke mußten die Salzknechte die Pfannen „auskrücken“ und reinigen. Durch die Gestaltung mit Pflasterklinkern, Porphyrbändern, Grünbeeten und Magnolienbäumen ist der Platz 1994 zu einer grünen Oase in der Ortsmitte geworden.

2. Nordwall Über den Fußweg rechts des Hauses Königssood 1 gelangt man zur Salzstraße. Hier konzentrierten sich einst Gradierwerke, Salzhütten, Holz- und Kohlelagerplätze u.v.m. Wir überqueren die Salzstraße und gehen durch die Stadtgasse nach Norden. Die „Stadt“ war für die Westernkötter seit eh und je Lippstadt, und über diesen Weg, der einst eher noch einer Gasse glich, fuhr man „nach de Stadt“. In Höhe einer platzartigen Erweiterung halten wir uns links und gelangen auf den Nordwall bzw. die nördliche Landwehr, einen Teil der ehemaligen Befestigungsanlagen des Dorfes. Aus der abgebildeten Karte aus dem 16. Jahrhundert geht hervor,daß im Raum Westernkotten ursprünglich zahlreiche kleinere Ortschaften lagen, die hier als „Wüstung“, d.h. aufgegebener Ort, eingezeichnet sind. In der Soester Fehde (1444-49), in deren Verlauf die zunehmend selbstbewußter werdenden Städte Soest und Lippstadt sich vom Herzogtum Westfalen und der Landeshoheit des Kölner Erzbischofs lossagten, geriet der hiesige Raum nachhaltig in die kriegerischen Auseinandersetzungen. Am Weihnachtsfest 1444 zerstörten die Lippstädter Truppen alle Ortschaften, raubten, töteten und steckten die Häuser an. Ein Zeugnis dieser schrecklichen Ereignisse gibt heute noch eine im Jahre 1630 gefertigte Steintafel, die in der kath. Pfarrkirche aufbewahrt wird [siehe bei 16.]. Die Überlebenden bauten ihre Dörfer nicht wieder auf, sondern siedelten sich danach im Nahbereich der Salzquellen an. 1506 ordnete der Paderborner Landdrost an, „die Freiheit mit Schlengen, Greven und andres zu befestigen.“ Die vor uns liegende Landwehr ist dann umgehend errichtet worden; auf der o.g. Karten , die kurz nach 1575 gefertigt wurde, ist sie als „Die Landwehr umb das dorff“ eingezeichnet. Die Karte macht auch deutlich, daß die Landwehr nur im Norden, Westen und Südwesten bestand, nach Osten ergab sich mit dem Westernkötter Bruch, einem Sumpfgebiet mit dem Muckenbruch als tiefster Stelle, ein natürlicher Schutz. Die Landwehr bildete bis nach dem zweiten Weltkrieg die Siedlungsgrenze, erst nach 1950 dehnte sich der Ort aufgrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums darüber hinaus aus.

3. Kurhaus, Kurhausgarten, Fachwerkspeicher des Weringhofes Am Ende des Nordwalls führt der Weg nach links auf das Kurhaus zu. Die heutige Kurpromenade mit ihren Segmentbogenpflastern, Kugelakazien und Kugelbrunnen entstand 1981-83, vorher war die Weringhauser Straße als Landstraße die Hauptverbindung zur B 55 und zum Westernkötter Bahnhof. Das Kurhaus, 1977 einschließlich aller Nebengebäude umgebaut und neu gestaltet, ist die Wiege des Heilbades. Im Kurhausgarten an der Westseite ließ Rentmeister Franz Erdmann, ein Verwalter der in Westernkotten begüterten Großgrundbesitzer von Papen, 1842 nach Sole bohren. Er hatte durch Reisen und Lektüre von den guten Erfahrungen mit der Verwendung von Sole zu Heilzwecken gehört. Die erbohrte Sole erhitzte er in einer großen Eisenpfanne, um die warme Sole anschließend in drei hölzernen Badewannen zu leiten, die etwa dort standen, wo sich heute die Tanzfläche des Kurhauses befindet. Nach anfänglichen Schwierigkeitenkonnte sich das Bad zunehmend etablieren, die Gäste kamen mit der eigenen Kutsche aus den umliegenden Ortschaften oder ließen sich etwa von Lippstadt mit der Kurkutsche holen. Das Bad blieb aber auch unter den späteren Eigentümern, der Familie Wiese, bis zum zweiten Weltkrieg weithin ein Familienbetrieb mit vorwiegend ambulanten Gästen. Der Fachwerkspeicher im Kurhausgarten stammt vom Weringhof [siehe Exkursion 4]. 1961 erwarb ihn das Westfälische Freilichtmuseum in Detmold und translozierte ihn in den durchnummerierten und verzeichneten Einzelteilen nach dort. 1992 konnte er von der Solbad GmbH erworben werden, 1995/96 wurde er im Kurhausgarten errichtet. Der zweistöckige Bau mit einer Grundfläche von acht mal zehn Metern gehört aufgrund seiner Stichbalkenvorkragungen an der Giebelseite und seiner reich ausgezierten Füllhölzer in das Ende des 17. Jahrhunderts. Eine teilweise verwitterte Inschrift auf der Setzschwelle des Obergeschosses enthält keine Jahreszahl. Die Inschrift lautet:“Dieses Spiker behuete Gott vor Fauer unt Brant unt Segens mit seiner heiligen Hant“. Auf den Füllhölzern sind in Flachschnitzerei stilisierte Ranken und drachenähnliche Gebilde dargestellt. Die schweren Unterzüge im Innern werden durch Kopfbänder in Konsolenform entlastet. Die mehrfach vorkragenden Giebeldreiecke haben im First eine reichgeschnitzte Eichenplatte.

4. Kurpark: Gradierwerke, Korte-Denkmal, Gradierwerke, Denkmal des ersten westfälischen Imkervereins Wieder auf der Kurpromenade führt der Weg links nach ca. 200 Metern zum Eingang des Kurparkes. Dieses etwa 30 Morgen große Areal, von der Gieseler im Norden und dem Mühlenbach im Westen begrenzt, kaufte die Solbad Westernkotten GmbH im Jahre 1949 einschließlich der Gradierwerke, der Solequelle und der Solerechte vom Markgrafen von Meißen für 150000 DM. Die Gestaltung als Kurpark mit Promenadenwegen, Anpflanzungen und Blumenbeeten begann in den 50er Jahren, die ersten Bäume pflanzten Schulkinder mit ihren Lehrern. Zahlreiche Umgestaltungen und Anreicherungen in den folgenden Jahren haben den Kurpark zu einer bevorzugten Ruhe- und Erholungszone des Heilbades verändert. An der 1958 errichteten Kurhalle und am ebenfalls 1958 aufgestellten Korte-Denkmal vorbei führt der Weg auf das erste Gradierwerk zu. Pfarrer Philipp Korte aus Salzkotten gilt als der große Erneuerer der Saline Westernkotten. Gleich nach dem Siebenjährigen Krieg reiste er in Absprache mit dem Paderborner Fürstbischof Wilhelm Anton ins Salzkammergut zur Besichtigung der dortigen Salinen. 1765 begannen die Reformen, in deren Verlauf v.a. die bisher angewandte Schrägflächengradierung durch die Wandgradierung mit Stroh- und dann mit Schwarzdornwänden ersetzt wurde. Das Gradierwerk I ist 120 Meter lang und 12,25 Meter hoch. Die Gradierfläche beträgt 2 x 120m x 10m = 2400m². Sie verläuft exakt von Nord nach Süd. Auf der Südseite befindet sich vor Kopf der Aufgang über Bohlentreppen. Seit seiner Fertigstellung im Jahre 1845 hat es bis 1949 der Salzproduktion gedient. Es ist mit Wirkung vom 18.12.1984 - ebenso wie das Gradierwerk II - in die Denkmalliste der Stadt Erwitte aufgenommen worden. Der statische Aufbau besteht aus einem Haupttraggerippe, das zur Windaussteifung und Lastabtragung dient. In der Gradierwand stehen außerdem Ausfachungsständer, die die Dornen tragen. Die Traggerüste sind aus Eiche gefertigt, und das Gradiermaterial ist Schwarzdorn (Schlehe). Im nördlichen Drittel des Gradierwerkes befindet sich unterhalb der Dornenwand eine Auffangwanne für die Sole. Die Funktion der Gradierwerke läßt sich wie folgt beschreiben: Bei der sog. Dorngradierung läuft die ursprünglich durch Göpel auf das Gradierwerk beförderte Sole durch eine Ring-leitung über die Schwarzdorn-Reiserwände. Bei diesem Vorgang verdunstet ein Teil des Wassers, und die Sole gradiert, das heißt, sie wird auf einen höheren Grad gebracht bzw. konzentriert. Gleichzeitig wird die Luft durch Zerstäubung der Sole mit Salz (ca. 20 %) angereichert, es entstehen Aerosole, die heute der Freiluftinhalation dienlich sind. Als aus der Sole noch Salz gewonnen wurde, hat man Sole durch zwei- bis dreimaliges Durchlaufen auf etwa 20 % Salzgehalt heraufgradiert. Danach war die Sole „gesättigt“, und das Salz mußte durch Verdampfen des Restwassers in den Salinen oder Salzhütten gewonnen werden. Vorbei am Gradierwerk führt der Weg in gerader Verlängerung zum Bohrturm an der Gieseler. Am 1. August 1845 erbohrte an dieser Stelle die Pfännerschaft eine Solequelle. Als die Tiefe von 78 Metern erreicht war, fiel plötzlich das Bohrgestänge um 42 cm hinab „und im gleichen Moment schoß schäumend und mit großem Getöse ein hochaufschießender Strahl Sole empor und überschüttete die verdutzten Arbeiter wie ein Strom.“ Die täglich nach oben schießende Menge betrug mehr als 2000 Kubikmeter, der Salzgehalt lag bei mehr als 8 Prozent. Im Jahre 1852 schraubte man ein mit einem Absperrhahn versehenes Rohr auf den Bohrtaucher, so daß der Soleaustritt nach Bedarf reguliert werden konnte. Eine 630 Meter lange Röhrenfahrt leitete die Sole zum Verteilungskasten unter dem Königssood und von dort weiter in die Leckhäuser (Gradierwerke) und Salzhütten. Auch die Kureinrichtungen erhalten seit 1920 von hier ihre Sole. Die Sole hat eine Temperatur von 20,2 Grad Celsius und eine ph-Wert von 5,3. In der Analyse des Laboratoriums für Wasseruntesuchungen Hannover heißt es:“Es handelt sich um eine sehr wertvolle Sole. Die Stärke von 8,1% ist ideal. Eine Reihe von Inhaltsstoffen, wie der hohe Sulfat- und der sehr hohe Hydrogencarbonat-Gehalt in Verbindung mit einem hohen Kohlensäuregehalt, versprechen eine gute Heilwirkung, z.B. als spezifisches Rheuma-Heilwasser. Dazu tragen ferner die erhöhte Wassertemperatur und der Jodgehalt bei.“ Über dem Bohrloch steht ein hölzernes, turmartiges Brunnenhaus, das 1971 einen baufälligen Vorgängerbau ablöste. Gegenüber dieser Thermalsolequelle I, „Westernkottener Warte“ genannt, liegt auf der anderen Seite des Bachlaufes der Gieseler ein Bauernhof, die frühere Westernkötter Warte. Das Wort stammt vom althochdeutschen warta, was soviel wie „ausschauen, lauern“ bedeutet. Die Westernkötter Warte war zusammen mit der Stirper, Erwitter und Bökenförder Warte Teil der Lippstädter Stadtbefestigung: Vor der Stadtmauer lag die weithin baum- und strauchlose Feldflur, an deren Rand diese befestigten und mit einem Ausguck versehenen Höfe als Vorposten dienten. Vom Bohrturm ist das Gradierwerk II bereits zu sehen. Es verläuft von Nordwest nach Südost und ist 58 Meter lang und 13 Meter hoch, die Fertigstellung erfolgte 1932. Eine Gesamt-restaurierung fand in den Jahren 1995/96 für 1,35 Mio. DM statt. Die Dornenwand besteht aus 24 Feldern mit einer Breite von je 2,15 Meter, daneben ein Treppenturm mit einer Breite von 2 Metern. Die Skizze zeigt die Stirnseite des Gradierwerkes mit Treppenturm im Aufmaß. [Skizze] An der südöstlichen Spitze des Gradierwerkes erhebt sich das aus Findlingen errichtete Imkerdenkmal. Am 5. Juli 1849 traten in Westernkotten auf Veranlassung des von Papen’schen Rentmeisters Franz Erdmann sieben „Volksfreunde“ zusammen und gründeten den ersten Bienenzuchtverein in Westfalen und Rheinland. Somit gilt Bad Westernkotten als die „Wiege“ des Westfälischen und Rheinischen Bienenzuchtvereins. Am 1.5.1927 wurde das Denkmal vor dem heutigen Kurhaus, der Gründungsstätte des Vereins, enthüllt. Um- und Neubauten am Kurhaus führten dazu, daß es 1962 seinen jetzigen Platz im Kurpark fand. Das Denkmal trägt eine Bronzeplakette mit den Portäts der Gründer und die Inschrift:“Rentmeister Erdmann gründete hier 1849 den ersten westf. Bienenzuchtverein. Lehrer Feldhege, erster Präsident des ersten westfälischen Bienenzuchtvereins.“

5. Hellweg-Sole-Thermen Zurück am Kurparkeingang findet sich eine auffallende Brunnenanlage in der Kurpromenade, von der Aachener Künstlerin Krista Löneke-Kemmling entworfen und 1994/95 errichtet. Sieben Granitscheiben mit je einer Gesamtlänge von 2,75 Metern, sind zu einer Stele aufgerichtet; weitere Steinscheiben scheinen in einem Bogen, im Dominoeffekt, umgekippt zu sein und weisen pfeilartig in Richtung „Hellweg-Sole-Thermen“ und Kurmittelzentren. Symbolisch stellt der Brunnen das Austreten der Sole aus den zerklüfteten Tiefen des Turon-Kalksteins an die Oberfläche dar. Mit seinen Baustoffen Granit und Edelstahl soll er, zwischen Kurmittelzentrum und Gradierwerken gelegen, eine Verbindung von Tradition und moderner Technik im Dienste der Gesundheit herstellen. Ein weiterer Brunnen befindet sich vor den Hellweg-Sole-Thermen, ebenfalls 1995 errichtet. Verkrusteter, etwa 60 Jahre alter Schwarzdorn - bei Restaurierungsarbeiten am 2. Gradierwerk entfernt - harmoniert mit einem alten hölzernen Soleförderrohr und einem Wasserspiel. Die Hellweg-Sole-Thermen bilden mit dem Kurmittelhaus (1973 errichtet und mehrmals erweitert) und dem integrierten Orthopädischen Zentrum (Einweihung: 24.5.1994) eine Einheit. Die Kurgäste können so alle Anwendungen unter einem Dach erhalten. Hellweg-Sole-Thermen und Kurmittelzentrum sind durch überdachte, witterungsunabhängige Kurarkaden mit den drei Kurkliniken Mühlenweg, Solequelle und Wiesengrund verbunden. Die Hellweg-Sole-Thermen mit heute über 700 Quadratmeter Wasserfläche in verschiedenen Innen- und Außenbecken konnten am 30. Oktober 1981 nach zweijähriger Bauzeit durch den damaligen Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Professor Friedhelm Farthmann, eröffnet werden. 1984 erfolgte die erste Erweiterung, ab 1986 kam ein mehrmals ergänzter Saunatrakt hinzu. Im Frühjahr 1996 begann eine erneute Erweiterung und Attraktivierung der Thermen, die ihr 32 bis 34 Grad warmes Solewasser mit 3 Prozent Salzgehalt aus der Solequelle „Westernkottener Warte“ im Kurpark bezieht. Die polygonale Form des Gebäudes dominiert in allen Details innen und außen. Die Boden- und Beckenumgänge bestehen aus erdfarbigem Klinkermosaik. Sämtliche Materialien wurden in nichtrostendem Edelstahl ausgeführt, Fenster und Türen aus dunkel eloxiertem Aluminium. Besonders bei der Gestaltung der Außenbecken ist darauf geachtet worden, die Anlage in das Landschaftsbild des Kurparkes zu integrieren.

6. Friedensglobus, Westerfelder Quelle Auf der Kurpromenade nach etwa 100 Metern ortseinwärts zweigt kurz vor der Griesestraße rechts ein Fußweg ab, an dem nach wenigen Metern links ein Friedensglobus zu sehen ist. Das Werk stammt von dem Duderstädter Künstler Friedrich Reimann und zeigt eine auf einem Sockel ruhende und durch sechs Meridiane symbolisierte Erdkugel. Der Friedensglobus mit der romanischen Christusfigur im Mittelpunkt und Kindern, die sich auf dem Äquator die Hände reichen, gilt als das Hauptwerk des Künstlers und wurde im Mai 1995, 50 Jahre nach Kriegsende, eingeweiht. Vorbei an einem überdachten Tretbecken gelangt man zum gläsernen, 1968 errichteten Brunnenhaus der „Westerfelder Quelle“. Hier, südöstlich des Kurmittelzentrums, erbohrte die Solbad GmbH 1965 eine zweite Solequelle, um nicht völlig von der Solequelle „Westernkottener Warte“ abhängig zu sein. Die Quelle hat eine Bohrtiefe von 78,5 Meter. Die Schüttung (gepumpt) beträgt bis zu 14000 Liter/Stunde. Die Bergwerkssymbole Schlegel und Hammer über der Wetterfahne beziehen sich darauf, daß die Quelle und Quellschächte bergamtlicher Aufsicht unterstehen.

7. Westwall, Ronnedoil Weiter auf dem Fußweg bis zur Griesestraße. Der Name soll von grieselike (=unheimliche) Straße kommen; früher dort vorhandene Wallhecken werden zu diesem Namen geführt haben. Nach Überquerung der Griesestraße findet sich rechts die sog. Mütterwiese, die ihren Namen bekommen hat, weil hier in den 50er und 60er Jahren die Gäste aus dem Mütterheim (rechts neben dem Kurhaus) ihre Ruhe- und Erholungszone hatten. Nach wenigen Schritten erreichen wir den kurz nach 1506 errichteten Westwall, schon aus einiger Entfernung an der mächtigen Kastanie zu erkennen. Diese mehrhundertjährige Kastanie hat dazu beigetragen, daß an dieser Stelle die Landwehr nicht wie auf fast der gesamten Strecke abgetragen wurde, sondern ihre ursprüngliche Höhe noch erahnt werden kann. Die Landwehr bestand aus aufgeschütteten Steinen und Erdreich und hatte eine Höhe bis zu 4 Metern. Darauf pflanzten die Bewohner des Dorfes dornentragende Sträucher. Da die jungen Triebe dieser Pflanzen immer wieder abgeknickt wurden, entstand mit der Zeit ein dichtes Gestrüpp. Vor der Aufschüttung befand sich ein Graben, der im Gelände noch in Ansätzen zu erkennen ist. Die ganze Anhöhe unter der Kastanie heißt im Volksmund „Ronnedoil“, was wohl mit „rundes Teil“ übersetzt werden muß. Im übrigen war diese Anhöhe jahrhundertelang einer der höchsten „Berge“ im Ort und somit ein beliebter „Abfahrtshang“ der Dorfjugend. Dem Westwall nach rechts folgend gelangen wir nach einigen hundert Metern an die Straße „Westerntor“. Der Straßenname verweist darauf, daß sich hier ein Durchlaß durch die alte Landwehr befand.

8. Schrops Kreuz und Linde Wir folgen dem Westwall, der hier bis nach 1960 die Siedlungsgrenze bildete, weiter nach Süden. An zwei Stellen des Walls sind noch Ausbuchtungen zu erkennen, die wie Sporne in die vorliegende Feldmark ragten. Der Westwall endet an der Aspenstraße, die parallel zum hier bereits in ein Kanalbett gezwängten Osterbach verläuft. Hier, gleich rechts, ist die zweite Stelle, an der der Wall noch - abzüglich einer natürlichen Erosion - seine ursprüngliche Höhe hat. Zu Verdanken ist dieser Umstand der einer mächtigen Linde, „Schrops Linde“ genannt, benannt nach dem angrenzenden Hof Schrop. Sie stand hier auf dem Wall bis 2005, wurde dann vom Sturm zerstört und durch einen Neuanpflanzung ersetzt. Unter der Linde das älteste Holzkreuz des Dorfes aus dem Jahre 1866. Die naturalistische Darstellung mit dem schmerzverzehrten Gesicht und den deutlich hervortretenden Wundmalen entspricht dem Pietismus. DerKreuzbalken ist Anfang der 1990er Jahre erneuert worden, das Kupferdach als Regenschutz ergänzt worden. 1881 ereignete sich an diesem Kreuz ein schrecklicher Zwischenfall, der ein bezeichnendes Licht auf die sozialen Spannungen innerhalb des Dorfes im 19. Jahrhundert wirft, Spannungen vor allem zwischen den etablierten Bauern und der zunehmend bedeutsamer werdenden Gruppe der Handwerker und Arbeiter. Handgreiflichkeiten und verbale Auseinandersetzungen, die vor der 1858 erfolgten Zwangszusammenlegung von ursprünglich drei Schützenvereinen vorwiegend an den Schützenfesttagen zum Ausbruch kamen, spielten sich in den Folgejahren zunehmend während der Karnevalstage ab. Dann ritten die Jungbauern hoch zu Roß durch den Osterbach, übten den alten Brauch des Kränzchenreitens aus und grölten und feierten. In der Nähe von Schrops Linde war es Karneval 1881 zu Rempeleien gekommen. Ein Bauernsohn versuchte zu flüchten und lief die Anhöhe unter der Linde hinauf. Ein Verfolger holte ihn jedoch ein und schlug ihn mit einer Wurfschaufel. Unter diesen Mißhandlungen brach er halbtot unter dem Kreuz zusammen, welches er noch in seiner Not umschlang. Wenige Tage später verstarb er. Dies veranlaßte den damaligen Erwitter Pfarrer Franz Xaver Schulte, für 1882 eine heilige Mission im Dorf abhalten zu lassen. Zum ersten Mal gingen die Fastnachtstage ruhig vorüber. Für die Jahre danach verfügte der zuständige Paderborner Bischof ein 40stündiges Gebet über die Karnevalstage, so daß auch die Folgejahre ohne Karnevalskonflikte verliefen, allerdings auch ohne Karneval. Erst nach dem 2. Weltkrieg begannen zunächst einzelne Vereine, wieder Karnevalsfeiern zu veranstalten. Dem ursprünglich 40stündigen Gebet wird heute in der kath. Kirchengemeinde mit noch einer Gebetstunde Rechnung getragen.

9. Elisabeth-Heim; Ehemaliger Burgsitz Gleich links ein ehemaliger Bauernhof, dessen Scheunen und Stallungsteil unter weitgehender Beibehaltung der Gebäudestruktur 1994/95 zu Wohnzwecken umgebaut wurden. Rechtwinklig dazu das aus roten Backsteinen 1904 errichtete Wohnhaus. Im Mittelrisalit der Eingangsbereich, über dem Rundbogen der in das Mauerwerk eingelassene Grundstein mit Gründungsdatum und den Namen des Bauherren und seiner Ehefrau. Etwa 100m weiter ortseinwärts an der Aspenstraße/Ecke Schützenstraße ist das ehemalige Elisabeth-Heim zu sehen, in dem von 1921 bis 1962 Dernbacher Ordensschwestern eine Krankenstation und eine Nähschule sowie einen Kindergarten unterhielten. Das massive, fast quadratische Haus war bereits 1914 im Rohbau fertiggestellt. Über dem als Erker gestalteten Eingang findet sich eine Nische, in der einst eine Skulptur der hl. Elisabeth stand. Auf dem Dach ein Glockentürmchen. Wir überqueren die Aspenstraße, die ihren Namen der 1444 untergegangenen Siedlung Aspen verdankt, in Höhe der Fußgängerampel, und überschreiten den Osterbach (=Ostbach). Der Osterbach entspringt etwa 1,5 Kilometer südlich von hier am Fuße des Haarstranges und durchfließt den ganzen Ort, in Teilbereichen allerdings verrohrt. Der Osterbach diente über Jahrhunderte unter anderem als Trink-, Wasch- und Löschwasser. Am anderen Ufer befinden wir uns auf dem sog. Bomhof, einer Fläche, die jahrhundertelang den Westernkötter Burgsitz, einen Erzstiftshof mit Gräften, beherbergte. Bis 1544 war diese Anlage im Besitz der Familie von Bredenol, dann gehörte sie den Familien von Ense, von Schade und von Papen. Ende der 60er Jahre standen nur noch eine Zehntscheune und das Zehnthaus, welches 1975 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden mußte. Bauzeugen im Untergrund sind bisher noch nicht gezielt ergraben worden. Für die bis 1975 selbständige Gemeinde Westernkotten erfüllte sich im Sommer 1965 ein langgehegter Traum, konnte doch damals das ganze ehemalige Burggelände mit einer Fläche von 2,3 ha für 400 000 DM erworben werden. Dies ermöglichte die Errichtung wichtiger öffentlicher Gebäude auf diesem Schlüsselgrundstück zwischen dem vorgelagerten Ortsteil Schäferkamp und der bebauten Ortslage: Grundschule (1968 als Hauptschule eröffnet), Sonderschule für Sprachbehinderte des Kreises Soest (1986 eingezogen), Spielplatz, Sportanlage „Am Zehnthof“ (1970), Lehrschwimmbecken und Turnhalle (1975), Feuerwehrgerätehaus (1979) und Evangelische Tagesstätte für Kinder „Regenbogen“ (1992).

10.Fachwerk und Jugendstil auf dem Schäferkamp Wir gehen an der Fensterfront des Lehrschwimmbeckens um das Gebäude herum, am „Regenbogen“ vorbei und gelangen in Höhe des Feuerwehrgerätehauses auf den Hockelheimer Weg/Ecke Am Zehnthof. Hier beginnt der „Ortsteil“ Schäferkamp. Gleich gegenüber steht ein sehenswertes Fachwerkhaus Am Zehnthof 4. Über dem Deelentor befindet sich im Deelenbalken die Inschrift:“Gottes Segen Friede, Freude, kehre ein in dies Gebäude. Errichtet von den Eheleuten Peter Deimel und Maria Jungemann am 17. Mai 1879.“ Es handelt sich bei diesem Haus um ein sog. Querdeelenhaus, d.h. die Deele war an der Längsseite des Hauses angebracht. Die Gefache sind bei diesem Hof nicht mit Weidenruten und Lehm gefüllt, sondern schon mit Ziegeln ausgemauert. Ein ähnliches Fachwerkhaus aus dem Jahre 1889, das nicht bei diesem Rundgang berührt wird, findet sich noch in der Aspenstraße 48. Dort sind die Gefache allerdings verputzt. Wir folgen dem Hockelheimer Weg (benannt nach der 1444 wüst gefallenen Siedlung Hockelheim) mit seinen wuchtigen Scheunen und Stallgebäuden bis zur Kreuzung mit dem Holzweg. Hier (Hockelheimer Weg 5) liegt links ein sehr schönes Jugendstilhaus, welches - wie der eingemauerte Grundstein verrät - 1903 von den Eheleuten Joseph Göbel und Sofia Göbel geb. Unverfert errichtet wurde. Das Haus besticht durch seine konsequent durchgehaltene Symmetrie, die an der Giebelseite durch blinde Fenster erreicht wird. Die farblich abgesetzten Eckquader sind glatt und nicht mehr aus Bruchsteinen. Zwei horizontal verlaufende Bänder zwischen der oberen und unteren Fensterreihe gliedern Trauf- und Giebelseite. Schmückendes Zierwerk unter allen Fenstern, als Rahmen für den Grundstein über der Eingangstür sowie im Giebeldreieck. Gleich das nächste Haus an der linken Seite (Haus-Nr. 7) ist ein wunderschönes und noch fast vollständig erhaltenes Fachwerkquerdeelenhaus von 1869. Der Deelenbalken nennt als Erbauer die Eheleute Caspar Hollenbeck und Elisabeth Henkenmeier. Der Westgiebel ist massiv. Im Inneren des Gebäudes ist die Grundrißstruktur des 19. Jahrhunderts (Ausstattung, Treppen und Türen) weitgehend erhalten, so daß das Gebäude Zeugnis ablegt für die Wohn- und Wirtschaftsweise der ländlichen Bevölkerung im Raum Erwitte zu jener Zeit. Der linke Teil des Gebäudes war der Wohntrakt, an den sich rechts die Deele anschloß, vom Wohntrakt direkt zu erreichen. Auf die Deele mit dem großen vorderen Deelentor konnte der Erntewagen gefahren werden, von dem aus Heu, Stroh und Korn direkt vom Wagen auf den das ganze Gebäude überspannenden Dachboden transportiert werden konnten. Das (ursprünglich vorhandene) hintere Deelentor war etwas kleiner, da die dann nicht mehr beladenen Wagen nicht so viel Raum brauchten. Rechts an die Dehle anschließend befanden sich die Viehställe. Weitere Stallungen sowie eine separate Scheune wurden später errichtet. Die ungefähre ursprüngliche Grundrißstruktur mit Aufmaßen ist der Abbildung zu entnehmen.[Grundriß] Das Haus ist 1987 in die Denkmalliste der Stadt Erwitte eingetragen worden. Der links vom Haus stehende, ebenfalls 1987 in die Denkmalliste eingetragene Sandstein-Bildstock des 18. Jahrhunderts ist Zeichen barocker Volksfrömmgkeit. Das Heiligenhäuschen steht seit 1904 an dieser Stelle. Als Westernkotten 1902 eigene Pfarrei wurde, war damit auch das Recht zur Durchführung einer eigenen Fronleichnamsprozession verbunden. Auf Initiative des damaligen Pfarrers wurde der Bildstock aus der Feldflur westlich von Westernkotten, wo es an einem alten Wallfahrtsweg von Bökenförde nach Werl gestanden haben soll, an diese Stelle umgesetzt, um fortan eine Station der Fronleichnamsprozession zu bilden. Der schlichte Sockel zeigt an der Vorderseite ein Relief, das den unter dem Kreuz fallenden Christus darstellt. Darüber befindet sich eine Heiligennische, gerahmt von Pilastern und ädikulaähnlichem Abschluß mit IHS-Zeichen. Die Pfeiler tragen Spuren von Sicheln, die daran geschärft wurden. In der Nische eine weitere Kreuzwegdarstellung: Maria und Johannes unter dem Kreuz. Nach einer alten mündlichen Überlieferung sollen die Verstümmelungen an den Figuren aus der Zeit der Streifzüge des Christian von Braunschweig im 30jährigen Krieg stammen, was auf eine deutlich frühere Entstehung des Bildstockes hindeuten würde. Der Bildstock wurde 1994 grundlegend restauriert.

11. Schäferkämper Wassermühle und Erlehof An der anderen Straßenseite, etwas zurückgelegen, bildet die Schäferkämper Wassermühle einen imposanten Blickfang. Da sie in einem eigenen Führer (Technische Kulturdenkmale in Westfalen, Heft 12) ausführlich beschrieben wird, sollen hier nur kurze Ausführungen erfolgen. Die Mühle wurde in den Jahren 1747/48 durch den Grafen Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg errichtet, nachdem sich etwa 70 Westernkötter zwei Jahre zuvor untertänigst an den Landesherren Fürstbischof Clemens August in Köln gewandt hatten, hier eine Mahlmühle errichten zu dürfen. Der zweigeschossige, aus Bruchsteinen errichtete Baukörper ist verputzt, nur die Ecken sind außen prägnant gequadert; die Sprossenfenster teilweise mit Natursteinwänden eingefaßt. Das Walmdach bedeckt sowohl den Gewerbeteil als auch die Müllerwohnung. Die mit zwei oberschlächtigen Wasserrädern ausgestattete Mühle wurde in den Jahren 1993/1994 vom örtlichen Heimatverein im Zusammenwirken mit der NRW-Stiftung, der Stadt Erwitte und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe umfassend restauriert und am 10.9.1994 wiedereröffnet. Führungen mit Getreidemahlen finden regelmäßig samstags sowie nach Rücksprache statt. Wir folgen dem Holzweg, über den früher das Brenn- und Bauholz für das Salzwerk herangeschafft wurde, Richtung Südosten. Kurz vor den letzten Häusern zweigt rechts ein Grasweg ab. Nach etwa 150 Metern tauchen vor uns die Reste einer alten Hofanlage auf, Erlehof genannt. Im Gelände ist nur noch die Gräfte erhalten, der Graben, der einst diese Hofstelle umgab. Der Erlehof wurde am 2.2.1987 als Bodendenkmal ausgewiesen. Der Hof gehörte ursprünglich zur 1444 zerstörten Siedlung Aspen und war von Arnsberger Ministerialen bewohnt. Zum Erlehof gehörte auch ein Eigentum an den Solequellen. Zeitweise bildete die Hofanlage eine Besitzeinheit mit dem unter 9. genannten Burgsitz.

12. Schützenhalle, Franziskus-Linde, Lobetag Wir gehen zurück ortseinwärts und biegen in die erste Straße rechts ein, die Schützenstraße. Vorbei an großen Gehöften mit den für unseren Raum typischen steilgeneigten Dächern ist links noch ein schönes Querdeelen-Bauernhaus Schützenstraße 20 aus roten Backsteinaußenmauern zu sehen. Die Wände im Inneren sind alle noch in Fachwerkbauweise errichtet. Es entstand 1889 und ist bis auf die Dacheindeckung außen noch im ursprünglichen Bestand zu sehen. Es dokumentiert in den verwendeten Baumaterialien eine Weiterentwicklung des Hausbaus im Vergleich etwa zu dem unter 10. beschriebenen Querdeelenhaus Hockelheimer Weg 7 aus dem Jahre 1869. Über die Kreuzung Laarweg/Am Zehnthof gelangen wir nach etwa 200 Metern an einen 1958 errichteten Zweckbau, die Schützenhalle. Das erste Schützenhaus, an gleicher Stelle errichtet, stammte aus dem Jahre 1912. In der Schützenhalle (nur zu besonderen Anlässen geöffnet) befinden sich vier alte, 1992 als bewegliche Denkmäler ausgewiesene Traditionsfahnen des Schützenvereins. Eine Fahne stammt aus dem Jahre 1906, zwei aus 1907 und eine aus dem Jahre 1928. Sie tragen auf der Vorderseite Schützenembleme, auf der Rückseite Bilder von Schutzpatronen. Im einzelnen sind es der hl. Josef (frühere Handwerkerkompanie), der hl. Isidor (frühere Landwirtekompanie), der hl. Hubertus (Männerkompanie) und der hl. Antonius v. Padua (Ehrenkompanie). Alle Fahnen stellten Franziskanerinnen aus Salzkotten her. Der Schützenverein, erstmals 1694 erwähnt, ist der älteste Verein des Ortes. Alljährlich am dritten Wochenende im Juli findet das dreitägige Schützenfest mit Umzügen und dem Vogelschießen, bei dem der neue König ermittelt wird, statt. Die Vogelstange ist etwas links vom Eingang zu sehen. Auf der alten Karte (siehe unter 2.) ist etwa an dieser Stelle auch eine Vogelstange zu sehen. Vor der Schützenhalle eine alte Linde, die Franziskuslinde. Darunter ein Bildstock, der in enger Verbindung mit dem sog. Lobetag steht. Im Gefolge der Wirren des 30jährigen Krieges wütete im Jahre 1635 die Pest verheerend in Westernkotten. Von Haus zu Haus sprang ihr giftiger Hauch. „An die sechshundert persohnen junge un altt durch den toid genohmen“ heißt es in einem zeitgenössischen Schriftstück. Nur etwa 20 Einwohner lebten noch. Diese machten das Gelöbnis für sich und alle ihre Nachkommen, für ewige Zeiten einen feierlichen Lobetag zu halten, wenn Gott sie von der Geißel der Pest befreie. Dieses Gelöbnis, der sog. Lobetagsbrief, ist in einer Abschrift aus dem Jahre 1729 erhalten. Bis auf den heutigen Tag feiern die Bad Westernkötter am ersten Wochenende nach dem Fest Mariä Heimsuchung (2.Juli) den Lobetag als höchsten örtlichen Feiertag. Der Ablauf ist im folgenden kurz vorgestellt: Freitag nachmittags um 3 Uhr verkünden Böllerschüsse und feierliches Geläut den Beginn des Festes. Am Samstag ist nach alter Sitte strenger Fast- und Bußtag, an dem jede Arbeit ruht. In der Frühe des Hauptfesttages, des Sonntags, rufen bereits um 5 Uhr die Glocken die Gläubigen zum Gottesdienst. Gegen 6 Uhr beginnt dann die althergebrachte Lobetagsprozession, bei der oft mehr als 2000 Bad Westernkötter und Gäste teilnehmen. Acht Mädchen in alter Westernkötter Feiertagstracht tragen während der Prozession eine blumengeschmückte Muttergottesstatue. Bei der Prozession wird der ganze alte Ort umrundet, unterbrochen durch Gebetsstationen an 4 Bildstöcken. Eine dieser Stationen ist der vorgenannte Bildstock unter der Franziskuslinde. Der aus dem Jahre 1753 stammende, 1990 unter Schutz gestellte und 1991 grundlegend restaurierte Bildstock ist dem Heiligen Franz Xaver gewidmet. Die mit einem kranzförmigen Band umsäumte Inschrift am Sockel lautet:“Zu dir schick ich meinen Gruß, dir in Demuth fall ich zu Fuß, franzisce, höre an mein Bittgeschrei, in dem Leid mein Nothülfe sey, Xaveri. Anno 1753 Den 30. Juni. F.B. Hense.M.Pilsticker Posuer.“ In der Heiligennische befindet sich eine Plastik des hl. Franz. Sie zeigt ihn mit Talar und Chorhemd und andachtsvoll gefalteten Händen leicht nach oben schauend. Auf den Seitenwänden, die noch mit vorgesetzten Säulen verblendet sind, kann man kurvig laufende Blatt- und Blütenbänder erkennen.

13.Südwall, Trockenmauer an der Erbsälzergasse, SpringVorbei am Schützenplatz biegen wir rechts hinter dem alten, aus Backsteinen 1938 errichteten ehemaligen Feuerwehrgerätehaus in den Südwall ein. Etwa in Höhe des Wall-Cafés beginnt eine Trockenmauer, die einst repräsentatives Äußeres des Besitzes einer Erbsälzerfamilie, der Familie Löper, war. Die Mauer ist aus Kalk-Bruchsteinen errichtet, später allerdings vor allem im Kronenbereich verputzt worden. Zahlreiche Moose, Flechten, Farne (u.a. Mauerraute) und Kräuter , selbst „Gartenflüchtlinge“ wie Vergißmeinnicht, Johannisbeere und Flieder sowie Vogelbeere, Weißdorn und Esche, finden hier ihren Lebensraum. Die sich anschließende niedrigere, flachkronige Mauer ist aus der Sicht des Naturschutzes noch besser, da sie weniger stark mit Stickstoff versorgt wird. Ohne das Zuschmieren der Mauerkrone, das bündige Verfugen sowie das Asphaltieren der Gasse bis zum Mauerfuß wäre die gesamte Mauer ökologisch noch wertvoller. - Rechts vor dem Wall-Café steht ein riesiger Findling, von einem Schulentlaßjahrgang aufgestellt, ein Zeuge der vorletzten großen Eiszeit, der Saaleeiszeit. Am Südwall verlief nicht, wie der Straßenname vorgibt, ein Teil der Landwehr um das Dorf. Vielmehr begann hier, direkt östlich des Südwalls, eine ausgedehnte Bruch- und Sumpf-landschaft, das Westernkötter Bruch, mit der tiefsten Stelle, dem Muckenbruch. Das feuchte Bruchgebiet stellte einen natürlichen Schutz für den Ort nach Osten dar, so daß hier auf eine Landwehr verzichtet werden konnte. Der Südwall bildete bis nach dem 2. Weltkrieg wegen der Feuchtigkeit des angrenzenden Geländes die östliche Siedlungsgrenze des Ortes. Am Anfang der Erbsälzergasse gegenüber der Straße Alter Postweg findet sich ein Bildstock aus dem 18. Jahrhundert, heute Station bei der Fronleichnamsprozession. Das Relief im Innern stammt wahrscheinlich aus dem 19. Jahrhundert, ist stark verwittert und zeigt Christus, unter dem Kreuz fallend, im Hintergrund einen römischen Legionär mit Geißel und Strick. Der Südwall endet an der Bruchstraße. Wenige Meter rechts ist an der linken Straßenseite eine alte Quelle gefaßt, der sog. Spring. Im schmiedeeisernen Gitter ist dargestellt, wie die Menschen früher ihr Wasser von hier holten: Mit einem Joch auf dem Rücken, an dem dann zwei Eimer oder Kannen befestigt wurden.

14. Kirchplatz: Kirchturm, kath. Pfarrkirche St. Johannes/Evangelist. mit Speith-Orgel, evangelisches Paul-Gerhardt-Haus, EhrenmalEtwas weiter zweigt die Straße Am Ehrenmal von der Osterbachstraße ab und bringt uns zum Kirchplatz. Eindrucksvoll empfängt uns der 26 Meter hohe Turm der alten Dorfkirche. Die ehemalige Kirche in Westernkotten, eine Renaissancekirche mit Übergang zum Barock, erbaut zwischen 1508 und 1532, wurde 1976 abgerissen und mußte der neuen Kirche weichen. Einzig der Turm ist stehengeblieben. Am 3. August 1691 brach in Westernkotten ein großer Brand aus, mehr als 100 Häuser und Salzhütten fielen den Flammen zum Opfer. Warscheinlich ist damals auch die erste Westernkötter Kirche bis auf die Grundmauern abgebrannt; denn nach den als Zahlen ausgebildeten Ankern an der Westseite des Kirchturms ist dieser im Jahre 1699 (neu) errichtet. Das barocke Turmportal ist rundbogig mit Pfeilereinfassung. Es ist im Jahre 1913 genau nach dem alten Vorbild erneuert worden. Die Inschrift lautet: „In honoreM DIVI IoannIs eVangeLIstae patronI VVesterkottenses pIe eXtrVI feCerVnt = Zu Ehren den heiligen Evangelisten Johannes, des Kirchenpatrons, haben die Westernkötter diese Kirche in Demut errichtet.“ Das Chronistikon (Summe der als lateinische Zahlen ausgewiesenen Großbuchstaben) weist ebenfalls auf das Baujahr 1699 hin. Über dem Portal steht in einer Figurennische in einer Muschel das in Sandstein gehauene Bild des Kirchenpatrons, des Evangelisten Johannes, in wallendem Gewand mit einem Kelch in den Händen. Der Schlußstein des eigentlichen Portals zeigt einen Engelskopf, darunter ein Wappen. Ursprünglich als Wolfsangel gedeutet ist man sich heute sicher, daß es sich um einen Sälzer- oder Pfannenhaken handelt, einen Haken, mit dem einst die Salzpfannen über dem offenen Feuer aufgehängt waren. Dieser Pfannenhaken wurde auch im Salinensiegel geführt. Da die Sälzer die großen Gönner der Kirche waren, ist es nachvollziehbar, daß ihr Wappen in das Portal der Kirche eingearbeitet wurde. Auf der anderen Seite des Turmes, der Ostseite, sieht man den zugemauerten Bogen, der von der Orgelempore aus das Kirchenschiff umfaßte. Diese alte Kirche reichte mit ihrem Chorraum bis an das heutige Pfarrhaus, das den Ostrand des Kirchengeländes markiert. Den Kirchturm gestaltete die Pfarrgemeinde 1979 zu einer Mutter-Gottes-Kapelle um. Im Innern steht eine wertvolle Pietá von 1780. Die Fenster im Turm, von dem Essener Künstler Nikolaus Bette gestaltet, zeigen: Mariä Verkündigung, Mariä Heimsuchung, die Geburt Jesu und die Verehrung Jesu und seiner Mutter durch die Heiligen Drei Könige. Der Turm ist auch Glockenturm der Kirche. Die drei Glocken sowie einen eisernen Glockenstuhl lieferte 1920 zu Mariä Himmelfahrt der Bochumer Verein. Die erste Glocke ist Christus, die zweite der Muttergottes und die dritte dem Kirchenpatron geweiht. Die neue katholische Pfarrkirche Sankt Johannes/Evangelist entstand in den Jahren 1974-76 nach Entwürfen des Warsteiner Architekten Heinrich Stiegemann. Es ist eine dreischiffige Hallenkirche mit einer rechtwinklig angebrachten Seitenkapelle, aus Stahlbeton erbaut und mit Anröchter Dolomitbossen verkleidet. Die Bausumme der Kirche betrug 1,4 Mio. DM. Viele Altäre und Einrichtungsgegenstände der alten Kirche sind im Inneren der neuen Kirche (vgl. den Lageplan) untergebracht. Eindrucksvoll der neugotische Hochaltar (1), der 1884 von Wiedenbrücker Meistern geschnitzt wurde und seit seiner Renovierung 1976 als Sakramentsaltar dient. Er war, als er noch in der alten Kirche stand, mit Goldbronze überstrichen, so daß von den Bildtafeln nicht viel zu sehen war. Heute erkennt man sofort auf den Tafeln die Geburt Christi, die Kreuzigung Jesu und seine Auferstehung, da sich durch das Abbeizen der Goldbronze der eigentliche Aufbau in Natureiche darstellt und die Tafeln und Figuren mit Farbe geschmackvoll sichtbar gemacht wurden. Der Tabernakel, eine Arbeit der Brüder Winkelmann, Möhnesee-Günne, ist ein Kontrast zu den Farben der Bildtafeln und soll zunächst den Blick der Besucher anziehen. Der heutige Hochaltar (2) ist quadratisch und von den Künstlern Michael und Christof Winkelmann aus rotem Sandstein gehauen. Er zeigt vier Themen aus dem Leben des Kirchenpatrons Johannes: vorn links Jesus, Hand in Hand mit seinem Lieblingsjünger Johannes, vorn rechts Johannes sitzend mit Adler und Buch, hinten rechts Johannes mit einem Becher mit einer Giftmischung (zu erkennen an der Schlange) in der linken Hand; hinten links Johannes in einem Kessel, eine Darstellung, die an die Legende anknüpft, daß Johannes in Rom vor der Lateinischen Pforte zum Tode verurteilt in einen Kessel mit siedendem Öl geworfen worden sei, dies jedoch unversehrt überstanden zu haben. An diesem Altar wird alltags die hl. Messe zur Seitenkapelle hin gefeiert, sonst zum Hauptschiff. Vom Altarraum hat man einen herrlichen Blick auf die große Orgel (3) gegenüber auf der Orgelbühne. Die Orgel, von der Rietberger Firma Speith, Inhaber Müller, gebaut und am 11. Februar 1996 feierlich eingeweiht, verfügt über 22 klingende Register, die auf drei selbständige Werke verteilt sind, auf Haupt-, Schwell- und Pedalwerk. Das klangliche Konzept, die Disposition, ergab sich durch die Übernahme neun alter Register aus dem Vorgängerinstrument. Durch Register wie z.B. Gamba, Cello, Salicional und Vox Coelestis sowie Harmonie- und Traversflöte wird eine romantische Einfärbung erreicht. Wir machen einen kleinen Rundgang durch die Kirche. Der Taufstein (4) stammt aus einem Allagener Marmorwerk und wurde am 22. April 1894 erstmalig benutzt. Alle Fenster in der Kirche sind von dem Glas- und Kunstmaler Nikolaus Bette aus Essen-Werden entworfen. Alle gegenständlichen Darstellungen in den Fenster stehen in Beziehung zum Evangelisten Johannes bzw. zur Lobetagstradition des Ortes. Das erste Fenster (5) stellt die Kreuzigungsszene nach dem Johannes-Evangelium dar, wie Jesus seiner Mutter Johannes als Sohn übergibt (Joh 19,25-27). Der Johannesaltar (6) im ersten Joch, am 1.8.1898 aufgestellt, zeigt den Evangelisten Johannes auf der Insel Patmos, auf einem Stein sitzend, mit geöffnetem Buch und Federkiel. Im Buch ist Vers 4 aus dem 1. Johannes-Brief in lateinischer Sprache zu lesen. Die Übersetzung lautet:“Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott.“ Über Johannes ein Adler, der sich über die Erde erhebt und dem Lichte zustrebt. Im Schnabel ein wehendes Spruchband ebenfalls mit lateinischer Inschrift, dem Eröffnungsvers des Johannes-Evangeliums:“Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Das nächste Fenster (7) zeigt das letzte Abendmahl mit Johannes, dem Lieblingsjünger Jesu, an seiner Brust (Joh 13,23). Die Beichtstühle (8 und 8a) stammen ebenfalls aus der alten Kirche und entstanden 1899. Im nächsten Fenster (9) ist ein Motiv aus der Geheimen Offenbarung des Johannes (Offb 6,1-8) gewählt: ein apokalyptischer Reiter soll an die schrecklichen Ereignisse des 30jährigen Krieges, seit dem der Lobetag gefeiert wird, aber auch an andere Kriege und Bedrohungen erinnern und zu Umkehr und Wachsamkeit mahnen. Links daneben eine Statue (10) des hl. Josef im wallenden Gewand mit einem Stab in der rechten Hand, aus dem Lilienblüten erwachsen, eine Anknüpfung an die Legende, daß nach dem Willen der Hohenpriester Maria mit dem Manne verlobt werden solle, dessen mitgebrachte Rute grünen und blühen würde. Gegenüber in der Nische am rechten Haupteingang befinden sich zwei wertvolle Steintafeln (11), die von der Entstehung Westernkottens berichten. Der noch lesbare Stein ist eine im Jahre 1900 erneuerte Abschrift des älteren, im Jahre 1630 gehauenen Steins. Die Übersetzung dieser lateinischen Urkunde lautet: „Der Ursprung Westernkottens vor 200 Jahren. Furchtbar wütete einst der grimmige Mars, und Vulkanus raste von Haus zu Haus mit fressender Flamme durch Aspen und durch zwei andere Dörfer, da wechseln die Menschen die Heimstatt. Nahe dem Salzquell, dem früher entdeckten, baut man sich Häuser. Als aber wieder Stürme des Krieges sie bedrängten, die Habe wieder vertilgt ward, errichtete man mit Fürst Ferdinands Hilfe bergende Wälle und schloß auf Befehl die schützenden Tore. Im Jahre 1630.“ Die Steintafel nimmt Bezug auf die Zerstörung der umliegenden Ortschaften in der Soester Fehde 1444 und den Bau der Landwehr um das Dorf 1506 (vgl. dazu unter 2.). Der Lobetag mit dem lesbaren Text des Lobetagsbriefes ist im Fenster, dem „Lobetagsfenster“ (12), zu sehen. Das nächste Fenster (13) zeigt das erste Wunder Jesu nach dem Johannes-Evangelium bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-12). Eine örtliche Kostbarkeit stellt der Muttergottesaltar (14) dar. Er ist nach einem alten Lobetagsbild von Wiedenbrücker Meistern entworfen und am 8.1.1898 aufgestellt worden. Unter der Schutzmantelmadonna die Überlebenden der großen Pest von 1635. Zu Füßen Mariens ein Spruchband „O mater, duc tuos Westernkottenses“ (O Mutter, behüte deine Westenkötter) und am Haupt der Madonna ein Spruchband mit der Inschrift „Ducam vos Westernkottenses“ (Ich will euch behüten, meine Westernkötter). Im letzten Fenster (15) wird eine Vision des Evangelisten Johannes aus der Offenbarung dargestellt (Offb 12,1-6): Eine Frau, die gebären soll, umkleidet mit der Sonne, zu ihren Füßen der Mond und über dem Haupt zwölf Sterne. Dazu ein Drachen mit sieben Köpfen und sieben Kronen, der diese Frau verschlingen will. Aber ein Engel des Herrn führte die Frau in die Wüste, wo sie ihren Sohn zur Welt bringt. Die Frau ist Sinnbild des bedrohten Gottesvolkes des Alten und Neuen Bundes und wird auch auf Maria, das Urbild der Kirche, bezogen. Wir verlassen die Kirche, gehen am Pfarrzentrum „Johannes-Haus“ vorbei zurück zum Turm. Gegenüber dem Westportal, rechts von der Herrengasse, eine schön gepflegte Wegekapelle aus dem Jahre 1911, aufgrund eines Gelübdes von den Eheleuten Johannes und Theresia Günnewig errichtet. Rechts davon die alte, 1914 errichtete Volksschule , Ende 1973 von der Evangelischen Kirchengemeinde Erwitte gekauft und zum Gottesdienst- und Gemeindezentrum „Paul-Gerhardt-Haus“ umgebaut. Der erste Gottesdienst fand am 8.8.1976 statt, die feierliche Einweihung des ganzen Gebäudes erfolgte am 30. Mai 1977. Gegenüber das 1929 errichtete und 1958 um zwei Säulen erweiterte Ehrenmal aus Rüthener Sandstein mit den Namen der Gefallenen und Vermißten der Kriege 1870/71, 1914-18 und 1939-45.

15.Alter Markt An der Post halten wir uns links und gelangen nach einigen Metern zum Alten Markt und dem angrenzenden Königssood, dem Ausgangspunkt unseres Rundgangs. Im Bereich Alter Markt soll bis 1868 die Salzwaage zur Ermittlung der an den Fiskus zu zahlenden Salzsteuer gestanden haben. Ein kleiner Abstecher in die vordere Aspenstraße bringt uns zum Gebäude der ehemaligen Königlichen Salzfaktorei, gleich links neben dem Gasthof Kemper. Dieses Fachwerkhaus mit Bruchsteinsockel beherbergte bis ca. 1870 den sog. Salzfaktor, d.h. den Rendanten der Königlichen Salzsteuerkasse. Von 1840 bis 1858 hieß der Salzfaktor Wilhelm Weierstraß. Sein Sohn, der berühmte Mathematiker Karl Weierstraß (1815-1897), schrieb hier die bekannte Abhandlung „Zur Theorie der Abelschen Funktionen“ und datierte ihre Veröffentlichung mit „Saline Westernkotten in Westfalen, 11. September 1853.“

Literatur

Die folgende Literaturliste stellt eine kleine Auswahl der Literatur zu Bad Westernkotten dar. Für weitergehende Informationen steht die jährlich aktualisierte Bibliographie zu Bad Westernkotten, hrsg. vom Heimatverein, zur Verfügung.


Gemeinde Bad Westernkotten (Hrsg.): Bad Westernkotten. Ein Heimatbuch, Lippstadt 1958. - Marcus, W., Jesse, M., Mönnig, F. und Richter, A.(Hrsg. im Auftrag der Heimatfreunde Bad Westernkotten): Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, Lippstadt 1987. - Schützenverein Bad Westernkotten (Hrsg.): 300 Jahre Schützenverein Bad Westernkotten e.V., Lippstadt 1994. - Westf. Heimatbund (Hrsg.): Die Schäferkämper Wassermühle in Bad Westernkotten. Technische Kulturdenkmale in Westfalen, Heft 12, Münster 1995. - Marcus, W. u.a. (Hrsg.): Wir schauen uns um. Heimatkundliche Arbeitsmappe, Bad Westernkotten 2. Aufl. 1991. - Jesse, Magdalene: Vertell mui watt op Westernküörter Platt, Lippstadt 1990.

Links

Internet-Seite des Verkehrsvereins: [1] Internet-Seite des Heimatvereins: [2]

Wikipedia

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