fair-hotels . Ein Service wie gemalt
Reiseführer Übersicht Deutschland Österreich Schweiz Bauwerke nach Stil

Werbung

Letzte Änderung für Artikel Paul-Hertz-Siedlung: 19.02.2006 14:43

Paul-Hertz-Siedlung

Wechseln zu: Navigation, Suche
Lage der Paul-Hertz-Siedlung in Berlin
Lage der Paul-Hertz-Siedlung in Berlin
Karte Paul-Hertz-Siedlung
Karte Paul-Hertz-Siedlung

Die Paul-Hertz-Siedlung ist ein Stadtteil im Norden des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf mit ca. 6.000 Einwohnern in rund 3.200 Wohnungen.

Die Siedlung wurde im November 1962 nach dem ehemaligen Wirtschaftssenator Paul Hertz benannt. Die Straßen erhielten die Namen von WiderstandskĂ€mpfern gegen die NS-Gewaltherrschaft .

Die Paul-Hertz-Siedlung ist östlich durch ein KleingartengelĂ€nde (Kolonien Zukunft, Heimat und Frischer Wind), nördlich durch den viel befahrenen Heckerdamm, sowie sĂŒdlich und westlich durch die Bundesautobahnen A 100 (Goerdeler Damm) und A 111 (Kurt-Schumacher-Damm) streng von benachbarten Stadtteilen abgegrenzt. Durch diese Barrieren befindet sie sich in einer stadtrĂ€umlichen Insellage.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Planung der zunĂ€chst als Charlottenburg-Nord II bezeichneten Siedlung geht in die 1950er Jahre zurĂŒck, als der Bezirk Charlottenburg Baulandreserven zur „Minderung des dringenden Wohnungsbedarfs (ca. 17.000 Wohnungssuchende)“ heranziehen musste. In Betracht kam eine FlĂ€che im Norden des Bezirks, die bis dahin von KleingĂ€rtnern und Gewerbe genutzt wurde. Das Melderegister weist fĂŒr das Gebiet im Jahr 1961 noch 775 Einwohner aus, bei denen es sich wohl zumeist um ‚Dauernutzer‘ in Kleingartenanlagen gehandelt hat.

Im Jahr 1959 erwarb die spĂ€ter auch bauausfĂŒhrende GemeinnĂŒtzige Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Groß-Berlin ( GEWOBAG ) die GrundstĂŒcke. Sie fĂŒhrte im August 1959 einen Architektenwettbewerb durch, wobei als Ziel eine Neubebauung fĂŒr 7.000 Bewohner angestrebt wurde. Etwa zur gleichen Zeit wurden bereits in der westlich angrenzenden Wohnbebauung Charlottenburg-Nord zwei Bauabschnitte mit 1.400 Wohneinheiten fertig gestellt.

Die BauausfĂŒhrung sollte 1961 nach PlĂ€nen der Architekten Prof. Wils Ebert , Prof. Werner Weber und Dipl.-Ing. Fritz Gaulke beginnen. Der Widerstand der KleingĂ€rtner und Dauernutzer gegen eine RĂ€umung des Areals fĂŒhrte allerdings zunĂ€chst zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen die PĂ€chter jedoch unterlagen. Bis 1964 wurden in drei Bauabschnitten 2.616 Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau fertig gestellt. Überwiegend befinden diese sich in viergeschossigen GebĂ€udezeilen, zum kleineren Teil in neun achtgeschossigen „PunkthĂ€usern“. Eine zunĂ€chst geplante Bebauung mit bis zu zwölf Geschossen musste zwischenzeitlich, nach dem Einspruch der alliierten Flugsicherheitsbehörde wegen der NĂ€he zum Flughafen Tegel, aufgegeben werden.

Die Siedlung wurde 1965 durch fĂŒnf zweigeschossige Zeilen mit 70 Seniorenwohnungen auf dem zentralen Nord-SĂŒd-GrĂŒnzug ergĂ€nzt.

Bauliches und stÀdtebauliches Konzept

Bei der Planung und Realisierung des Bauvorhabens wurden, z.T. erstmals in Berlin, neue Konzepte verfolgt:

  • FernwĂ€rmeversorgung durch ein eigens errichtetes Heizwerk der GASAG,
  • Verwendung industriell vorgefertigter Bauelemente beim Bau der HochhĂ€user,
  • Winterbau von 750 Wohneinheiten unter geheizten, wetterfesten Hallen,
  • HausmĂŒllentsorgung durch 23 MĂŒllverbrennungsöfen; zunĂ€chst als ‚wegweisend‘ gefeiert („völlig rauchlos“) und mit Bundesmitteln gefördert, wenige Jahre spĂ€ter wegen enormer Emissionen stillgelegt,
  • Fernsehverkabelung der Siedlung unter Verwendung von drei zentralen Hochantennen.
Innenbereich der Paul-Hertz-Siedlung
Innenbereich der Paul-Hertz-Siedlung

Das stĂ€dtebauliche Konzept der Paul-Hertz-Siedlung gilt als beispielhaft fĂŒr die frĂŒhen 1960er Jahre. Typisch sind z.B. die offene und durchgrĂŒnte Bauweise und die verkehrliche Erschließung der Siedlung durch einen Sammelstraßenring mit radialen Stichstraßen und Wendeplatten an deren Endpunkten.

Daneben war auch die Schaffung der erforderlichen Wohnfolgeeinrichtungen Gegenstand der stĂ€dtebaulichen Planung. In deren Rahmen wurden eine Schule, eine KindertagesstĂ€tte und zwei kleinere Einkaufszentren vorgesehen, sowie, ganz im Geist der Zeit, eine Tankstelle am sĂŒdlichen Siedlungsrand. Wesentliche Bestandteile dieser Infrastruktureinrichtungen wurden jedoch erst 1966, also einige Jahre nach dem vollstĂ€ndigen Bezug der Siedlung, fertig gestellt. Die Schule erhielt bei ihrer Eröffnung im MĂ€rz 1966 den Namen Helmuth-James-von-Moltke -Schule nach dem MitgrĂŒnder des Kreisauer Kreises .

Blick vom Goerdelersteg
Blick vom Goerdelersteg

Sieben Arztpraxen wurden in dafĂŒr freigestellte Wohnungen angesiedelt. Den Mietern wurden in Flachbauten zwei WaschmaschinenhĂ€user zur VerfĂŒgung gestellt, diese jedoch spĂ€ter zu einem Nachbarschaftstreff, zu GĂ€stewohnungen bzw. zu einem Kinderclub umgenutzt.

Die Paul-Hertz-Siedlung war schon bei ihrem Bezug mit mehreren Bus- und Straßenbahnlinien gĂŒnstig an die westliche City, aber auch an Siemensstadt und Spandau angeschlossen. 1980 wurde sie mit dem Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz zudem an die U-Bahn-Linie 7 angebunden. Im SĂŒden der Siedlung endet ein vom S- und U-Bahnhof Jungfernheide kommender ‚toter Tunnel‘, ĂŒber den ursprĂŒnglich der 3 km entfernte Flughafen Berlin-Tegel an das Netz angeschlossen werden sollte (siehe auch U-Bahnlinie 5).

JĂŒngere Geschichte

Bis 1988 hatte sich die Siedlungsbevölkerung durch Alterungsprozesse von ursprĂŒnglich 6.800 auf 5.100 Einwohner verringert. Angesichts der neuen Wohnungsnot in der Stadt, ausgelöst u.a. durch Zuwanderungen aus Osteuropa, aus der DDR und von FlĂŒchtlingen aus Asien, trieben die Senatsverwaltung und die stĂ€dtischen Wohnungsbaugesellschaften Planungen voran, zusĂ€tzlichen Wohnraum im vorhandenen Siedlungsbestand zu schaffen. Die Mieter in der Paul-Hertz-Siedlung erfuhren 1989 erst nachtrĂ€glich davon, dass ihre Siedlung Gegenstand nahezu ausfĂŒhrungsreifer Bauabsichten geworden war und reagierten darauf mit großer Empörung. Sie befĂŒrchteten nicht nur eine jahrelange BeeintrĂ€chtigung der Wohnsituation durch Bauarbeiten, sondern auch eine soziale Verschlechterung der Nachbarschaft durch den weiteren Zuzug von auslĂ€ndischen Mietern.

Trotz wĂŒtender Proteste der Bewohner wurde ab 1992 eine „Nachverdichtung“ der Siedlung durchgefĂŒhrt. Diese erfolgte zunĂ€chst durch Dachaufbauten in Staffelbauweise auf den FlachdĂ€chern der viergeschossigen GebĂ€ude; in ihnen befinden sich 493 Wohnungen. Durch ErgĂ€nzungsbauten auf dem zentralen GrĂŒnzug der Siedlung bzw. an dessen Rand wurden weitere 90 Wohnungen in Form von Wohneigentum geschaffen. Zuvor wurden dazu die 1965 errichteten Seniorenwohnungen abgerissen, die aufgrund von AusstattungsmĂ€ngeln und beengten WohnverhĂ€ltnissen schon lĂ€ngere Zeit als unattraktiv und schwer vermietbar galten. Der Wohnungsbestand vergrĂ¶ĂŸerte sich durch diese Maßnahmen auf rund 3.200 Wohneinheiten.

Durch das zusĂ€tzliche Wohnungsangebot hat sich auch die Einwohnerzahl der Paul-Hertz-Siedlung wieder erhöht. Im Jahr 2005 hatte die Siedlung 5.972 Bewohner. Von diesen waren 1.473 im Seniorenalter und 981 Kinder und Jugendliche. FĂŒr den erhöhten Bedarf an Kinderbetreuungsmöglichkeiten wurde im Jahr 1997 eine zusĂ€tzliche KindertagesstĂ€tte am Heckerdamm 235, Ecke Bernhard-Lichtenberg-Straße eröffnet.

GedenkstÀtten

Die Siedlung befindet sich in der NÀhe des ehemaligen Zuchthauses Plötzensee . In Erinnerung an die dort inhaftierten und hingerichteten Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, darunter neben den WiderstandskÀmpfern des 20. Juli 1944 auch viele Angehörige kirchlicher Widerstandsbewegungen, errichteten die beiden christlichen Kirchen zwei GedenkstÀtten nördlich der Paul-Hertz-Siedlung:

  • 1963 die katholische Kirche Maria Regina Martyrum mit einem Karmel-Kloster und
  • 1970 das Evangelische Gemeindezentrum Plötzensee (mit dem Plötzenseer Totentanz von Alfred Hrdlicka ).

In der Siedlung selbst (Bernhard-Lichtenberg-Straße, Ecke Heckerdamm) erinnert eine BĂŒste an den Namensgeber Paul Hertz.

Straßennamen in der Paul-Hertz-Siedlung

Kurzbiografien der Personen, nach denen die Straßen in der Paul-Hertz-Siedlung benannt sind:

Straßenschild in der P-H-S
Straßenschild in der P-H-S
  • Bernhard-Lichtenberg-Straße: Bernhard Lichtenberg , * 3. Dezember 1875, Theologe und Dompropst, predigte gegen den Nationalsozialismus, rettete Verfolgte vor der Gestapo, † 5. November 1943 in Hof auf dem Transport ins KZ Dachau
  • Delpzeile: Alfred Friedrich Delp , * 15. September 1907, Jesuit und Mitglied des Kreisauer Kreises , † 2. Februar 1945, hingerichtet in Plötzensee
  • Gloedenpfad: Elisabeth Charlotte Gloeden , * 9. Dezember 1903, † 30. November 1944, Gerichtsreferendarin, versteckte einen Beteiligten des Attentatversuchs auf Hitler, wurde mit ihrem Ehemann Erich Gloeden und ihrer Mutter Elisabeth Kuznitzky hingerichtet in Plötzensee
  • Kirchnerpfad: Johanna Kirchner , * 24. April 1889, Journalistin, SozialfĂŒrsorgerin, nach 1933 illegal aktiv fĂŒr die SPD, † 9. Juni 1944, hingerichtet in Plötzensee
  • Klausingring: Friedrich Karl Klausing , * 24. Mai 1920, Offizier, koordinierte von Berlin aus den Attentatsversuch auf Hitler am 20. Juli 1944, † 8. August 1944, hingerichtet in Plötzensee
  • Leuningerpfad: Franz Leuninger , * 28. Dezember 1898 in Mengerskirchen, FunktionĂ€r in christlichen Gewerkschaften, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der gemeinnĂŒtzigen Siedlungsgesellschaft „Deutsches Heim“, seit 1933 illegale Gewerkschaftsarbeit und Kontakt zu christlichen Widerstandsgruppen, am 26. September 1944 verhaftet, am 28. Februar 1945 zum Tode verurteilt, † 1. MĂ€rz 1945, in Plötzensee hingerichtet
  • Reichweindamm: Adolf Reichwein , * 3. Oktober 1898, PĂ€dagoge und Kulturpolitiker, Kontakte zum Kreisauer Kreis und zu kommunistischen Widerstandsorganisationen, † 20. Oktober 1944, in Plötzensee hingerichtet
  • Schwambzeile: Ludwig Schwamb , * 30. Juli 1890, Rechtsanwalt, in seiner Wohnung illegale Treffen des Widerstands, † 23. Januar 1945, in Plötzensee hingerichtet
  • StrĂŒnckweg: Theodor StrĂŒnck , * 5. April 1895 in Kiel, Jurist, beteiligte sich bereits an den Umsturzplanungen des Jahres 1938. Nach dem Scheitern des Attentats vom 20. Juli 1944 nutzt Theodor StrĂŒnck die sich ihm bietenden Fluchtmöglichkeiten in die Schweiz nicht, um seine Angehörigen nicht der „Sippenhaft“ auszusetzen. † 9. April 1945, im KZ FlossenbĂŒrg erschossen
  • TeichgrĂ€berzeile: Richard TeichgrĂ€ber , * 5. August 1884 in Dahlen, Schlosser, illegale Gewerkschaftsarbeit, am 15. Dezember 1934 verhaftet, am 6. Oktober 1937 wegen Hochverrats zu Zuchthaus verurteilt, KZ Buchenwald, KZ Lublin, KZ Auschwitz, † 25. Februar 1945 im KZ Mauthausen
  • Terwielsteig: Rosemarie (Maria) Terwiel , * 7. Juni 1910, Juristin, Widerstandsgruppe Rote Kapelle , † 5. August 1943, in Plötzensee hingerichtet
  • Wiersichweg: Oswald Wiersich , * 1. September 1882 in Breslau, Maschinenbauer, als aktiver Gewerkschafter schon 1933 inhaftiert, nach seiner Entlassung unter Polizeiaufsicht, 1935 Verbindung zu Widerstandsgruppen, † 1. MĂ€rz 1945, in Plötzensee hingerichtet
  • Wirmerzeile: Josef Wirmer , * 19. MĂ€rz 1901, Rechtsanwalt und Politiker, Widerstandsgruppe um Carl Friedrich Goerdeler, † 8. September 1944, in Plötzensee hingerichtet

Quellen und Literatur

  • Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf (Hrsg.): 300 Jahre Charlottenburg, Berlin 2005
  • Heimatmuseum Charlottenburg-Wilmersdorf (Hrsg.): Leben in der Paul-Hertz-Siedlung, Berlin 2001
  • Girra, Dagmar und Sylvia Lais: Wegweiser zu Berlins Straßennamen - Charlottenburg, Berlin 1996
  • Jauch, Joachim: Paul-Hertz-Siedlung – ein Charlottenburger Wohngebiet; in: Berlinische Monatsschrift, Heft 7/1994
  • Steinkampf, Heinz-Kurt: Die neue Paul-Hertz-Siedlung in Berlin; in: Die Demokratische Gemeinde, 1963, H. 6
  • Der Tagesspiegel vom 22. Februar 1962: Neue Wohnstadt Charlottenburg Nordost (Zeitungsartikel)
  • Telegraf vom 29. November 1962: Neue Stadt fĂŒr 9.000 Berliner (Zeitungsartikel)
  • Kartengrundlage: Bezirkskarte Charlottenburg-Wilmersdorf 2005 1:10.000; Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin

Weblinks

Wikipedia

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Paul-Hertz-Siedlung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation . In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels Paul-Hertz-Siedlung verfügbar.

fair-hotels. Ein Service der
VIVAI Software AG
Betenstr. 13-15
44137 Dortmund

Tel. 0231/914488-0
Fax 0231/914488-88
Mail: info@vivai.de
Url: http://www.vivai.de