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Letzte Änderung für Artikel Das Rote Wien: 14.02.2006 19:30

Das Rote Wien

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Als Rotes Wien wird die Zeit von 1918 bis 1934 bezeichnet, als die Donaumetropole erstmals demokratisch von einer Koalition zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen regiert wurde.

Inhaltsverzeichnis

Gesellschaftliche Bedingungen

Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Donaumonarchie wurde in Österreich die Republik ausgerufen. Bei den ersten demokratischen Wahlen am 4. Mai 1919 errang die Sozialdemokratie in Wien die Mehrheit. Obwohl die Volksvertreter nun freie Hand hatten, standen sie vor einer schwierigen Aufgabe. Flüchtlingsströme aus dem russisch besetzten Galizien und anderen ehemaligen Monarchieländern und entlassene Soldaten liessen die Bevölkerung Wiens zeitweise auf über 2 Millionen Menschen anschwellen. Durch den Verlust von Böhmen und Ungarn wurde die Versorgung dieses „Wasserkopfes“ eines „Rumpfstaates“ sehr schwierig. Die kriegsbedingte Inflation und die Währungsreform von der Krone zum Schilling lastete besonders auf den Lohnabhängigen.

In den überfüllten Mietswohnungen und Notunterkünften mit spärlichen sanitären Einrichtungen grassierten Krankheiten wie Tuberkulose („Wiener Krankheit“), spanische Grippe und Syphilis . Zur extremen Wohnungsnot kam die hohe Zahl der Arbeitslosen.

Wirtschaftspolitik

Der sozialdemokratisch dominierte Gemeinderat begann die Probleme in Angriff zu nehmen. Sieben Tage nach der Ausrufung der Republik wurde der Achtstundentag gesetzlich verankert. Durch die Ablösung von Niederösterreich war die Voraussetzung für eine eigenständige Politik der Gemeinde Wien geschaffen worden. Ab 1920 wurde Wien wieder Bundeshauptstadt und ab 1922 selbstständiges Bundesland mit eigener Finanzhoheit und gesetzgebender Kompetenz. Als Erstes gelang es mit Hilfe der bereits flächendeckend bestehenden sozialdemokratischen Konsumvereine die Lebensmittelversorgung der Stadt sicherzustellen. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurde ein städtisches Arbeitsamt und eine Arbeitslosenversicherung eingerichtet.

Städtischer Wohnungsbau

Wegen der extremen Wohnungsnot wurde die Schaffung von neuen Wohnungen das wichtigste Ziel der Sozialdemokraten. Mit dem Wohnanforderungsgesetz von 1919 konnte bereits eine bessere Auslastung der Wohnungen erzielt werden. Weil das Mieterschutzgesetz von 1917 die Mieten auf Vorkriegsniveau festschrieb, lohnte sich das Bauen für Privatleute nicht mehr. Mangels Nachfrage von privater Seite waren Bauland und Baukosten für die Gemeinde günstig. Von 1925 bis 1934 entstanden auf diese Weise über 60'000 Wohnungen als Gemeindebau. Grosse Wohnblocks wurden um einen Hof mit weiten Grünflächen gebaut. Berühmte Beispiele sind der Karl-Marx-Hof oder der George-Washington-Hof. Die Wohnungen wurden nach einem Punktesystem vergeben. Familien oder Personen mit einem Handicap, erhielten Pluspunkte. Die neuen Wohnungen wurden zu 40 Prozent mit der Wohnbausteuer und der Rest durch die Luxussteuer und Bundesgelder finanziert. Damit konnte die Mietbelastung in den städtischen Wohnungen für einen Arbeiterhaushalt auf vier Prozent des Einkommens gesenkt werden, während es vorher 30 Prozent waren. Bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit wurde der Mietzins gestundet.

Finanzpolitik

Die Sozialdemokraten führten ein neues Steuergesetz ein. Indirekte Steuern wurden in direkte, einkommensabhängige Steuern mit starker Progression umgewandelt. Auf Reitpferde, grosse Privatautos, Hotelzimmer und andere Luxusgüter wurde eine Luxussteuer erhoben. Die neue Wohnbausteuer war ebenfalls progressiv ausgestaltet. Mit diesen Massnahmen wurden die niederen Einkommen entlastet und die höheren belastet. Trotz aller Unkenrufe aus Wirtschaftskreisen konnte Wien den prozentualen Anteil seiner Arbeitslosen im Verhältnis zum übrigen Österreich oder zu Deutschland senken. Investitionen der Gemeinde wurden direkt durch Steuereinnahmen und nicht über Kredite finanziert. Damit blieb man unabhängig von Kreditgebern, und das Budget wurde nicht durch Schuldzinsen belastet. Auch die Mietzinsen der städtischen Wohnungen konnten so tief gehalten werden.

Gesundheitspolitik

Die städtische Sozial- und Gesundheitspolitik wurde durch günstige Leistungen der städtischen Gas- und Stromwerke und der Müllabfuhr verbessert. Jeder Säugling bekam gratis ein Wäschepaket, damit "kein sozialdemokratisches Baby mehr in Zeitungspapier gewickelt werden musste". Zur Erleichterung der Berufstätigkeit der Mütter und um der Verwahrlosung von Kindern auf der Strasse vorzubeugen, wurden Horte, Kindergärten und Kinderfreibäder eingerichtet. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung war kostenlos. Es gab Angebote für Kuraufenthalte und Ferienkolonien sowie öffentliche Bäder und Sportanlagen zur Körperertüchtigung. Nach den Worten des Vorstehers des Fürsorgeamtes, Julius Tandler , war man sich der gesamtgesellschaftlichen Dimension dieser Massnahmen bewusst: "Was wir für die Jugendhorte ausgeben, werden wir an Gefängnissen ersparen. Was wir für Schwangeren- und Säuglingsfürsorge verwenden, ersparen wir an Anstalten für Geisteskranke." Der Steigerung der Sozialausgaben auf das dreifache der Vorkriegszeit standen eine Reduktion der Säuglingssterblichkeit unter den österreichischen Durchschnitt und der Tuberkulose um die Hälfte gegenüber.

Bildungspolitik

Trotz eingeschränkten Kompetenzen, da Bildung Sache des Bundes war, begann Wien mit einer Schulreform. Otto Glöckel , der von 1919 bis 1920 sozialdemokratischer Unterrichtsminister in Österreich war, wurde als Leiter des Wiener Stadtschulrates die treibende Kraft der Wiener Schulreform. Die Bildungsreform profitierte davon, dass das Wien Sigmund Freuds und Alfred Adlers eine Hochburg der noch jungen Tiefenpsychologie war. Am „Schaltbrett der Erziehung“, in der Lehrerausbildung, in der Elternberatung usw. wirkten vor allem individualpsychologisch ausgebildete Lehrer, Ärzte und Sozialarbeiter. Neue Formen der Schulorganisation ( Arbeitsschule ), der Schülermitbestimmung und der Erwachsenenbildung wurden ausprobiert. Der kostenlose Schulbesuch und Stipendien sollten allen Schichten gleiche Bildungschancen ermöglichen und das Volk für die Demokratie schulen. Nach der Theorie des Austromarxismus sollten Kinder und Erwachsene erzogen werden, um als „neue Menschen“ den Sozialismus zu verwirklichen. Trotz Widerständen wurde der Religionsunterricht von der Kirche getrennt.

Kultur und Freizeit

Die sozialdemokratische Partei kümmerte sich vor allem um den kulturellen Sektor. Gefördert wurden über fünfzig sozialdemokratische Vereine für verschiedenste Interessen inklusive Sportvereine zur Kräftigung des "Körpers für den Kampf der Arbeiterbewegung“. Neben dem eigentlichen Vereinszweck, gab es immer auch Bildungsarbeit und Geselligkeit. Obwohl in diesen Vereinen selbst das Privatleben der Parteimitglieder sozialistisch gestaltet wurde, blieben die meisten Parteimitglieder zu Hause der kleinbürgerlichen Welt verhaftet.

Siehe auch

Weblinks

Wikipedia

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