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Letzte Änderung für Artikel Erzgebirgisch: 09.02.2006 22:39

Erzgebirgisch

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 Erzgebirgisch (oder auch Aarzgebèèrgsch ([ aːɰtskəpɛːɰjkʂ ] nach Lichtensteiner Aussprache)) ist ein deutscher Dialekt , der vor allem in Südsachsen gesprochen wird. Es ist wahrscheinlich eine der am schlechtesten erforschten deutschen Mundarten .

Inhaltsverzeichnis

Verbreitungsgebiet

Das Erzgebirgische wird heute in einem Gebiet gesprochen, das ungefähr den Landkreisen Mittweida (hier nur noch im äußersten Süden), Stollberg, Mittlerer Erzgebirgskreis, Annaberg-Buchholz und Aue-Schwarzenberg entspricht. Im Landkreis Chemnitzer Land findet man Sprecher in und um Lichtenstein . Des Weiteren findet man eine Sprechergemeinschaft im Oberharz in der Region von Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen). Die Vorfahren dieser Sprecher waren Bergleute und sind im 16. Jahrhundert aus dem Erzgebirge dorthin ausgewandert.

Bis 1945 war das Erzgebirgische auch im angrenzenden Sudetenland beheimatet. Hier ist vor allem die Region Kaaden -Duppau zu nennen, in deren Mundart eine Sammlung von Wörtern, Redensarten und Anekdoten veröffentlicht wurde.

Über Sprecherzahlen kann nur spekuliert werden, aber sie dürfte zwischen einer halben und einer ganzen Million liegen.

Genealogischer Zusammenhang mit den anderen deutschen Sprachen

Wie aus den Sprachdaten eindeutig ersichtlich, ist das Erzgebirgische mit Fränkisch , Alemannisch (incl. Schwäbisch und Schweizerdeutsch ) und Bairisch-Österreichisch zu den oberdeutschen Sprachen zu rechnen.

So ist zum Beispiel in vielen dieser Sprachen, wie auch im Erzgebirgischen die klare Tendenz zu erkennen, das deutsche Verbpräfix er- durch andere Präfixe (der- (im Erzg. und im Bair.) oder ver- (im Bair. und Schwäb.)) zu ersetzen (z. B. werzgeb. derschlóóng [ tɔɰʃloːŋ ] ´erschlagen´, derzééln [ tɔɰtseːln ] ´erzählen´).

Auch der Gebrauch der Partikel fei [ faɪ ] ist typisch für den oberdeutschen Sprachraum (wohl hauptsächlich im Fränkischen und Bairischen) und ist auch im Erzgebirgischen weit verbreitet.

Des Weiteren ist auch in allen oben aufgeführten Sprachen die Lautentsprechung des deutschen [o/ɔ] zu dialektalem [u/ʊ] (z. B. werzgeb. huus [ huːs ] ´Hose´), sowie die starke o-Färbung des deutschen [a] (z. B. werzgeb. hóós [ hoːs ] ´Hase´) zu finden.

Ein weiterer Punkt ist der Verlust von silbenschließendem [n] nach langen Vokalen (selten in einsilbigen kurzvokalischen Wörtern, bei denen dann der Vokal gelängt wird (z. B. Lichtenst. moo [ mʌː ] ´Mann´), der im Erzgebirgischen nicht ganz konsequent, aber dennoch weit verbreitet auftritt (z. B. Lichtenst. Huuschdéé [ huːʂʈeː ] ´Hohenstein´ (gemeint ist die Stadt Hohenstein-Ernstthal, in der übrigens nicht Erzgebirgisch, sondern Sächsisch gesprochen wird)).

Auch die vor allem im Lichtensteinerischen oft praktizierte Apokope des Schwa [ə] (geschrieben e) und (seltener) auch des /ɪ/, auch an den unmöglichsten Stellen, ist typisch im Oberdeutschen (z. B. Lichtenst. Réédlz [ ɣeːtˡl̩ts] ] ´Rödlitz´ (der Ort Rödlitz wurde in rezenter Zeit in Lichtenstein eingemeindet)).

Die meisten Gemeinsamkeiten hat das Erzgebirgische mit dem Bairischen . Vermutlich waren es Altbairisch-Sprecher, die vor etwa 1000 Jahren das Erzgebirge besiedelt und die vorher dort ansässigen Slawen verdrängt haben.

Unterdialekte

Erzgebirgisch ist in zwei wichtige Unterdialekte gegliedert, nämlich das Ost- und das Westerzgebirgische. Osterzgebirgische Mundarten verwenden ni(ch) [ nɪ(ç) ] als Negation, wogegen im Westerzgebirgischen net [ nɛt ] gebraucht wird. Jedoch sind die Gebiete dieser Unterdialekte nicht klar abgrenzbar. So findet man in Lichtenstein , das an der nordwestlichen Sprachgrenze liegt, sowohl die eine als auch die andere Negation (ni ist sogar häufiger anzutreffen). Wie im Osterzg. wird daneben auch in Lichtenstein standard-deutsches kl... und gl... bzw. kn... und gn... am Wortanfang als [tl...] resp. [tn...] gesprochen (z. B. dléé [ tˡleː ] ´klein´, dnuchng [ tⁿnʊxŋ̍ ] ´Knochen´).

Auch die Oberharz-Mundarten können nicht eindeutig einer der beiden Gruppen zugeordnet werden. Weiterhin gibt es vor allem in der Grenzregion zum Sächsischen starke Beeinflussung durch die nichterzgebirgischen Nachbardialekte, die eine Subklassifikation weiter erschwert.

Zusammenfassend lassen sich also vier Dialekte feststellen:

Dialekt Verbreitungsgebiet
OsterzgebirgischMittlerer Erzgebirgskreis, Landkreise Annaberg-Buchholz, Mittweida, (Sudetenland)
WesterzgebirgischLandkreis Aue-Schwarzenberg, (Sudetenland)
NordwesterzgebirgischLandkreise Chemnitzer Land (Region Lichtenstein), Stollberg
OberharzischRegion Clausthal-Zellerfeld und St. Andreasberg (Niedersachsen)

Sprachgebrauch und Zukunft des Dialekts

Es gibt keine offiziellen Bestrebungen, Erzgebirgisch zu verschriftlichen, obgleich es doch zahllose in Mundart verfaßte Geschichtchen und Gedichtchen gibt. Diese unterliegen jedoch keinerlei orthographischer Norm, sodass eine linguistische Analyse dieser Mundart nur durch Feldforschung am Muttersprachler selbst zu bewerkstelligen sein kann. Auch die weitverbreitete irrige Meinung, Erzgebirgisch sei ein sächsischer Bauern-Slang, kann kaum zu ernsthaften Bestrebungen führen, diesen linguistisch sehr interessanten Dialekt zu pflegen und zu erhalten.

Aussprache und Vorschlag für eine praktische Orthographie

Länge wird durch Doppeltschreibung des betreffenden Vokals (oder Konsonanten ) ausgedrückt. Die einzelnen Laute werden durch folgende Zeichen(folgen) wiedergegeben:

Zeichen IPA Phonetik Beispiel
a[a] tiefer, vorderer Vokal Dt. Kappe, oft sogar wie im engl. hat ([æ])
b[p] stimmloser(!) bilabialer Plosiv Dt. Staub
ch[ç] stimmloser palataler Frikativ nach vorderen, nichttiefen Vokalen(#) Dt. ich,
[ʂ] stimmloser leicht retroflexer Frikativ im gleichen Kontext im Nordwestdialekt(#)
[x] stimmloser velarer Frikativ nach nichttiefen hinteren Vokalen Dt. Buch
[χ] stimmloser uvularer Frikativ nach tiefen Vokalen Dt. Bach
d[t] stimmloser(!) alveolarer Plosiv Dt. Leid
e[ə] Schwa (vor r in der gleichen Silbe als [ɔ] gesprochen!) Dt. Kutte
è[ɛ] mittelhoher vorderer Vokal Dt. Wette
é[e] gespannter mittlerer vorderer Vokal Dt. Feder
f[f] stimmloser labiodentaler Frikativ Dt. F
g[k] stimmloser(!) velarer Plosiv Dt. flog
h[h] stimmloser glottaler Frikativ Dt. Haus
i[i/ɪ] hoher vorderer Vokal Dt. Witz
k[kʰ] stimmloser aspirierter velarer Plosiv Dt. Kante
l[l] alveolarer Lateralapproximant Dt. Lied
m[m] bilabialer Nasal Dt. Mutter
n[n] alveolarer Nasal Dt. Name
ng[ŋ] velarer Nasal Dt. Anfang
o[ʌ] ungerundeter(!) mittelhoher hinterer ungespannter Vokal Engl. but
ò[ɔ] gerundeter mittelhoher hinterer ungespannter Vokal (#) Dt. Topf
ó[o] gerundeter mittelhoher hinterer gespannter Vokal Dt. Auto
pf[pf] stimmlose labiale Affrikate (#) Dt. Pfand
r[ɣ] stimmhafter velarer Frikativ vor Vokalen Holl. geeert
[ɰ] velarer Zentralapproximant
s[s] stimmloser alveolarer Frikativ Dt. Faß
sch[ʃ] stimmloser postalveolarer Frikativ (im Nordwestdialekt leicht retroflex ([ʂ])!) Dt. scheinen
tsch[tʃ] stimmlose postalveolare Affrikate (im Nordwestdialekt leicht retroflex ([ʈʂ])!) Dt. Matsch
u[u/ʊ] (gerundeter) hinterer hoher Vokal (oft tendenziell ungerundet!) Dt. Butter
w[v/ʋ] labiodentaler stimmhafter Frikativ oder Zentralapproximant Dt. Wanne
z[ts] stimmlose alveolare Affrikate Dt. Zug

(#) ... dieser Laut existiert nicht in allen Unterdialekten

Neben diesen allgemeinen orthographischen und phonetischen Regeln ist zu beachten, dass die Vokale (außer a und Schwa ) deutlich zentralisiert gesprochen werden, d.h. die hinteren Vokale o, ó, ò, u werden weiter vorn gesprochen als im Deutschen, die vorderen Vokale é, è und i werden weiter hinten gesprochen als es im Deutschen der Fall ist. Die stimmlosen unaspirierten Plosive tendieren vor allem in der Umgebung von Nasalen und Vokalen dazu, stimmhaft zu werden.

Grammatische Besonderheiten

Die in diesem Absatz aufgeführten Beispiele entstammen dem Nordwestdialekt, außer wenn ausdrücklich etwas anderes dort steht.

Wie auch im Deutschen inzwischen weit verbreitet, verschwand im Erzgebirgischen der Genitiv nahezu völlig. Die Possessivkonstruktion (das A des B) wird durch verschiedene Konstruktionen ersetzt. Ist der Possessor/Besitzer menschlich, oder zumindest belebt, so wird zumeist eine Struktur mit Dativ und Possessivpronomen bevorzugt: (dem B sein A). In den übrigen Fällen kann man nur mit der Präposition f(u)n (Dt. von) arbeiten: (das A von B). Bei nicht- abstrakten Possessoren bildet man auch oft Komposita , wie dt. Haustür für Tür des Hauses.

Beispiele:

n´Hons seine hitsch
dem Hans seine Fußbank

"die Fußbank von Hans"

de fanster fun den haus
die Fenster von diesem Haus

"die Fenster dieses Hauses"


Einige Substantive bilden im Erzgebirgischen ihren Plural anders als im Deutschen. So verwendet man meistens die Endung -n (ohne Umlautbildung ), um Nomen auf -(e)l in den Plural zu setzen. Aber auch andere Wörter unterscheiden sich in der Wahl ihrer Pluralendung:

Singular (Erzg.) Singular (Dt.) Plural (Erzg.) Plural (Dt.)
fuuchl Vogel fuuchl-n Vögel
noochl Nagel noochl-n Nägel
maadl Mädchen maadl-n Mädchen
most Mast mast-e Masten

Auch in der Bildung des Präteritums unterscheiden sich einige Wörter. So ist zum Beispiel schmègng (dt. schmecken) ein stark gebeugtes Verb im Erzgebirgischen: schmoog (dt. schmeckte). Auch das Verb froon (dt. fragen) bildet ein starkes Präteritum: fruuch (dt. fragte).

Vor allem im Westerzgebirgischen, aber auch in Lichtenstein findet man folgende Konstruktion:

nei(´n) der schdod
in hinein der Stadt

"in die Stadt (hinein)"


Die eigentliche Präposition ´n (dt. in) entfällt in Lichtenstein nie, im Westerzgebirgischen durch noch konsequenteren [n]-Schwund jedoch meistens. Dadurch sieht es aus, als wäre nei die Präposition. Zu beachten ist auch, dass das betreffende Ziel nicht wie im Deutschen mit dem Akkusativ steht, sondern mit dem Dativ . Dass eine Bewegung gemeint ist, wird durch die deiktische Partikel nei ausgedrückt.

Ein weiteres Sprachbeispiel

(Dialekt von Lichtenstein)

A:Wuukumsddééduuizehaar?
[ vuː kʰʊmst teː tuː ɪtsə haːɰ ]
Wokommstdenndujetzther?
B:Doskoo(i)schderfeinisoon.
[ tʌs kʰʌː (ɪ)ʂ tɔɰ faɪ sʌːn ]
DaskannichdirPTCLnichtsagen.

Bemerkungen zu Satz B:

Wie in allen Beispielen in diesem Artikel wurde auch hier die oben erläuterte Orthographie angewendet. Man spricht also koo nicht wie man im Deutschen Co-... (z.B. in Co-Trainer) ausspricht, sondern der Vokal ist eher ein sehr weit hinten gesprochenes a. Das gleiche gilt natürlich für soon.

Das Personalpronomen (i)sch (in Lichtenstein wird wegen des Sprachkontakts zum Sächsischen zwischen ch (nach vorderen nichttiefen Vokalen) und sch nicht unterschieden) lautet in der schnellen Aussprache meist nur sch. Schnell gesprochen könnte man den Satz B auch so schreiben: S-koo-sch-der fei ni soon. Dabei klingt der Anfang wie ein zweisilbiges Wort [ skʰʌːʂtɔɰ ].

Einige Sprecher in Lichtenstein sagen statt [ kʰʊmst ] [ kʰɪmst ] (Dt. kommst). Auch dies ist ein Fakt, der für eine nahe Verwandtschaft mit dem Bairischen spricht. Die Aussprache mit [ɪ] ist dort wie auch in einigen anderen oberdeutschen Mundarten verbreitet.

Literatur

Einziges mir bekanntes linguistisches Werk zum Erzgebirgischen ist: Erich Borchert: Sprach- und Gründungsgeschichte der erzgebirgischen Kolonie im Oberharz. Marburg 1927

Wiktionary: erzgebirgisch – Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen

Wikipedia

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