Kölner Klüngel
Als Kölner Klüngel oder auch "Kölsche Klüngel" wird ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten bezeichnet, das zur Vermischung von gesellschaftlichen, politischen und industriellen Interessen führen, also zur Korruption mutieren kann. Im Alltagsgebrauch ist "Klüngel" im Kölner Raum allerdings eher positiv besetzt, im Sinne von "eine Hand wäscht die andere".
Der Begriff "Klüngel" stammt aus dem 19. Jahrhundert und bezeichnete ursprünglich ein Faden- oder Zwirnknäuel. Außerhalb von Köln wird Nepotismus (Vetternwirtschaft), Filz oder "Bimbeswirtschaft"' synonym verwendet.
Inhaltsverzeichnis |
Historische und aktuelle Beispiele
Der Klüngel entwickelte sich aus der enormen Heiligenverehrung der Kölner (siehe hierzu auch das Kölner Wappen und die Heilige Ursula mit den 11.000 Jungfrauen). Diese Heiligenverehrung bedeutete ein ständiges Geben und Nehmen.
Nach der Schlacht von Worringen 1288 übernahmen 15 Patrizierfamilien vom Erzbischof das Stadtregiment und lenkten die Politik ihrer Stadt nach eigenem Gusto. 1396 erzwangen die erstarkten Kaufleute und Handwerker im Verbundbrief mit ihren politischen Gaffeln eine Teilhabe an der Politik. Bürgermeister und Ratsmitglieder aus immer denselben Familien sind jedoch ein Indiz dafür, dass sich nicht viel geändert hatte. Dieses System herrschte bis in die Zeit Napoleons .
Nach 1815 gehörte Köln zu Preußen , und es soll seriöser zugegangen sein. So galt beispielsweise die Regel, dass niemals Vater und Sohn gleichzeitig ein Amt im Rat bekleiden durften. Politische Würdenträger sollten wohlhabend und damit unempfindlich für illegitime Geldeinnahmen im Amt sein.
Anfang des 20. Jahrhunderts prägte hingegen Konrad Adenauer, der Oberbürgermeister, die Parole „Mer kennt sisch, mer hilft sisch“. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Prinzip weiterhin zur Anwendung. Eine demokratisch nicht legitimierte Vierergruppe traf sich regelmäßig in einem Hotel und legte die Stadtpolitik fest, die der Rat dann bestätigen durfte. Beförderungslisten der Stadtverwaltung kursierten bei der herrschenden Partei und wurden nach Gutdünken geändert. Unqualifizierte „Schwächte“ besetzten hoch dotierte Posten bei den stadtnahen Gesellschaften. Ein Psychiater wurde Aufsichtsratsvorsitzender des Köln/Bonner Flughafens, ein ehemaliger Verwaltungsinspektor dessen Technischer Direktor.
Aktuelles Beispiel für einen aufgeflogenen Klüngel dürfte der Politskandal um den Neubau der Kölner Messegesellschaft sein, nicht allzu lange zurück liegt der Skandal um den Bau einer Müllverbrennungsanlage . Die politischen Mehrheitsverhältnisse wurden durch Dankeschönspenden, Beraterverträge und hochdotierte Posten manipuliert. Das Kölner Landgericht bezifferte den Schaden, der durch die Schmiergeldzahlungen um die Kölner Müllverbrennungsanlage entstanden ist, auf 20,4 Millionen Euro. Das Verfahren gegen den Müllunternehmer Hellmut Trienekens wurde 2005 gegen Zahlung von 5 Millionen Euro eingestellt. Warum die Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG) auf den vollen Schadenersatz verzichtete, ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar.
Weitere Begriffsdefinitionen
Klüngel - der, ugs. für Dinge, die meist keine weitere Verwendung finden, in Verbindung zu bringen mit dem Klüngelskerl (oftmals auch "Klüngelspit" genannt) und dem Flohmarkt
klüngeln - sich verspäten, herumstreunen
Siehe auch
- Gschmäckle
- Verwaltungsethik
Literatur
- Erwin K. Scheuch : Cliquen, Klüngel und Karrieren. Rowohlt, 1992, ISBN 3-4991-2599-4 . Das soziologische Standardwerk zum Phänomen politischer Korruption am Beispiel des Kölner Klüngels.
- Peter Demant: Die Stadtpaten oder Die Müllmafia, Dokumentarischer Köln-Krimi, Schardt Verlag Oldenburg 2005, ISBN 3-89841-174-5
- Werner Rügemer: Colonia Corrupta - Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels, 2005, ISBN 3896915258
- Anni Hausladen/Gerda Laufenberg: Die Kunst des Klüngelns. Erfolgsstrategien für Frauen. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt 2000, ISBN 3-80520-676-3
Weblinks
- Kölner Bachem-Verlag verscheucht Klüngel-Kritiker aus der taz-Köln 29. August 2002
Kategorien : Kultur (Köln) | Soziales Netzwerk
Wikipedia
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Kölner Klüngel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation . In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren des Artikels Kölner Klüngel verfügbar.