Nordstaat
Als Nordstaat wird ein neues, im Zuge einer möglichen Neugliederung der deutschen BundeslĂ€nder entstehendes Bundesland bezeichnet, dessen Name von der Variante der möglichen ZusammenschlĂŒsse abhĂ€ngt. Die Schaffung eines Nordstaates ist regelmĂ€Ăig Gegenstand von Diskussionen in Politik und Wirtschaft.
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Varianten eines zukĂŒnftigen Staatsgebietes
Vier Varianten werden diskutiert (Nordstaat: grĂŒn, Nordoststaat: rot, Niedersachsen: hellgrĂŒn)
Der Zusammenschluss der fĂŒnf BundeslĂ€nder Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen zu einem gemeinsamen norddeutschen Bundesland. Brandenburg und Berlin bilden ein gemeinsames Bundesland, zu dem gelegentlich auch der Landesteil Vorpommern von Mecklenburg-Vorpommern gerechnet wird. | |
Der Zusammenschluss der vier BundeslÀnder Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen zu einem gemeinsamen 'Nordweststaat; Mecklenburg-Vorpommern als Teil eines Nordoststaats mit Berlin-Brandenburg. | |
Der Zusammenschluss der drei BundeslÀnder Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zu einem Nordstaat. Niedersachsen und Bremen zu Niedersachsen. | |
Der Zusammenschluss der zwei BundeslÀnder Schleswig-Holstein und Hamburg zu einem Nordstaat (meist als Nordelbien bezeichnet). Niedersachsen und Bremen zu Niedersachsen. Mecklenburg-Vorpommern als Teil eines Nordoststaats mit Berlin-Brandenburg. |
Zu diesen Fusionsvarianten gibt es noch eine Reihe von VorschlĂ€gen fĂŒr Grenzkorrekturen.
Zielsetzungen und Motive
Ziel der Zusammenlegung sind Kosteneinsparungen und eine damit verbundene Erhöhung der Effizienz in Politik und Verwaltung. Kernargument ist hierbei eine Verringerung von Dauerwahlkampf . Zudem werden norddeutsche kulturelle Gemeinsamkeiten betont ( Nordsee / Ostsee , Friesland, Hanse, Niederdeutsche Sprache , Backsteingotik, etc.). Auch auf die gemeinsame Historie wird hingewiesen, im Hinblick auf den Norddeutschen Bund . Gegner eines Zusammenschlusses fĂŒhren den Verlust kultureller IdentitĂ€t und eine geringere politische Einflussnahme als Argumente an (s.u.: Politische Nachteile). Der Name eines zusammengelegten Staates könnte kaum einfach aus einer ZusammenfĂŒgung der bisherigen Namen bestehen, und bestimmte oder alle historischen Gebiete verlören ihre Vertretung im Landesnamen. Die historische KĂŒnstlichkeit des Staates trĂ€te bis zur Bildung einer neuen IdentitĂ€t klar zutage. Ebenso mĂŒsste im Falle einer Fusion ĂŒber eine Neuregelung des schleswig-holsteinischen Minderheitenschutzes nachgedacht werden.
Andere Neugliederungen
Siehe Hauptartikel: Neugliederung
Seit der Fusion von Baden, WĂŒrttemberg-Baden und WĂŒrttemberg-Hohenzollern (zu Baden-WĂŒrttemberg) im Jahre 1952 hat keine Neugliederung mehr stattgefunden. 1996 scheiterte die geplante Vereinigung von Berlin und Brandenburg zu einem Land Berlin-Brandenburg in einer Volksabstimmung , das Thema ist aber immer noch in der Diskussion und soll 2009 zur erneuten Abstimmung kommen.
Zusammenschluss Hamburg/Schleswig-Holstein
Faktisch wird das Entstehen eines Nordstaates (Nordelbien) durch die Entwicklung der EuropĂ€ischen Metropolregion Hamburg gefördert. Vorbereitend wird politisch der Zusammenschluss mehrerer schleswig-holsteinischer Landkreise im Hamburger SpeckgĂŒrtel auf Kreisebene diskutiert. Politisch annĂ€hernd realistisch erscheint fĂŒr die nĂ€chsten Jahre derzeit in Norddeutschland nur der bilaterale Zusammenschluss von Hamburg und Schleswig-Holstein zu einem neuen Bundesland. Ein solches Land hĂ€tte eine FlĂ€che von 16.518,34 kmÂČ (in der Rangfolge der LĂ€nder also dann gröĂer als ThĂŒringen) und ca. 4.558.000 Einwohner (in der Rangfolge dann Platz 6 anstatt bisher Platz 9). Ein Problem wĂ€re aber, dass Hamburg als Hauptstadt kein sĂŒdliches Hinterland hĂ€tte. Es wĂŒrde dann diskutiert werden, ob Niedersachsen seine nördlichen Landesteile (Umland von Stade und LĂŒneburg) an diesen Nordstaat abtritt, da dieses Gebiet zum Einzugsbereich von Hamburg gehört, wobei es nicht geklĂ€rt ist, ob Hamburg die Hauptstadt werden wĂŒrde. Hamburg wĂ€re aber erste Wahl vor Kiel und LĂŒbeck. Auch mĂŒsste fĂŒr Kiel oder im zweiten Fall Hamburg fĂŒr den Funktionsverlust als Landeshauptstadt oder Freie und Hansestadt ein Ausgleich geschaffen werden.
Politische Nachteile einer Neuordnung
Das entscheidende Problem von Politik und Parteien im Hinblick auf eine Neuordnung ergibt sich aus den Bevölkerungszahlen der neu geschaffenen LĂ€nder. Nach Art. 51 Abs. 2 GG hat jedes Bundesland im Bundesrat mindestens 3 Stimmen, ab 2 Millionen Einwohner 4 Stimmen, ab 6 Millionen Einwohner 5 Stimmen und ab 7 Millionen Einwohner die Höchststimmzahl von 6 Stimmen. Die kleinen LĂ€nder werden also in der Wichtung der Stimmen begĂŒnstigt und sind, solange der Bundesrat in der Machtbalance auf Bundesebene noch die erhebliche Bedeutung hat, fĂŒr die jeweilige Stimmrechtsmehrheit im Bundesrat oftmals ausschlaggebend, insbesondere wenn diese politisch nicht mit der des Bundestages ĂŒbereinstimmt (s. a. Liste der deutschen BundeslĂ€nder, geordnet nach Einwohnerzahl). Derzeit hat Hamburg 3 und Schleswig-Holstein 4 Stimmen. Bei einem Zusammenschluss wĂ€ren es nur noch 4, also eine SchwĂ€chung der norddeutschen Positionen im Bundesrat um 3 Stimmen, die Stimmkraft im Bundesrat pro Einwohner wĂŒrde sich in etwa halbieren. Daraus könnte man schlieĂen, dass die Ausgestaltung des Art. 51 Abs. 2 GG einer Neuordnung des Bundesgebietes nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in Berlin-Brandenburg und bei der Frage nach der Existenzberechtigung des Saarlandes entgegensteht und damit Machtbalancen unserer Parteiendemokratie sichert. Insofern werden nur zwingende wirtschaftliche Einsparungen im Bereich von Politik und Verwaltung und der erkennbare Wille der Bevölkerung den Weg zu einem Nordstaat ebnen, und eine erneute Ănderung der StimmrechtsverhĂ€ltnisse im Bundesrat wird mit diesem Prozess einhergehen mĂŒssen.
Aktuelle Diskussion 2005
Im Februar 2005 regte Hamburgs BĂŒrgermeister Ole von Beust eine Zusammenlegung der LĂ€nder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein binnen 12 Jahren an. Schleswig-Holsteins MinisterprĂ€sident Peter Harry Carstensen teilte in der Presse die Auffassung, dass ein Nordstaat die Zukunft sei, wies aber darauf hin, dass dies wohl "eine Aufgabe fĂŒr die nĂ€chste Generation" sei. Auch der bis Mai 2005 amtierende schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Rohwer hatte sich mehrfach fĂŒr den Zusammenschluss Hamburgs und Schleswig-Holsteins zu einem Nordverbund ausgesprochen. Ein solcher Zusammenschluss wird vor allem in der KERN-Region von Schleswig-Holstein kritisch gesehen. Im Oktober 2005 erwartet Ole von Beust Nordelbien innerhalb der nĂ€chsten 15 Jahre, hĂ€lt aber eine groĂe Lösung unter Einbeziehung Niedersachsens fĂŒr "unregierbar". Niedersachsens MinisterprĂ€sident Christian Wulff hĂ€lt sich zu diesem Thema bedeckt, Bremen beharrt traditionell auf seiner EigenstĂ€ndigkeit.
Der brandenburgische MinisterprĂ€sident Matthias Platzeck befĂŒrwortet dagegen einen Nordoststaat bestehend aus Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Wahrscheinlichkeiten
Die Verhandlungslehre zeigt, dass multilaterale Einigungen weitaus schwerer zu erreichen sind als bilaterale. Daher ist die gleichzeitige Vereinigung von mehr als zwei LĂ€ndern nach deren Gesetzen als Ă€uĂerst problematischer politischer Willensbildungsprozess einzustufen und dementsprechend unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist daher zunĂ€chst der Zusammenschluss von jeweils zwei LĂ€ndern denkbar, also Hamburg und Schleswig-Holstein einerseits und Niedersachsen und Bremen andererseits. Vom Verlauf der jeweiligen Integrationsprozesse wĂŒrde es abhĂ€ngen, ob sich diese beiden neuen Einheiten weiter annĂ€hern. Eine Einbeziehung von Mecklenburg-Vorpommern ist in der Diskussion derzeit nicht ansatzweise absehbar, sondern reiner "grĂŒner Tisch" im Sinne von Generalstabsplanungen des 19. Jahrhunderts. Mecklenburg-Vorpommern ist selbst ein Kunststaat, der Landesteil Mecklenburg tendiert historisch stĂ€rker zu Norddeutschland , wĂ€hrend Vorpommern als ehemalige preuĂische Provinz Pommern vor dem Krieg von Stettin aus regiert wurde und daher mehr in der Tradition Brandenburgs steht.
Siehe auch
- Föderalismus in Deutschland
- Norddeutschland
- Norddeutscher Staat
- Politische Zusammenfassungen in der Geschichte: Hanse, Departement Bouches-de-l'Elbe , Norddeutscher Bund
- Nordelbische Kirche (ev.), Erzbistum Hamburg (kath.)
- KERN-Region
- Neugliederung
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Wikipedia
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