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Letzte Änderung für Artikel Bairische Sprache: 19.02.2006 21:53

Bairische Sprache

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Bairisch
Gesprochen in: Deutschland , Österreich , Italien , Tschechien , Ungarn , Schweiz
Sprecher: etwa 12 Millionen
Linguistische
Klassifikation :
  • Indogermanisch
    Germanisch
    West-Germanisch
    Deutsch
    Oberdeutsch
           Bairisch
Offizieller Status
Amtssprache in: -
Sprachcodes
ISO 639 -1: -
ISO 639 -2: gem -
SIL : BAR
Das Bairische innerhalb der oberdeutschen Sprachengruppe: Nordbairisch (hellblau), Mittelbairisch (blau) und SĂŒdbairisch (dunkelblau)
Das Bairische innerhalb der oberdeutschen Sprachengruppe: Nordbairisch (hellblau), Mittelbairisch (blau) und SĂŒdbairisch (dunkelblau)

Das Bairische, verschiedentlich auch Bairisch-Österreichisch genannt, ist eine Gruppe von Dialekten im SĂŒden des deutschen Sprachraumes . Es bildet zusammen mit dem Alemannischen die Gruppe der oberdeutschen Mundarten. Trotz des Namens wohnt mehr als die HĂ€lfte aller Bairischsprecher außerhalb Bayerns; zum Verbreitungsgebiet seiner Dialekte gehören alle Gebiete in Österreich östlich des Arlbergs sowie SĂŒdtirol und zimbrische-karnische Sprachinseln in Oberitalien.

Inhaltsverzeichnis

Etymologisches

Das Wort Baier leitet sich wahrscheinlich vom keltischen Volk der Boier ab. Man nimmt an, dass es ein Produkt der Völkerwanderung und durch die Vermischung mit verschiedenen StĂ€mmen und Völkern entstanden ist, wĂ€hrend die Römer die Gebiete sĂŒdlich der Donau aufgaben. Das bairische Volk ging aus den Markomannen, ThĂŒringern, Alemannen, verschiedenen frĂ€nkischen StĂ€mmen, aus Überbleibseln der Ostgoten wie auch verschiedensten keltischen und romanischen Völkern sowie den RĂ€toromanen und den oben genannten Boiern hervor. Es wurde schriftlich erstmals um das Jahr 500 genannt.

Das daraus entstandene Volk der Baiern breitete sich ĂŒber das heutige Baiern östlich des Lech und im Laufe des Mittelalters ĂŒber ganz Österreich östlich des Arlberg, SĂŒdtirols und einigen Gebieten in Westungarn (heutiges Burgenland), Italiens, sowie Teile des heutigen Slowenien und Tschechien aus. In dieser Zeit vermischten sich die Baiern vor allem in SĂŒd- und Ostösterreich, wie auch in SĂŒdtirol östlich der Etsch mit den dort lebenden Slawen und in SĂŒdtirol westlich der Etsch genauso wie in Nordtirol mit den RĂ€toromanen, was vor allem noch durch Ortsnamen und DialektausdrĂŒcke bezeugt werden kann.

Die drei Dialektgebiete entstanden zum einen durch die Abtrennung von Gebieten vom Herzogtum Baiern wie auch durch Isolation, die durch die geografischen Gegebenheiten hervorgerufen wurden. So erstreckt sich z.B. der sĂŒdbairische Dialekt in Tirol fast nur auf die Gebiete der alten Grafschaft Tirol, zu der das Tiroler Unterland und das Außerfern nicht gehörte. KĂ€rnten wurde schon unter Karl dem Großen erstmals von Baiern abgetrennt, genauso wie wenig spĂ€ter die Steiermark. Mit den nordbairischen Dialekten verhĂ€lt es sich Ă€hnlich, weil sich auch die MachtverhĂ€ltnisse vor allem in der Oberpfalz im Laufe der Zeit geĂ€ndert haben. Die Mischgebiete zwischen dem Mittel- und SĂŒdbairischen sind einerseits durch die Zugehörigkeit zum Herzogtum Österreich (Tiroler Unterland zu Tirol und Steiermark zu Österreich) wie auch durch Wanderbewegungen wie z.B. im damaligen Bistum Salzburg zurĂŒckzufĂŒhren. Man kann also sagen, dass sich die Dialektgrenzen im großen und Ganzen auf Grenzziehungen im FrĂŒh- und Hochmittelalter und in seltenen FĂ€llen auch in der frĂŒhen Neuzeit zurĂŒckzufĂŒhren sind.

Ausbreitung und Abgrenzung

Mit mehr als 12 Millionen Sprechern bildet das Bairische (oder Ostoberdeutsche) das grĂ¶ĂŸte zusammenhĂ€ngende Dialektgebiet der deutschen Dialekte. Zum Bairischen gehören die Mundarten folgender Gebiete:

  • die Regierungsbezirke Oberbayern , Niederbayern , Oberpfalz , sowie der Landkreis Aichach-Friedberg des Regierungsbezirks Schwaben im Freistaat Bayern, die das sogenannte Altbayern bilden.
  • alle BundeslĂ€nder der Republik Österreich mit Ausnahme von Vorarlberg sowie dem Nordteil des Tiroler Außerfern.
  • SĂŒdtirol .
  • Samnaun in GraubĂŒnden ( Schweiz ) sowie im Schweizer MĂŒnstertal (ebenfalls GraubĂŒnden) .
  • die Sieben Gemeinden und die Dreizehn Gemeinden , Lusern, Fersental, Sappada, Sauris , Timau in Oberitalien (siehe auch Zimbern ), in denen sich wegen der jahrhundertelangen Isolation der Ortschaften alt- und mittelhochdeutsche Elemente des Bairischen in mehreren lokalen Varianten erhalten haben.
  • die Mundarten der deutschstĂ€mmigen Bevölkerung in SĂŒd- und West böhmen (sĂŒdliches Sudetenland , Egerland ).
  • die von den Hutterern in Kanada und den USA gesprochene deutsche Sprachform (das Hutterische ).

Als Übergangsgebiet gilt der NĂŒrnberger Raum, in dem das Bairische zumindest teilweise gesprochen wird, und Einfluss auf das dorthin von Norden her vorgedrungene OstfrĂ€nkische hat.

Bairisch gehört zusammen mit SchwÀbisch und Alemannisch zu den oberdeutschen Dialekten des Hochdeutschen .

Vorwort zu Schrift und Aussprache

Zur Aussprache der als Beispiele angegebenen bairischen Wörter siehe hier. Da es keine allgemeinverbindliche Orthographie fĂŒr das Bairische gibt, und die lautlichen Unterschiede regional sehr groß sein können, sollte der Leser dieses Artikels beachten, dass das ein oder andere bairische Wort innerhalb des Artikels in verschiedenen Schreibweisen auftauchen mag. Dies ist nicht zuletzt darauf zurĂŒckzufĂŒhren, dass an diesem Artikel Autoren mitarbeiten, deren Heimatdialekte in starkem Maße voneinander abweichen, und dass ein allgemeiner Konsens ĂŒber die Verschriftlichung der bairischen Sprache auch innerhalb der Wikipedia-Gemeinde noch nicht erreicht wurde.

Innere Untergliederung

Das Bairische kann lautgeographisch anhand historischer Isoglossen eingeteilt werden in Nord-, Mittel- und SĂŒdbairisch:

Nordbairisch

Nordbairisch wird im grĂ¶ĂŸten Teil der Oberpfalz und im östlichen Oberfranken gesprochen, wobei in Regensburg (Stadt und Land) und in Teilen der Landkreise Regen (Niederbayern), Cham und Kelheim (Niederbayern) Mischformen aus Nord-und Mittelbairisch verbreitet sind.

Das Nordbairische ist eine sehr urtĂŒmliche Variante des Bairischen, die noch viele Archaismen bewahrt, die anderswo lĂ€ngst ausgestorben sind. Es hat viele lautliche Eigenheiten und wird in anderen Gegenden Bayerns und Österreichs nur schlecht verstanden.

Schriftdeutsch a wird wie im Donaubairischen vollstĂ€ndig verdunkelt und klingt wie ein offenes o (z.B. bald = bold). Mittel- und SĂŒdbairisch oa erscheinen im Nordbairischen oft als oi (so klingt a kloana Stoa in der Oberpfalz wie a kloina Stoi).

Das Nordbairische/OberpfĂ€lzische zeichnet sich besonders durch die „gestĂŒrzten Diphthonge“ aus; Dem standarddeutschen Bruder entspricht hier beispielsweise BroĂșda anstatt BruĂĄda wie im Bairischen sĂŒdlich der Donau. Die FrĂŒhe, also der „frĂŒhe Morgen“, wir zur FrĂ€ih (mittelbair. Fruah oder Friah). Außerdem tritt hier das Personalpronomen dess/dĂ©Ă©s bzw. diĂĄ fĂŒr die 2. Person Plural auf.

Verben mit Doppelvokalen wie au oder ei enden im OberpfÀlzischen konsequent auf -a (schauen = schaua / freuen = freia) .

L im Wortinneren wird anders als im Mittelbairischen (und genauso wie im benachbarten FrĂ€nkischen) nicht vokalisiert, sondern bleibt als Konsonant erhalten (z.B. Wald entspricht oberpfĂ€lzisch Wold, demgegenĂŒber mittelbairisch Woid; spielen = spĂŒln / spöln gegenĂŒber mittelbairisch spuin / spĂŒĂŒn).

Verkleinerungs- und Koseformen lauten in der Mehrzahl meist auf -la („Moila“ = (die) MĂ€dchen)

Die Mundart im östlichen Mittelfranken (einschließlich NĂŒrnberg) zeigt starken nordbairischen Einschlag und markiert damit ein bairisch-frĂ€nkisches Übergangsgebiet. (so sagt man auch im benachbarten NĂŒrnberger Land „es dout mi raia“, was so viel heißt wie „es reut mich“)

Das im sĂŒdlichen Burgenland gesprochene Heanzische („Heinzisch“) geht auf das OberpfĂ€lzische zurĂŒck, da die Region von Siedlern aus dem Fichtelgebirge und der nördlichen Oberpfalz bevölkert wurde. Dies ist noch heute am Wortschatz und lautlichen Übereinstimmungen leicht auszumachen. Die SĂŒd- und Oststeirer sprechen den gleichen Dialekt, bezeichnen ihre Mundart aber lieber als „steirisch“. Sie rĂŒckten im Laufe der Zeit vom Eigennamen „Heanzen“ ab.

Das „WĂ€ldlerische“, wie man die Mundart des Bayerischen Waldes nennt, vereinigt nord- und donaubairische Merkmale, wobei das nordbairische Element ĂŒberwiegt.

Mittelbairisch

Mittelbairisch wird in Niederbayern, Oberbayern, im SĂŒden der Oberpfalz, in Oberösterreich, Niederösterreich, der Obersteiermark, Wien und im Burgenland, ĂŒbergangsweise im Tiroler Unterland und im Land und der Stadt Salzburg gesprochen. Es hat großen Einfluss auf seine Schwesterdialekte im Norden und SĂŒden, da fast alle grĂ¶ĂŸeren StĂ€dte des bairischen Sprachgebiets im Donauraum liegen; dies hat auch zur Folge, dass Mittelbairisch ein höheres Prestige genießt und auch außerhalb seines Sprechergebiets weithin bekannt ist. Die regionalen Unterschiede entlang der Donautiefebene vom Lech bis zur Leitha sind im allgemeinen geringer als die Unterschiede zwischen den verschiedenen AlpentĂ€lern des SĂŒdbairischen.

Allgemeines Kennzeichen dieser Mundarten ist, dass fortis -Laute wie p, t, k abgeschwĂ€cht werden zu den lenis -Lauten b, d, g. Beispiele: BĂšch, DĂ„g, Gnechd („Pech, Tag, Knecht“). Lediglich k- bleibt im Anlaut vor Vokal als fortis erhalten (zum Beispiel in KhuĂĄ „Kuh“). Außerdem wird auslautendes -n vokalisiert, wie in kĂŽĂŽ („kann“) oder MĂŽĂŽ („Mann“).

Als Verkleinerungsformen werden -l oder -al verwendet (FrĂąnzl / Katzal). Im Grenzgebiet zwischen SĂŒd- und Westmittelbairisch (Salzburger Alpengaue, Berchtesgaden, steirisches Tauerngebiet, Tiroler Unterland, Bayerisches Oberland) hört man hĂ€ufig -ai als Koseform (Dirnai = MĂ€dchen, Keschzai – Kerzlein usw.)

Das Mittelbairische lĂ€sst sich noch untergliedern in Westmittelbairisch (auch „Altbairisch“ genannt) und Ostmittelbairisch. Die Grenze zwischen diesen verlĂ€uft durch Oberösterreich und verschiebt sich allmĂ€hlich westwĂ€rts zur Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich hin.

In Oberösterreich, im Salzburger Flachgau und im niederösterreichischen Wald- und Mostviertel ist, wie im benachbarten Bayern, die altbairische Stammesmundart beheimatet (westmittelbairisch); die ansĂ€ssigen Dialekte bilden mit dem angrenzenden Niederbayerischen einen Sprachverband (Donaubairisch). Anders als das Ostmittelbairische entstand sie auf dem Boden des alten Stammesherzogtums. Ein deutliches Unterscheidungskriterium zwischen West- und Ostmittelbairisch ist der Dopellaut -au-; im Westmittelbairischen wird er tendenziell mit -a- , im ostmittelbairischen mit -o- aufgelöst (des kaf i ma / des kof i ma = das kauf' ich mir). Auch die gebeugten Formen von „kommen“ – „I kim / sie kema(n)“ (Infinitiv: „kema“) sind auf das Westmittel- und SĂŒdbairische beschrĂ€nkt. Das Ostmittelbairische kennt nur die Bildungen mit „kum-“.

Außerdem typisch fĂŒr das Westmittelbairische ist die alte Form fĂŒr „sind“: hand („Mir hand eam inna worn“ = „Wir sind dahintergekommen“; „Sie hand ea zwee“ = „Es sind zwei (MĂ€nner, Jungen etc.)“. Das Westmittelbairische unterscheidet nĂ€mlich bei der Zahl „zwei“ drei Geschlechter: „zwee“ (mĂ€nnl.), „zwo“ (weibl.) und „zwoa“ (sĂ€chl.). „Uns“ erscheint oft als „ins“ und „zu“ als „in“ („Da SchwĂ„ger is in's Heig'n kema“ = „der Schwager kam zum Heu machen“. „Wenn“ wird mit „boi“ aufgelöst (=sobald): „Boi da Hiabscht umi is“ = „wenn der Herbst herum/vorbei ist“. Das alte germanische Temporaladverb „Äft“ wird neben „na“ im Sinne von „danach“, „hinterher“ verwendet. Die letztgenannten Formen sind heute auf den lĂ€ndlichen Raum beschrĂ€nkt.

In Oberösterreich bildet die Mundart des Innviertels mit dem angrenzenden Niederbayerischen eine historische Einheit – das Innviertel wurde erst 1814 endgĂŒltig österreichisch. WĂ€hrend zwischen Innviertel und Hausruckviertel eine recht klare Dialektgrenze zu finden ist, sind die ÜbergĂ€nge nach Osten zu entlang der Donau ĂŒber das Traunviertel zum Mostviertel hin fließend (Ostmittelbairisch). Zudem nimmt nach Osten hin der Einfluss des Wienerischen zu, der in den letzten Jahrzehnten zunehmend die bodenstĂ€ndigen Mundarten ĂŒberlagert hat. Am stĂ€rksten ist dieser Wiener Einschlag in den grĂ¶ĂŸeren StĂ€dten und entlang der Hauptverkehrsstrecken zu bemerken.

Der ostösterreichische Zweig des Mittelbairischen geht auf die Mundart des im Gefolge der deutschen Ostsiedlung entstandenen babenbergischen Herrschaftsgebietes Ostarrichi zurĂŒck. Das östliche Ostmittelbairisch besitzt ein slawisches Substrat und ein frĂ€nkisches Superstrat, was sich im besonderen Wortschatz und einigen lautlichen Eigenheiten zeigt. Außerdem wurde das Ostmittelbairische wĂ€hrend der habsburgischen Kaiserzeit mit vielen slawischen und ungarischen Fremdwörtern angereichert, wodurch es sich vom Westmittelbairischen merklich abhebt.

Trotz Dialektartschwunds in den grĂ¶ĂŸeren StĂ€dten des Donauraums gelten die Stadtmundarten von MĂŒnchen und Wien weiterhin gewissermaßen als „Paradedialekte“ fĂŒr West- und Ostmittelbairisch. Folgende Lautisoglossen charakterisieren das VerhĂ€ltnis des West- zum Ostmittelbairischen:

Isoglosse westliche Variante östliche Variante Standarddeutsch
ui vs. ĂŒĂŒ (< ahd. il):vuivĂŒĂŒviel
Schbui, schbuinSchbĂŒĂŒ, schbĂŒĂŒnSpiel, spielen
i wui, mia woini wĂŒĂŒ, mia wöön/woinich will, wir wollen
ar vs. oa (< ahd. a(h)r):i fahr, mia fammai foa, mia foanich fahre, wir fahren
hart, heatahoat, heatahart, hÀrter
Gfar, gfùliGfoa, gfealÚGefahr, gefÀhrlich

Außerdem wirkt sich der Wiener Einfluss dahingegehend aus, dass im ostmittelbairischen Dialektgebiet in den letzten paar Jahrzehnten eine Tendenz besteht, dass alte oa durch das Wiener aa zu ersetzen. Beispielsweise werden oans, zwoa, gloa, gleana, Stoa, hoaß, hoazn durch Ăąns, zwĂą, glĂą, glĂąna, StĂą, hñß und hĂązn ersetzt. Dieser Sprachwandel hat aber noch zu keiner eindeutigen Dialektgrenze gefĂŒhrt, da sich selbst im Ă€ußersten Osten Österreichs (Burgenland) das historische oa gegenĂŒber dem Wienerischen aa noch behauptet, ebenso wie in großen Teilen Niederösterreichs und in Oberösterreich. Dort ist auch die angestammte (altbairische) Wortendung -a anstelle von -n (mĂ„cha, lĂ„cha, schicka) gang und gĂ€be.

Am Ostrand des Mittelbairischen, im Weinviertel und im Burgenland findet man die „UI-Mundart“. Hier entspricht ein ui (Bruida, guit) dem im Mittelbairischen und SĂŒdbairischen allgemein verbreitetem ua (Bruada, guat). Insbesondere im niederösterreichischen Weinviertel sind diese Varianten allerdings auf dem RĂŒckzug.

Eine gewisse EigenstĂ€ndigkeit hat bzw. hatte das „Landlerische“, die Mundart, die im Hausruckviertel und im westlichen Traun- und MĂŒhlviertel gesprochen wird bzw. wurde. Hier tritt anstelle des ostmittelbairischen langen o (root, grooß, Broot = rot, groß, Brot) der Diphthong eo, bei dem die Betonung auf dem zweiten Teil des Zwielauts liegt. Das ergibt dann reot, greoß, Breot. Sowohl oo also auch eo werden sehr offen gesprochen und könnten genau so gut auch Ă„Ă„ bzw. eĂ„ geschrieben werden. Im westlichen MĂŒhlviertel existieren auch Formen mit gestĂŒrztem Diphthong wie roet, groeß, Broet. Alle diese Formen sind allerdings heute nur mehr selten zu hören.

In der sĂŒdöstlichen Steiermark und im sĂŒdlichen Burgenland spricht man Hainzisch, eine Mundart, die Siedler aus der Oberpfalz mitbrachten. Ihr Name stammt von Kaiser Heinrich IV., unter dem die Einwanderung erfolgte. Obwohl die Landnahme bereits im 11. und 12. Jahrhundert erfolgte, haben die Hainzen viele nordbairische Eigenarten bewahrt. Gerne bezeichnet man das Hainzische („Heanzische“) auch als „steirischen Dialekt“.

Das westliche Oberösterreich (Innviertel, Mondseeland), Teile des Salzburger Landes und das obere Ennstal gehören zu Westmittelbairischen. Hier verwendet man den in Altbayern verbreiteten Dipthong ui (i wui, schbuin). In Niederbayern begegnet einem öfters öi statt ĂŒ (vöi = viel, schböin = spielen). Im westlichen Salzkammergut und im Salzburgischen wird die Form schbiin verwendet.

Lautlich stehen sich das (Kern-)Oberbayerische, Tirolerische und die oben erwĂ€hnte Übergangsmundart im Alpenraum sehr nahe. -An- erscheint als helles -o- (wer ko, der ko) und r plus Konsonant wird konsonantisch aufgelöst (schwĂ„rz / schwĂ„schz statt donaubairisch schwoaz). In Ă€hnlicher Weise heißt es auch in der bodenstĂ€ndigen Mundart des Hausruckgebiets schwĂ„chz oder Kechzn (Kerze), was aber in jĂŒngerer Zeit zugunsten von schwoaz oder Keazn mehr und mehr verschwindet.

Außerdem wird im westmittelbairischen Alpen- und Alpenvorland a nur leicht verdunkelt (KĂ„stn).

Die Sprachgrenze zwischen dem grenzalpinen Oberbayerischen und dem „donaubairischen“ Niederbayerischen ist mit den Grenzen der beiden Regierungsbezirke nicht identisch, da Niederbayern einst viel grĂ¶ĂŸer war als es heute ist. Daher spricht man zu beiden Seiten der Salzach, in Teilen des Inntals und in der Hallertau immer noch mit niederbayrischer Zunge.

Der Lech bildet die westliche Grenze des Bairischen und trennt es vom schwÀbischen Sprachraum. Dennoch spricht man in LechnÀhe (Pfaffenhofen, Schrobenhausen) bereits mit schwÀbischem Einschlag (I hÄb koa Luscht).

Zum Mittelbairischen gehören auch die im Aussterben begriffenen Mundarten in SĂŒdböhmen und SĂŒdmĂ€hren, die denen im jeweils angrenzenden Gebiet Ă€hnlich, in der Regel aber konservativer sind. Andererseits sind auch Neuerungen zu beobachten, z.B. langes a statt oa fĂŒr mhd. ei (wie in Wien und SĂŒdkĂ€rnten).

SĂŒdbairisch

SĂŒdbairisch wird in Tirol, SĂŒdtirol, KĂ€rnten, in Teilen der Steiermark, vor allem in der Weststeiermark, und in den deutschen Sprachinseln in Karnien gesprochen. Fast die ganze Steiermark, die Salzburger Alpengaue und das Tiroler Unterland gehören zum Übergangsgebiet zwischen SĂŒd- und Mittelbairisch. Auch das Zarzerische und das Gottscheerische waren sĂŒdbairisch.

Typisch fĂŒr das SĂŒdbairische ist die mehr oder weniger durchgefĂŒhrte Affrikatisierung. Ein Affrikatum ist ein stark betontes „K“, das in manchen Regionen fast wie ein Krachlaut klingt („kch“). Affrikata sind in allen deutschen Alpendialekten zu finden, im Hochalemannischen werden sie jedoch meist als krĂ€ftiges „ch“ aufgelöst (v.a. in der Schweiz). Affrikata können der Mundart eine gewisse HĂ€rte verleihen, weshalb sie gut zum Klischee des urwĂŒchsigen Gebirgsmenschen passen.

Das SĂŒdbairische ist eine recht inhomogene Sprachlandschaft, es besitzt jedoch einige charakteristische Merkmale. Es gliedert sich in halbwegs geschlossene Sprachgebiete und zahlreiche Übergangsdialekte, deren genaue Abgrenzung schier unmöglich ist.

Die wohl bekannteste sĂŒdbairische Mundart ist das Tirolerische . Neben der starken Affrikatisierung ist dessen hervorstechendstes Merkmal die Aussprache von „st“ im Wortinneren als „scht“ („Bisch(t) no bei Troscht?“). Dies ist ein altertĂŒmliches Merkmal. Es wurde nĂ€mlich in althochdeutscher Zeit das ererbte, nicht durch die Hochdeutsche Lautverschiebung entstandene s etwa wie sch gesprochen. Das bezeugen deutsche Lehnwörter in westslawischen Sprachen, z.B. polnisch ĆŸold (Sold). Bis heute hat sich das beim st im Wortinneren noch im Alemannischen und Tirolerischen erhalten. Das sp wird auch im Mittelbairischen im Wortinneren als ĆĄp gesprochen, z.B. KaĆĄpal (Kasperl). Wie im Mittelbairischen heißt es da easchtĂš (der Erste), Durscht (Durst), da rs im Inlaut als rĆĄ in fast allen bairischen Mundarten ausgesprochen wird.

Verben enden im Infinitiv und im Plural wie im Schriftdeutschen grundsĂ€tzlich auf „n“. „Ei“ erscheint als „oa“ („hoaß isch's“ = es ist heiß). Das Tirolerische wird in Nordtirol (Österreich) im sog. Tiroler Mittel- und Oberland, in ganz SĂŒdtirol (Italien) und in einer Übergangsvariante in Osttirol (Österreich) gesprochen. Die Osttiroler Mundart geht nĂ€mlich allmĂ€hlich ins KĂ€rntnerische ĂŒber. Der Werdenfelser Dialekt rund um Garmisch und Mittenwald gehört ebenfalls zum Tirolerischen.

Im Tiroler Oberland um Landeck, im Arlberggebiet und den dahinter liegenden SeitentĂ€lern ist der alemannische Einschlag unĂŒberhörbar. Alle Infinitive und Plurale enden auf -a („verliera“, „stossa“ etc.). Der Großteil des Außerfern mit der Bezirksstadt Reutte spricht bereits einen alemannischen Dialekt, der zum SchwĂ€bischen zu zĂ€hlen ist („Tiroler SchwĂ€bisch“, entspricht dem OberallgĂ€uer Dialekt).

Im Tiroler Unterland (KitzbĂŒhel, Kufstein, St. Johann, Kaisergebirge) spricht man nicht SĂŒd- sondern Mittelbairisch („L“-Vokalisierung, „st“ im Wortinneren 
 mit Ausnahme der tendenziellen Affrikatisierung teilt es alle Merkmale mit dem Westmittelbairischen). In den Ohren „AuswĂ€rtiger“ klingt es wie eine hĂ€rtere Variante des Oberbayerischen, mit dem es ansonsten völlig ĂŒbereinstimmt. Die Infinitive enden nach n-, ng- und m- auf -a („singa“, „kema“ = kommen), sonst auf -n.

Gemeinsam mit den unter der Rubrik „Mittelbairisch“ vermerkten alpinen Übergangsdialekten teilt das „UnterlĂ€ndische“ auch einige lautliche Gemeinsamkeiten wie die ĂŒberall anzutreffenden, meist dezenten Affrikata. Die Mundarten der Salzburger Gebirgsgaue sind allesamt BrĂŒckendialekte. Die Pinzgauer Mundart verhĂ€lt sich weitgehend wie die des Tiroler Unterlandes, die Pongauer zeigt donaubairische und die Lungauer Mundart KĂ€rntner EinflĂŒsse.

Die andere große sĂŒdbairische Kernmundart ist das KĂ€rntnerische. Wie das Ostmittelbairische verfĂŒgt es ĂŒber ein kompaktes slawisches Substrat. KĂ€rnten wurde nĂ€mlich im frĂŒhen Mittelalter und darĂŒber hinaus von slawischen StĂ€mmen bewohnt; nach der bairischen Landnahme wurden die Slawen (die Winden oder „Windischen“) allmĂ€hlich assimiliert, dennoch hinterließen sie Spuren in der deutschen Mundart KĂ€rntens. So erinnert die weiche Sprachmelodie des KĂ€rntnerischen an das SĂŒdslawische, viele Eigennamen enden auf -ig (slow. -ik) und auch einige Mundartwörter korrespondieren mit dem Slawischen. Typische Merkmale der KĂ€rntner Mundart sind die andere Verteilung der VokalquantitĂ€t und die sanfte Affrikatisierung (wie stimmhaftes „gg“).

Außerdem kennzeichnet das KĂ€rnterische starke Lautverdunklung („a“ wird oft zu „o“ statt zu Ă„) und im SĂŒden Monophtongierung vom mhd. „ei“ zu „a“ (DĂ„s wās i nit = ich weiß es nicht)

Das SĂŒdbairische kennt keine r- Vokalisierung , sie ist aber besonders in Stadtmundarten am Vordringen. Nach Vokalen wird l hier nicht vokalisiert, als Vorstufe werden aber e und i vor l gerundet (MĂŒlch). In den StĂ€dten ist die l-Vokalisierung im VorrĂŒcken (sogar bei Eigennamen , z.B. Höga). Weiters unterscheiden einige sĂŒdbairische Mundarten Stark- und Schwachlaute, wie in DĂ„ch neben TĂ„g, altes k ist in KĂ€rnten und in Teilen Tirols und Salzburgs lautverschoben zu kÊ° (Affrikatum), wie in KÊ°lea (Klee). Diese Affrikate stellt ein Phonem dar (vgl. das Minimalpaar rukn/rukÊ°n).

Ein Charakteristikum der KÀrntner Mundart ist die sogenannte KÀrntner Dehnung: aufgrund von Interferenz mit dem Slowenischen werden viele Selbstlaute entgegen der hochdeutschen Norm lang ausgeprochen, zum Beispiel lÄːs lei laːfm (lass es nur laufen). Diese Erscheinung hat zur Folge, dass zum Beispiel Ofen und offen lautlich zusammenfallen (oːfm), ebenso Wiesn und wissen zu [wi:zn].

Ein weiteres Merkmal des SĂŒdbairischen ist die Verwendung des Wörtchens „sein“ (1. Person) und „seint“ (3. Person) anstatt von schriftdeutsch „sind“ („Mir sein froh“ – „Wir sind froh“). Diese Form ist fĂŒr das Tirolerische und KĂ€rntnerische typisch. In den bereits mehrfach erwĂ€hnten Übergangsdialekten zum Mittelbairischen ist sie jedoch kaum anzutreffen. Stattdessen verwendet man das mittelbairische „san“, teilweise mit lautlichen Schattierungen („sĂ€n“ etc.).

Dialekte der West-Steiermark zeichnen sich durch die Diphthongierung nahezu aller betonten Vokale aus.

Eine historische Variante des Bairischen ist das Zimbrische. Es hat sich schon in althochdeutscher Zeit abgesondert und wird heute noch mit lokalen Varianten in einigen oberitalienischen Sprachinseln der Zimbern gesprochen.

Genauere Unterteilung

Das Bairische kann auch, abgesehen von den oben besprochenen historischen Isoglossen, in weitere Dialekte unterteilt werden, die sich vor allem an den Regionen orientieren. Eine Besonderheit ist das Wienerische, aber auch das MĂŒnchnerische . In Österreich existieren das Hianzische im Burgenland, die Steirischen Mundarten , die KĂ€rntner Mundarten und die Tiroler Mundarten. Ein sehr eigener Dialekt in Oberösterreich ist die Mundart des Salzkammerguts, in Niederbayern die Waidlersprach . Dazu kommen das Zimbrische und das Egerdeutsche aus den Sprachinseln in Oberitalien und Böhmen.

Bairisch vs. Bayerisch

In der Sprachwissenschaft wird der Dialekt mit 'i' statt 'ye' („Bairisch“ statt „Bayerisch“) geschrieben, um es vom politischen Begriff des „Bayerischen“ (= Zugehörigkeit zum Bundesland Bayern) zu unterscheiden, da zu Bayern außer den Bairisch sprechenden Altbayern auch Franken und Bayerisch-Schwaben gehören, deren Dialekte nicht bairisch sind. „Bayerisch“ ist das Adjektiv zu Bayern, vormals „Baiern“. Der Buchstabe „Y“ im Wort „Bayern“ wurde erst im 19. Jahrhundert durch den philhellenischen König Ludwig I. fĂŒr das gewachsene Staatsgebilde eingefĂŒhrt.

Phonologie (Lautlehre)

Vokale

Das Bairische unterscheidet lange und kurze Vokale voneinander; dies wird jedoch nicht in der Schrift zum Ausdruck gebracht, sondern wie im Hochdeutschen durch die Anzahl der dem Vokal nachfolgenden Konsonanten: steht nur ein oder gar kein Konsonant nach dem Vokal, ist dieser in der Regel lang; folgen ihm zwei oder mehr, ist er kurz. Dabei gelten ch und sch jeweils wie ein Konsonant, da diese Buchstabenkombination nur einem Laut entspricht.

Die Verteilung langer und kurzer Vokale fÀllt im Bairischen völlig anders aus als im Hochdeutschen, so dass es manchmal scheint, als wÀre jedes entsprechende hochdeutsche Wort mit Langvokal im Bairischen kurz und umgekehrt; dies stimmt jedoch nur bedingt.

Insgesamt unterscheidet das Bairische sieben Vokale in jeweils zwei QuantitÀtsstufen voneinander.

Vergleiche folgende GegenĂŒberstellungen:

Vokal langer Vokal Deutsch kurzer Vokal Deutsch
dunkles awÄswasWÄssaWasser
helles aDràmTraumdràmmatrÀumen
helles eWeg, DregWeg, Dreckwegga(d), dreggadweg, dreckig
dunkles eBĂšdaPeterbĂšdt!bete!
igwißgewisswissnwissen
oOfa/OfnOfenoffa/offnoffen
uZugZugzruggzurĂŒck

In den mittelbairischen Mundarten Österreichs sowie in Teilen Salzburgs sind Vokale vor Schwachlauten und r, l, n in der Regel lang, vor Starklauten kurz. Zur Verteilung in KĂ€rnten s. KĂ€rntner Mundart.

dunkles vs. helles a

Phonologisch unterscheidet das Bairische zwischen hellem Ă  und dunklem Ă„, wobei das helle Ă  aus dem althochdeutschen offenen e oder Ă€ entstanden ist (so heißt es heute im Bairischen lĂ Ă r statt „leer“, RĂ Ă dl statt „RĂ€dchen“). Dieses Merkmal hat das Bairische mit dem Ungarischen gemein. Vor allem bei der Diminutivbildung mit den Suffixen -l und -al tritt sogenannter a-Umlaut auf, d.h aus dunklem -Ă„- wird helles -Ă -. Im folgenden einige Beispiele fĂŒr die a-Laute, darunter einige deutliche Minimalpaare :

dunkles Ă„ helles Ă 
Ă„ (ab/an)Ă  (auch)
mia hÄmma (wir haben, Langform)mia hàmma (wir sind, Langform)
StÄd (Stadt)Schdàdtal (StÀdtchen)
SĂ„g/SĂ„gg (Sack)SĂ ggal (SĂ€cklein)
i sĂ„gad (ich wĂŒrde sagen)i sĂ gad/sĂ chad (ich wĂŒrde sehen)

NB: Unbetonte a sind immer hell, und werden deshalb als solche nicht markiert. Dies gilt vor allem fĂŒr den unbestimmten Artikel, der ja stets unbetont ist, sowie fĂŒr alle unbetonten a in Flexionsendungen (z.B. im Plural der Substantive und bei der Steigerung der Adjektive).

Aussprache von Ortsnamen

In beinahe allen bairischen Ortsnamen, die auf -ing enden, muss ggf. im Stamm vorhandenes -a- ĂŒbrigens hell ausgesprochen werden; also „PlĂ ttling“ (nicht *„PlĂ„ttling“) und „GĂ ching“ (statt *„GĂ„rching“), auch „GĂ misch“ (statt *„GĂ„misch“) und darĂŒber hinaus „GrĂ z“(nicht *„GrĂ„z“ – die Stadt hieß im Mittelalter schließlich „GrĂ€tz“, und daraus hat sich das helle a ja entwickelt). Ausnahmen sind manche Ortsnamen mit -all- wie "BĂ„lling / BĂ„ing" (Palling) oder "DĂ„lling" (Thalling).

Abgrenzung gegen das o

Hochdeutschsprecher nehmen das helle Ă  des Bairischen als gewöhnliches a wahr, das dunkle Ă„ dagegen zumeist als offenes o, weshalb auch viele Baiern dazu tendieren, dunkles a als o zu schreiben (also mocha statt mĂ„cha fĂŒr „machen“). Diese Schreibweise fĂŒhrt jedoch zum Zusammenfall mit dem bairischen o, welches stets geschlossen gesprochen wird (also Richtung u). Die Wörter fĂŒr „Ofen“ und „offen“ unterscheiden sich also im Bairischen nicht durch die VokalqualitĂ€t, sondern nur durch die VokallĂ€nge, die wie im Hochdeutschen durch Konsonantenverdoppelung (auch Gemination genannt) ausgedrĂŒckt wird: Ofa (lang) vs. offa (kurz) bei gleichbleibender VokalqualitĂ€t.

geschlossenes vs. offenes e

Fast jedes betonte e ist im Bairischen geschlossen, d.h. klingt nĂ€her am i als das hochdeutsche e. Es gibt nur wenige Wörter mit offenem Ăš; als bestes Beispiel eignet sich folgendes Minimalpaar: Bettn („Betten“, mit geschlossenem e) vs. bĂštn („beten“, mit offenem Ăš). Im Hochdeutschen ist es an diesem Beispiel allerdings genau andersherum: das Wort „Bett“ hat ein offenes (weil kurzes), das Wort „betet“ ein geschlossenes (weil langes) e.

unbetontes i bzw. e

Neben dem unbetonten a gibt es auch einen weiteren unbetonten Vokal im Bairischen, der zwischen i und e steht, und je nach Mundart offener (Richtung e) oder geschlossener (Richtung i) gesprochen wird. Er entstand meist aus der Nebensilbe -el in Wörter wie grĂ bbln („krabbeln“) oder Deifi („Teufel“), und wird im folgenden als i geschrieben. Nicht zu verwechseln ist dieser Laut mit jenem, der nur im bestimmten Artikel der Maskulina (in den Formen im, in) vorkommt, der zwischen i und dumpfem ĂŒ liegt.

Schwa-Laut

In den meisten bairischen Mundarten hat der Schwa -Laut, der dem unbetonten e des Hochdeutschen entspricht, keinen Phonemstatus. Regional tritt er in bestimmten Positionen als Allophon zu unbetontem a und i auf.

Diphthonge

Ein weiteres Merkmal des Bairischen ist die Beibehaltung der mittelhochdeutschen Diphthonge ie, ĂŒe, uo als ia und ua, wie in liab, griassn, Bruada („lieb, grĂŒĂŸen, Bruder“), was es vom OstfrĂ€nkischen Bruda abgrenzt, das wie die Hochsprache einfache Langvokale benutzt. Gegen Westen hin grenzt sich das Bairische mit DĂ„g, WĂ„sser und dĂ d („Tag, Wasser“ und „tĂ€te“) gegen SchwĂ€bisch DĂ Ă g, WĂ sser und dÀÀt ab.

Zu diesen Diphthongen treten die neuen Diphthonge öi, oi, ui, die aus der Vokalisierung von l nach Vokal zu i entstanden sind. Insgesamt unterscheiden die meisten bairischen Dialekte 10 Diphthonge, nÀmlich:

Diphthong Beispiele Deutsch Diphthong Beispiele Deutsch
eai hea (her)ich höreeineineu
oai woaßich weiĂŸĂ„i, oifĂ„in, foinfallen
iad'Liabdie Liebeöi, Àischnöi, schnÀischnell
uai duaich tueuii fuiich fĂŒhle
aui schauich schaueouDoudTod

Historischer Exkurs: altes vs. junges ei

Ein besonderes Charakteristikum des Bairischen ist der Vokal oa (in Ostösterreich als a ausgesprochen), der aus dem Althochdeutschen ai oder ei entstanden ist. Dieser Lautwandel betrifft jedoch nur das sogenannte Ă€ltere ei des Deutschen, nicht jedoch das jĂŒngere ei, das erst zu mittelhochdeutscher Zeit als dem althochdeutschen langen Ăź entstanden ist, und daher den Lautwandel nicht mehr mitgemacht hat. Deshalb heißt es auf Bairisch „oans, zwoa, drei“ – die ersten beiden Zahlwörter haben ein Ă€lteres ei als Stammvokal, das dritte Zahlwort ein jĂŒngeres ei, welches auf althochdeutsch noch drĂź lautete.

Allerdings gibt es im Bairischen ein drittes, noch jĂŒngeres ei, das durch die Entrundung des Vokals eu entstanden ist, der von ahd. iu abstammt. Diese Entrundung hat allerdings in den meisten Tiroler Mundarten nicht stattgefunden. Hier wurde nur der Diphthong gestĂŒrzt, woraus nui (neu), tuier (teuer) oder Tuifl entstanden ist. Eine kurze Übersicht:

Laut althochdeutscher Lautstand bairischer Lautstand neuhochdeutscher Lautstand englischer Vergleich
altes eiaioa, z. B. gloa, Goaß, Stoa, Loab, hoaznei, u. B. klein, Geiß, Stein, Laib, heizenclean, goat, stone, loaf, heat
mittleres eiüei, z. B. weiß, dreim, reitn, Leiwiei, z. B. weiß, treiben, reiten, Leibwhite, drive, ride, life
junges eiiuei, z. B. nei/neig/neich, deia, Deifi, Greiz, Hei/Heingeu, z. B. neu, teuer, Teufel, Kreuz, Heu

Anmerkungen

Um zu herauszufinden, welches deutsche ei im Bairischen zu oa wird, und welches nicht, hilft meistens ein Blick aufs Englische. Dort entspricht das Ă€ltere ei meist einem o oder ea, das jĂŒngere ist dagegen ein i und wird Ă€hnlich ausgesprochen wie im Hochdeutschen und Bairischen.

Geistliche Wörter

Es gibt allerdings Ausnahmen von der Lautwandelregel ei > oa, die vor allem Wörter betreffen, die durch ihren Gebrauch im Gottesdienst in ihrer alten Gestalt bewahrt wurden; dabei handelt es sich um Geist, Fleisch, heilig und den Monatsnamen Mai, die eigentlich Goast, Floasch, hoalig, und Moa lauten mĂŒssten, aber in dieser Lautgestalt im Bairischen nicht existieren.

Boa(r) oder Baier?

Den Baiern Boa(r) zu nennen kommt zwar vor, meist schreckt man aber davor zurĂŒck, weil sich dann auch die Silbenzahl Ă€ndern wĂŒrde, also heißt er Baier (der Plural des Wort ist jedenfalls, sowie auch der Landesname, in jedem Fall Baiern). Eine „Bairin“ heißt jedoch stets Boarin, sonst könnte das Wort missverstanden und als Beirin, also als „BĂ€uerin“ interpretiert werden (siehe junges ei). Auch die Landessprache heißt Boarisch, allerdings setzt sich hier die standarddeutsche Form Bairisch immer mehr durch.

Weißbier oder Weizenbier?

Das Weißbier heißt auch auf Bairisch so, auch wenn es aus Weizen gebraut wird, und der hat ein altes ei. Aber in Baiern bestellt man eben kein Weizen (in dem Fall mĂŒsste man „Woazn“ sagen), sondern „à Weißbiá“, dessen Name sich vom oben schwimmenden weißen Schaum der obergĂ€rigen Hefe wĂ€hrend der GĂ€rung ableitet. Gleicht gilt auch fĂŒrs Weißbrot!

Konsonanten

Das bairische Konsonantensystem umfasst 19 Phoneme, deren Status teilweise umstritten ist:

Konsonanten des Bairischen
  bilabial labio-
dental
alveolar post-
alveolar
palatal velar glottal
Plosive b p   d t     g k ʔ
Affrikaten     ts        
Nasale m   n     Ƌ  
Vibranten     r        
Frikative   f v s ( z ) ʃ ( ç ) ( x ) h
Approximanten         j 1    
Laterale     l        

Dabei ist der Laut j ein Halbvokal. Eingeklammerte Konsonanten sind Allophone anderer Konsonanten; diese verteilen sich wie folgt:

  • h tritt nur im Anlaut auf, sein Allophon x dagegen im In- oder Auslaut, dessen Variante ç wiederum nur im Inlaut
  • z tritt als stimmhafte Variante von s in manchen Dialekten auf, v.a. intervokalisch; niemals jedoch im Anlaut, wie es im BĂŒhnendeutschen der Fall ist

Obwohl die Fortis-Verschlusslaute p und t mit ihren Lenis-Pendants b und d im Anlaut zusammengefallen sind, können sie nicht als zwei Allophone jeweils eines Phonems gelten, da sie in gewissen Positionen bedeutungsunterscheidend sind. Lediglich im Anlaut können sie als Varianten, deren Aussprache vom nachfolgenden Laut abhÀngt, betrachtet werden - siehe dazu folgenden Absatz und den Glottisschlag weiter unten.

Plosive oder Verschlusslaute

In den meisten bairischen Mundarten sind die fortis- und lenis- Verschlusslaute p, t, k und b, d, g im Anlaut und zwischen Vokalen zusammengefallen und werden daher nicht weiter unterschieden. Deshalb heißt der „Tag“ auf bairisch da DĂ„g, das „Kreuz“ heißt as Greiz, und die „Petersilie“ heißt da BĂȘdasui, und deshalb fallen Wörter wie „trinken“ und „dringen“ zu dringa zusammen. Als einziger fortis-Laut ist k- am Wortanfang erhalten, wenn ihm ein Vokal nachfolgt; vor r, l und n wird er ebenfalls zum g lenisiert.

Die Laute b, d und g werden jedoch am Wortanfang vor s, sch, f und h fortisiert; diese neuen fortis-Laute haben jedoch keinen Phonem -, sondern lediglich Allophon-Status, weil sie nur in bestimmter Umgebung auftreten, wo ihre lenis-Varianten nicht vorkommen, und daher sich zu diesen nicht bedeutungsunterscheidend verhalten können. Beispiele fĂŒr Fortisierung im Bairischen:

lenis fortis Deutsch
b+hiĂĄtn> phiĂĄtnbehĂŒten
d+Hex> tHexdie Hexe
g+hoitn> khoitnbehalten

Frikative oder Gleitlaute

Das Bairische kennt fĂŒnf Frikative; f (stimmlos) und w (stimmhaft) bilden dabei ein Paar. Der Frikativ s ist außer vor n immer stimmlos, also im Gegensatz zum Deutschen auch am Wortanfang. Dazu kommen die mit Buchstabenkombinationen geschriebenen Laute ch und sch, wobei ch als Allophon [x] zu anlautendem h [h] im In- oder Auslaut auftritt; eine weitere Variante [ç], der sog. ich-Laut, tritt im Bairischen nur als Inlaut (nach -i- oder -e-), nicht wie im Deutschen als Auslaut oder nach -r- auf. Der Laut ch kommt anders als im Deutschen nicht nach -n- vor, daher bair. Minga, mank, Menk vs. dt. MĂŒnchen, manch, Mönch.

Sonoranten

Das Bairische besitzt das gleiche Sonoranteninventar wie das Hochdeutsche, nĂ€mlich die Nasallaute m, n und ng [Ƌ] sowie l, r und j. Das r wird in manchen Gegenden mit der Zungenspitze gerollt, in anderen Gegenden mit dem GaumenzĂ€pfchen (sog. uvulares r), ohne dass dies von Bairisch-Sprechern als Fehler empfunden wird.

Glottisschlag bzw. Knacklaut

Zwischen Nasallauten kann im Bairischen ein Kehlkopfverschlusslaut, ein sog. Glottisschlag [ ʔ ], auftreten. Dieser wird jedoch als t, d, k oder p geschrieben, um die historische Herkunft des Lauts zu verdeutlichen. In Anlehnung an die englische Bezeichnung heißt er im folgenden auch Stop; er wird durch seine Lautumgebung (m, n oder ng) wie folgt beschrieben:

Lautumgebung Bairisch Deutsch
m-Stop, stimmlos:[m ʔ m]WampmBauch
n-Stop, stimmlos:[n ʔ n]ÀntnEnte
n-Stop, stimmhaft: ÀndnAnden
Ƌ-Stop, stimmlos:[Ƌ ʔ Ƌ]sinknsinken

Wie im Standarddeutschen tritt der Glottisschlag ferner vor vokalischem Anlaut auf; siehe dazu Aussprache der deutschen Sprache .

Morphologie (Formenlehre)

Nominalflexion

Die gesamte bairische Nominalflexion richtet sich am Substantiv aus, dessen grammatisches Geschlecht oder Genus die Deklination der Nominalphrase konstituiert; d.h. sowohl Artikel als auch Adjektiv und andere Attribute mĂŒssen in Genus, Kasus und Numerus an das Substantiv, das sie begleiten, angeglichen werden. Es existieren drei Genera: maskulin, feminin und neutrum. Als paradigmatische Kategorien existieren die FĂ€lle oder Kasus Nominativ, Dativ und Akkusativ sowie die Numeri Singular und Plural . Adjektive können ferner gesteigert werden.

Der Artikel

Im Bairischen werden Substantive anhand ihres grammatischen Geschlechts, des Genus , aufgeteilt; das Genus ist im Regelfall nicht am Substantiv selbst erkennbar, sondern an dessen begleitendem bestimmten Artikel:

maskulin feminin neutrum Plural
da Hund (der Hund)d'Ruam (die RĂŒbe)as / s'Kind (das Kind)de / d'Leid (die Leute)

Der bestimmte Artikel Singular der Feminina, d' , assimiliert oft an den Anlaut des zu begleitenden Substantivs: vor Frikativen (f, h, s, z) wird er zu t' verhÀrtet, vor Labialen (b, m, p) zu b' und vor Velaren (g, k) zu g'- assimiliert. Beispiele:

d’ > t’ d’ > b’ d’ > g’
t’Frau (die Frau) b’Bian (die Birne) g’GĂ„fi/GĂ„be (die Gabel)
t’Haud (die Haut) b’Muadda (die Mutter) g’Kua (die Kuh)
t’Sunn (die Sonne) b’PfĂ„nn (die Pfanne)

Vor f- kann er jedoch bei Allegro-Aussprache auch zu p' werden: p’Frau (die Frau), p'Fiaß (die FĂŒĂŸe).

Der unbestimmte Artikel ist dagegen fĂŒr alle drei Genera im Nominativ identisch; im Gegensatz zum Deutschen kennt das Bairische allerdings auch einen unbestimmten Artikel im Plural (vgl. Französisch des):

maskulin feminin neutrum
a MĂ„ (ein Mann)a Frau (eine Frau)a Kind (ein Kind)
oa MĂ„na (MĂ€nner)oa Frau(a)n (Frauen)oa Kinda (Kinder)

Im Basilekt wird a vor einem Vokal zu an. Im Niederbairischen tritt der unbestimmte Artikel im Plural teilweise in der Lautgestalt oi auf, im KÀrntnerischen als ane; der bestimmte Artikel behÀlt immer den auslautenden Vokal (de, nie d' ).

Der Artikel wird im Bairischen flektiert, d.h. an ihm wird der Kasus deutlich gemacht. Weil die meisten Substantive im Bairischen alle Kasusendungen verloren haben, ist die Kasusanzeige weitgehend auf den Artikel konzentriert. Ein Überblick ĂŒber sein Paradigma:

best. maskulin feminin neutrum Plural
nom:da Hundd'Ruamas Kind / s'Kindde Leid / d'Leid
dat:im Hundda Ruamim Kindde Leid / d'Leid
akk:in Hundd'Ruamas Kind / s'Kindde Leid / d'Leid
unbest. maskulin feminin neutrum Plural
nom:a Hunda Ruama Kindoa / oi Leid
dat:am Hundana / oana Ruamam Kindane / oane Leid
akk:an Hunda Ruama Kindoa /oi Leid

Das Substantiv

Das Substantiv gehört zu den flektierenden Wortarten des Bairischen; sein markantestes Kriterium ist – wie in anderen germanischen Sprachen – das Geschlecht (Genus), welches sich nur selten nach dem zu bezeichnenden Gegenstand orientiert, und deshalb mit jedem Wort mitgelernt werden muss.

Pluralbildung

Das Bairische hat drei der vier germanischen Kasus bewahrt: Nominativ, Dativ und Akkusativ . Letztere beiden fallen teilweise zusammen; Genetiv ist nur in erstarrten Redewendungen erhalten. Wie im Hochdeutschen wird das bairische Substantiv nur selten dekliniert, sondern drĂŒckt Kasus durch den begleitenden Artikel aus. Es gibt es verschiedene Deklinationsklassen , die sich hauptsĂ€chlich in der Pluralbildung unterscheiden; als grobe Richtlinie wird zwischen der schwachen Deklination (sog. n-Klasse) und der starken Deklination (sog. a-Klasse) unterschieden.

Schwache Substantive

Schwache Substantive enden fĂŒr gewöhnlich auf -n im Plural. Viele schwache Feminina bilden bereits den Singular auf das Suffix -n, so dass sie im Plural entweder gleichlauten, oder ein -a anfĂŒgen (in Analogie zu den stark flektierten Substantiven). Besonders die schwachen Maskulina haben im Singular eine Endung fĂŒr die obliquen Kasus, d.h. fĂŒr alle Kasus außer dem Nominativ, bewahrt. Sie lautet meistens auf -n.

Zur Klasse der schwachen Substantive (W1) zÀhlen Maskulina und Feminina auf -n im Plural, sowie alle Feminina mit der Pluralendung -an (die meistens im Singular auf -ng auslauten; das -a- ist hierbei ein sog. Sprossvokal bzw. epenthetisch ). Ferner lassen sich alle Maskulina und Neutra, die im Singular auf das Suffix -i enden, hier einordnen. Viele der verwandten Substantive des Hochduetschen sind dort allerdings stark, daher der jeweils hochdeutsche Plural zum Vergleich:

W1: -n Singular Plural Deutsch Singular Plural Deutsch Singular Plural Deutsch
m:HĂ„sHĂ„snHaseBuschBuschnBuschDeifiDeifinTeufel
f: -nBruggBruggnBrĂŒcke, BrĂŒckenGoaßGoaßnZiegeNussNussnNuss
f: -anDàmDàmanDameSchlÄngSchlÄnganSchlangeZeidungZeidunganZeitung
n:OarOarnOhrBleamiBleaminBlumeSchdiggiSchdigginStĂŒck

Starke Substantive

Bei den starken Deklinationsklassen gibt es keine Kasusendungen; die einzige VerÀnderung am Wort findet bei der Numerusflexion statt, also beim Wechsel von Singular zu Plural. Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten, den Plural im Bairischen zu markieren. Starke Maskulina und Neutra nutzen die Endung -a, die meist aus der mittelhochdeutschen Endung -er entstanden, und als solche im Neuhochdeutschen noch erhalten ist. Es gibt jedoch auch Wörter, die sich erst in neuer Zeit in diese Klasse eingereiht haben, also einen a-Plural bilden, ohne jemals einen er-Plural besessen zu haben. Feminina bilden ihren Plural oft mit der Endung -an, so wie es das Wort Endung selbst tut: oa Endung, zwoa Endungan.

Man kann Substantive anhand ihrer Pluralformen in verschiedene Klassen einteilen. Die hÀufigsten Möglichkeiten der Pluralbildung sind Umlaut oder Suffigierung; beide Möglichkeiten können auch kombiniert werden. Als Pluralendungen treten -n und -a auf; an Umlauten gibt es folgende Varianten:

S1: Umlaut (UL) Singular Plural Deutsch S2: UL + -a Singular Plural Deutsch
Ă„ > eNĂ„cht (f)NechtNacht LĂ„nd (n)LendaLand
o > eDochta (f)DechtaTochter Loch (n)LechaLoch
u > iFuchs (m)FichsFuchs Mund (m)MindaMund
au > aiMaus (f)MaisMaus Haus (n)HaisaHaus
ua > iaBruada (m)BriadaBruder Buach (n)BiachaBuch
Äi, oi > Ài, öiFÄi (m)FÀiFall Woid (m)WöidaWald

Die hier angefĂŒhrten Beispiele bilden die Klassen 1 und 2 der starken Substantive, deren Kennzeichen ein Umlautplural ist. Die Klasse (S1) besitzt neben dem Umlaut kein weiteres Pluralkennzeichen, ist also endungslos; ihr gehören nur Maskulina und Feminina an. Zur Klasse S2, die sich durch Umlautplural plus Endung -a (die meist der hochdeutschen Endung -er entspricht) auszeichnet, gehören einige Maskulina und viele Neutra. Es gelten die gleichen Umlautregeln wie oben:

Zur Klasse S3 gehören alle Maskulina , Feminina und Neutra ohne Umlaut mit Pluralendung -a; dabei enden die meisten Feminina im Singular auf die ursprĂŒngliche Dativendung -n. Einige Maskulina, der Stamm auf Vokal auslautet, haben die Endung -na:

S3: -a Singular Plural Deutsch Singular Plural Deutsch Singular Plural Deutsch
m:BĂ mBĂ maBaumMĂ„MĂ„naMannStoaStoanaStein
fFlÄschnFlÄschnaFlascheEinEinaEuleParadeisParadeisaTomate
n:KindKindaKindLiachtLiachtaLichtGscheftGscheftaGeschÀft

Als letzte starke Klasse (S4) gelten Substantive mit Nullplural, zum Beispiel 'Fisch' (m) und 'Schaf' (n). In manchen Dialekten drĂŒcken diese Substantive Plural jedoch durch VokalkĂŒrzung oder -lĂ€ngung aus. Diese Klasse besteht eigentlich nur aus Maskulina und Neutra; alle Feminina auf -n, die historisch gesehen zu den schwachen Substantiven gehören, können jedoch auch hierhergezĂ€hlt werden, da ihr Plural ebenso unmarkiert ist: 'Àntn – Àntn' „Ente“. Diese Feminina wechseln jedoch allmĂ€hlich zur Gruppe S3, und nehmen im Plural die Endung -a (vgl. oben das Beispiel Ein „Eule“).

Ferner gibt es einige unregelmĂ€ĂŸige Pluralformen im Bairischen:

Singular Plural Deutsch
m:Boar, auch BaiaBaianBaier
f:BengBenk(Sitz-)Bank
n:GschengGschenkaGeschenk
AugAungAuge
FĂ ggiFĂ ggin/FĂ gglaFerkel, Schwein
KaiwiKaiwin/KaiblaKalb

Folgende Wörter existieren nur im Plural: Leid (Leute), Hiana (HĂŒhner), Fiacha (das Vieh, also zum Beispiel Rinder; nicht zu verwechseln mit Fiech, Fiecha also zum Beispiel MĂŒcken).

Kasusrelikte

Einige schwache Maskulina haben Kasusendungen in den obliquen FĂ€llen , also im Dativ und Akkusativ bewahrt, z. B. 'FĂ„da' „Vater“ und 'Bua' „Sohn; Knabe, Junge“:

best. Singular Plural best. Singular Plural
nomda FĂ„dat'FĂ„dan nomda Buad'Buama
datim FĂ„dandi FĂ„dan datim Buamdi Buama
akkin FĂ„dant'FĂ„dan akkin Buamd'Buama

Ebenso wie FĂ„da flektieren Baua „Bauer“, Boi "Ball", Breiss "Norddeutscher; Fremder", Depp „Depp“, Buasch "Junge" [österr.], FrĂ„nk "Franke", FrĂ„nzos "Franzose", Hiasch "Hirsch", HĂ„s "Hase", Lef "Löwe" und einige andere. Ähnlich wie Bua flektieren die Wörter RĂ„b „Rabe“ und SchwĂ„b „Schwabe“: alle Formen außer Nominativ Singular haben an Stelle von -b den Stammauslaut -m: RĂ„m, SchwĂ„m; die Pluralform RĂ„ma, SchwĂ„ma sind selten.

Vokativ

In mittelbairischen Dialekten findet sich ein Vokativ bei mĂ€nnlichen Vornamen, also ein Anredefall. Er wird durch AnhĂ€ngen eines offenen -Ăš an den Vornamen gebildet, z.B. GlausĂš zu Klaus, KarĂš zu Karl, WuifĂš / WeffgĂš zu Wolfgang. Ausgangsstamm dafĂŒr sind die entsprechenden Kurzformen mĂ€nnlicher Vornamen, die meist auf geschlossenes -e enden, welches dem standardeutschen -i entspricht: Glause, Kare, Wuife / Weffge. Nicht möglich ist der Vokativ bei MĂ€nnernamen, die auf -o enden (z.B. Otto). Von Vollformen wie Wolfgang kann kein Vokativ gebildet werden: *WolfgangĂš.

Exkurs: Abweichendes Genus vom Standard- bzw. Norddeutschen

Das grammatische Geschlecht eines Substantivs wird am Artikel markiert (vgl. oben). In den meisten FĂ€llen entspricht das (Genus) eines bairischen Wortes dem des entsprechenden Wortes im Hochdeutschen. Es gibt aber nicht wenige Ausnahmen:

Deutsch Bairisch Deutsch Bairisch
die Ascheda Åschn die Karreda KĂ„rn
die Butterda Budda der Literda Lidda**
das Radioda Radio der Meterda Medda**
die Kartoffelda Kadoffe die Schubladeda SchublÄn
die Zwiebelda Zwiafi die Marmeladeda MamalĂ d
das Virusda Virus** die Schokoladeda TschoglĂ d
die Scherbeda Scherm die Sockeda Sogga / as Seggi
die Zeheda ZĂȘ(cha) die Zackeda ZĂ ggn
die Petersilieda BĂšdasui/BĂšdasĂŒĂŒ die Ratteda RĂ„tz
die SchĂŒrzeda Schuaz die Wespeda Weps
das Vaterunserda Vadtaunsa* die Zeckeda Zegg
der Monatauch: as Monat*** die Heuschreckeda Heischregg
das Heut'Heing (f) oder as Hei (n) die Schneckeda Schnegg
der Tunnelas Tunnöi/Tunnöö/Tunell[-'-] die Spitzeda Schbiez
der Sumpft'Sumpfn die Eckes'Egg
das Fettt'Fettn das Maseld'MĂ sn
der Telleras Della / Dölla der Kommentarauch: as Kommentar

*Auch „der Paternoster“ (selten) ist im Bairischen mĂ€nnlich.
** Diese Abwandlung, angelehnt an die auf -us endenden lateinischen bzw. auf -er endenden deutschen Wörter, die fast stets Maskulina sind, teilt das Bairische mit der hochdeutschen Alltags- und Umgangssprache.
*** Besonders in den Wendungen „jeds Monat“ (jeden Monat), „nĂ€chsts Monat“ (nĂ€chsten Monat), „letzts Monat“ (letzten Monat) usf. – nie jedoch bei Monatsnamen: da Monad Mai usw.

Pronomina

Personalpronomina

Bei den Personalpronomina unterscheidet das Bairische teilweise, wie viele romanische und slawische Sprachen, zwischen betonten und unbetonten Formen im Dativ (nur 1., 2. Singular) und Akkusativ (nur 3. Singular und Plural); ferner gibt es ein eigenstÀndiges Höflichkeitspronomen in der direkten Anrede, vergleichbar dem deutschen 'Sie':

1.Singular 2.Singular 3.Singular 1.Plural 2.Plural 3.Plural Höflichkeitspronomen
nomiduea, se, desmiaeß / ia*seSi
unbetont -a, -'s, -'s -ma -'s -'s -'S
datmiadiaeam, iari, demunsenk / eich*eana/senEana
unbetont -ma -da
akk -mi -dieam, iari, desunsenk / eich*eanaEana
unbetont -'n, -'s, -'s -'sSi

* Diese Formen gelten als „weniger“ bairisch.

Bei der Kombination mehrerer unbetonter Personalpronomina, die auf -'s verkĂŒrzt sind, wird der Bindevokal -a- eingeschoben; bei der Reihenfolge der Anordnung gibt es, im Gegensatz zum Deutschen, verschiedene Varianten. Es kann auch zu Mehrdeutigkeit kommen – ein paar Beispiele:

unbetont *(ausgeschrieben) Deutsch
1.a)HĂ„m's da's scho zoagt?HĂ„m s(e) d(ia) (de)s scho zoagt?Haben sie es dir schon gezeigt?
oder:HĂ„m s(e) d(ia) s(e) scho zoagt?Haben sie sie dir schon gezeigt?
1.b)HĂ„m'sas da scho zoagt?HĂ„m s(e) (de)s d(ia) scho zoagt?Haben sie es dir schon gezeigt?
oder:HĂ„m s(e) s(e) d(ia) scho zoagt?Haben sie sie dir schon gezeigt?
2.a)HĂ„dama'n nu ned gem?HĂ„d (e)a m(ia) (de)n nu ned gem?Hat er ihn mir noch nicht gegeben?
2.b)HĂ„da'n ma nu ned gem?*HĂ„d (e)a d(en) m(ia) nu ned gem?Hat er ihn mir noch nicht gegeben?

Dabei kann in (1.a) und (1.b) ebensowenig wie im Deutschen unterschieden werden, ob es sich bei s(e) „sie“ um die 3. Person Singular feminin oder um die 3. Person Plural handelt.

Possessivpronomina

Possessivpronomina haben im Singular verschiedene Kasusendungen fĂŒr alle drei Geschlechter, im Plural dagegen Einheitsendungen.
Beispiel: Im Bairischen gibt es das Pronomen meina, das dem hochdeutschen meiner entspricht. Es wird folgendermaßen gebeugt:

maskulin feminin neutrum Plural
nommeinameinemeismeine
datmeimmeinameimmeine
akkmeinmeinemeismeine

Auch die Possessivpronomina deina und seina flektieren so. Das Possessivpronomen iara („ihrer“) ist aus der deutschen Hochsprache eingedrungen; ursprĂŒnglich verwendet das Bairische fĂŒr weibliche Besitzer ebenfalls das Pronomen seina.

Indefinit- und Fragepronomina

Ebenso wie die oben aufgefĂŒhrten Possessivpronomina flektieren die Indefinitpronomina koana „keiner“ sowie oana, das „einer“ auf Hochdeutsch heißt; man kann letzterm wie im Deutschen das Wort iagad- („irgend-“) voranstellen.

Ferner gibt es das Indefinitpronomen ebba, ebbs „jemand, etwas“; es ist plurallos und flektiert wie folgt:

Person Sache
nomebbaebbs
datebbamebbam
akkebbanebbs

Hier wird also nicht zwischen den Geschlechtern, sondern zwischen Personen und Sachen unterschieden.

Ähnliches gilt fĂŒr das Fragepronomen wea, wĂ„s „wer, was“:

Person Sache
nomweawÄs
datwemwem
akkwenwÄs

Adjektive

Viele bairische Adjektive haben eine Kurzform und eine Langform. Erstere wird in prÀdikativer Stellung verwendet, also dann, wenn das Adjektiv mit dem Hilfsverb sei ein PrÀdikat bildet (zum Beispiel as Haus is sche). Die Langform kommt zum Einsatz, wenn das Adjektiv als Attribut eines Substantivs dient (zum Beispiel a sches Haus oder des schene Haus). Kurzform und Langform unterscheiden sich (wie schon im Beispiel) oft durch einen Endkonsonanten, der der Kurzform fehlt (in diesem Fall -n), und nur vor vokalischen Endungen der Langform (des schene Haus, aber: a sche_s Haus) auftritt. Meistens handelt es sich bei diesen auslautenden Konsonanten um -n, -ch, -g.

Deklination der Adjektive

Wie im Deutschen werden Adjektive in attributiver Stellung flektiert, d.h. sie erhalten verschiedene Endungen. Dabei muss unterschieden werden, ob sie ein Substantive mit bestimmtem Artikel begleiten (und daher selbst in bestimmter Foirm flektieren), oder eines mit unbestimmtem Artikel (und dann dementsprechend nach unbestimmtem Muster gebeugt werden). Werden Adjektive substantiviert gebraucht, also nur mit Artikel, richten sie sich ebenfalls nach diesem. Als Beispiel dient das Adjektiv sche (schön), dessen Stamm bei der Flektion um -n erweitert wird (außer beim Neutrum Singular).

unbestimmt maskulin feminin neutrum Plural
nom:a schena Moa schene Fraua sches Kindoa schene Leid
dat:am schena(n) Moana schenan Frauam schena(n) Kindoane schenan Leid
akk:an schena(n) Moa schene Fraua sches Kindoa schene Leid
unbestimmt maskulin feminin neutrum Plural
nom:da schene Mot'schene Frauas schene Kindde schenan Leid
dat:im schena(n) Moda schenan Frauam schena(n) Kindde schenan Leid
akk:in schena(n) Mot'schene Frauas schene Kindde schenan Leid

In prĂ€dikativer Stellung dagegen werden Adjektive – wie im Deutschen – nicht flektiert, sondern nur in ihrer Nennform gebraucht:

prÀdikativ maskulin feminin neutrum Plural
unbestimmt:a Mo is schea Frau is schea Kind is scheoa Leid sĂ n sche
bestimmt:da Mo is schet'Frau is scheas Kind is schede Leid sĂ n sche
Steigerung der Adjektive

Im Bairischen dient das Suffix -a zur Bildung des Komparativs , der ersten Steigerungsform. Grundlage des Komparativs ist die oben beschriebene Langform; bei manchen Adjektiven kommt es zu Umlauten, bei anderen zu VerÀnderung in der VokallÀnge oder im konsonantischen Auslaut. Beispiele aus dem Westbairischen:

Umlaut Positiv Komparativ Deutsch
kein Umlaut:gscheidgscheidaklug
neineiga / neichaneu
liabliawalieb
schiachschiachahÀsslich
hoaglihoaglichawÀhlerisch
mit VokalkĂŒrzung:diafdiaffatief
a > e:langlengalang
o > e:grobgrewagrob
großgressagroß
u > i:dummdimmadumm
gsundgsindagesund
oa > ea:broadbreadabreit
gloagleanaklein
hoaßheaßaheiß
woachweachaweich
oa > öi:koidköidakalt
ua > ia:kuazkiazakurz

FĂŒr den Superlativ wird je nach Landschaft, eine eigene Form auf (wie im Hochdeutschen) -st gebildet oder aber auch nicht. In letzterem Falle wird der Komparativ als Superlativersatz hergenommen. So kann der hochdeutsche Satz „Max MĂŒller ist der grĂ¶ĂŸte der zwölf Knaben“ im Bairischen folgende Varianten produzieren: „Vo de zwöif Buama is dĂ  MĂŒller MĂ x am gressan (Komparativ)/ am greßtn (Superlativ) /selten dĂ  greßte/dĂ  gressane.“ Es gibt auch suppletive Adjektivsteigerung, also Steigerung mit einem anderen Wortstamm (sog. starke Suppletion) oder einer Wortstammerweiterung (sog. schwache Suppletion):

Suppletion Positiv Komparativ Superlativ Deutsch
stark:guadbessaam bessangut
stĂądleisaam leisanleise
schwach: deia (a deirigs ...)deirigaam deiriganteuer

Numeralia (Zahlwörter)

Bairische Zahlwörter enden meist auf -e, welches sie jedoch in attributiver Stellung oft abstoßen; sie sind unverĂ€nderlich, flektieren also nicht. Ausnahme davon ist das Zahlwort oas fĂŒr die Zahl 1.

Es folgt eine Auflistung der wichtigsten Numeralia ; sie sind teilweise wegen ihrer ungewöhnlichen Konsonantenabfolgen fĂŒr Nichtmuttersprachler schwer auszusprechen:

1oas / oans / àns 11öif(e) / ööf 21oanazwÄnzge / ànazwanzg
2zwoa / zwà 12zwöif(e)/zwööf 22zwoarazwÄnzge / zwàrazwanzg 200zwoahundad / zwàhundad
3drei 13dreizea / dreizen 23dreiazwÄnzg(e) 300dreihundad
4fiar(e) 14fiazea / fiazen 24fiarazwÄnzg(e) 40fiazg(e) 400fiahundad
5fimf(e) 15fuchzea / fuchzen 25fimfazwÄnzg(e) 50fuchzg(e) 500fimfhundad
6seggs(e) 16sechzea / sechzen 26seggsazwÄnzg(e) 60sechzg(e) 600sechshundad
7siem(e) 17sibzea / sibzen 27simmazwÄnzge 70sibzg(e) 700siemhundad
8Ächt(e) 18Ächzea / Ächzen 28ÄchtazwÄnzge 80Ächtzg(e) 800Ächthundad
9neine/nei 19neizea / neizen 29neinazwÄnzge 90neinzg(e) 900neihundad
10zeene 20zwĂ„nzge / zwĂ„nzg / zwoanzg 30dreißge 100hundad 1000tausnd

Substantivierte Zahlen sind im Bairischen Maskulina, wÀhrend sie im Hochdeutschen dagegen Feminina:

Bairisch Deutsch Bairisch Deutsch
da Nulladie Null da Åchtadie Acht
da Oasa / Oansa / Ànsadie Eins da Neinadie Neun
da Zwoara / ZwĂ radie Zwei da Zenadie Zehn
da Dreiadie Drei da Öifa / Ööfadie Elf
da Fiaradie Vier da Zwöifa / Zwööfadie Zwölf
da Fimfadie FĂŒnf da Dreizenadie Dreizehn
da Sechsadie Sechs da Dreißgadie Dreißig
da Simma / Siemadie Sieben da Hundadadie Hundert

Verbalsystem

Das Bairische kennt nur ein synthetisches Tempus , das PrÀsens . Alle anderen Tempora, namentlich Futur und Perfekt , werden seit dem Oberdeutschen PrÀteritumsschwund analytisch gebildet. Als Modus neben Indikativ und Imperativ besitzt das Bairische ferner einen synthetischen, d.h. ohne Hilfsverb gebildeten, Konjunktiv , welcher dem hochdeutschen Konjunktiv II (meist in Funktion des Irrealis , des Optativ oder als Höflichkeitsform) entspricht.

Konjugation der schwachen Verben

Der Indikativ drĂŒckt wie im Deutschen die Wirklichkeit aus; er wird durch AnhĂ€ngen verschiedener Endungen an den Verbstamm gebildet, und ist im Allgemeinen dem Hochdeutschen relativ nahe. Vom Hochdeutschen abweichend sind teilweise die Pluralendungen. Im folgenden das Beispielparadigma des schwachen Verbs mĂ„cha (machen) im Indikativ und Konjunktiv sowie im Imperativ und Optativ:

mÄcha Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi mÄch---i mÄchadmÄchadi!
2.Sgdu mÄchstmÄch!du mÄchastmÄchast!
3.Sger mÄcht---er mÄchadmÄchad!
1.Plmia mÄchan*mÄchma!mia mÄchadnmÄchadma!
2.Pleß mĂ„chtsmĂ„chts!eß mĂ„chatsmĂ„chats!
3.Plse mÄchan(t)**mÄchan'S!se mÄchadnmÄchadn'S!

Partizip II dieses Verbs ist gmÄcht - siehe dazu genauer unter Vergangenheit.

* Vgl. aber den nÀchsten Absatz.
**Zur 3. Person Plural ist anzumerken, dass in manchen Gegenden (zum Beispiel in KÀrnten) das Endungs-t aus dem Althochdeutschen bewahrt ist, welches sich im SchwÀbischen als generelle Pluralendung durchgesetzt hat (mia, ia, si machet).

In der 1. Person Plural wurde nur eine Form aufgefĂŒhrt. TatsĂ€chlich gibt es aber außer den obigen (Ă€lteren) Kurzform auch noch eine (jĂŒngere) Langform, die (außer im untergeordneten Satz, wo sie in den meisten Regionen ungrammatisch ist) die hĂ€ufiger verwendete ist. Sie wird gebildet, indem man die Endung -an durch die Endung -ma ersetzt, also: mĂ„chma. Wie diese entstanden ist, steht in diesem Historischem Exkurs weiter unten.

Verben mit Auslautwechsel

Es gibt jedoch Verben, die von diesem Endungsschema abweichen, weil ihr Stamm auf -g oder -b auslautet, und dadurch mit der ursprĂŒnglichen Infinitivendung -n zu -ng bzw. -m verschmilzt. Außerdem wird Stammauslaut -b vor vokalischer Endung i.d.R. zu -w- frikativisiert. Dadurch entsteht sog. Auslautwechsel bei der Flexion; als Beispiele seien sĂ„ng (sagen) und lem (leben) angefĂŒhrt:

sÄng Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi sÄg---i sÄgadsÄgadi!
2.Sgdu sÄgstsÄg!du sÄgastsÄgast!
3.Sger sÄgt---er sÄgadsÄgad!
1.Plmia sÄngsÄngma!mia sÄgadnsÄgadma!
2.Pleß sĂ„gtssĂ„gts!eß sĂ„gatssĂ„gats!
3.Plse sÄng(t)sÄng'S!se sÄgadnmÄgadn'S!

Das Partizip II lautet gsÄgt; Partizip I ist nicht gebrÀuchlich.

lem Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi leb---i lewadlewadi!
2.Sgdu lebstleb!du lewastlewast!
3.Sger lebt---er lewadlewad!
1.Plmia lemlema!mia lewadnlewadma!
2.Pleß lebtslebts!eß lewatslewats!
3.Plse lem(t)lem'S!se lewadnlewadn'S!

Das Partizip I lautet lewad "lebend", das Partizip II glebt.

Verben mit Themasuffix -a- oder -i-

Eine weitere Gruppe von Verben, deren Infinitiv auf -an oder -in endet, zeigt in der 1. Person Singular die Endung -d; der Themavokal -a- bzw. -i- bleibt im gesamten Indikativparadigma erhalten. Diese Verben entsprechen oft den deutschen Verben auf -ern (> -an) bzw. -eln (> -in); als Beispiel zunĂ€chst ziedan (zittern), welches im Konjunktiv einerseits wieder (-a- >) r-haltige Formen zeigen, andererseits auf Verdopplung der Silbe -ad- zurĂŒckgreifern kann:

ziadan Indikativ Imperativ r-Konjunktiv dupl. Konjunktiv
1.Sgi ziadad---i ziedradi ziadadad
2.Sgdu ziedastziedad!du ziedrastdu ziedadast
3.Sger ziedad---er ziedrader ziedadad
1.Plmia ziadanziedama!mia ziedradn/ziedradmamia ziedadn/ziedadma
2.Pleß ziedatsziedats!eß ziedratseß ziedadats
3.Plse ziadan(t)ziadan'S!se ziedradnse ziedadn

Anders als obiges Verb weist das nÀchste Verb kàmpin (kÀmmen) neben dem periphrastischen Konjunktiv (mittels Konjunktiv des Hilfsverbs doa) nur eine Möglichkeit des Konjunktivs auf, nÀmlich Stammmodulation i > l; eine Silbenverdopplung wie oben ist nicht möglich:

kĂ mpin Indikativ Imperativ l-Konjunktiv periphr. Konj.
1.Personi kĂ mpid---i kĂ mpladi dĂ d kĂ mpin
2.Persondu kĂ mpistkĂ mpid!du kĂ mplastdu dĂ st kĂ mpin
3.Personer kĂ mpid---er kĂ mplader dĂ d kĂ mpin
1.Personmia kĂ mpinkĂ mpima!mia kĂ mpladnmia dĂ dn/dĂ dma kĂ mpin
2.Personeß kàmpitskàmpits!eß kàmplatseß dàdats/dàrats kàmpin
3.Personse kĂ mpin(t)kĂ mpin'S!se kĂ mpladnse dĂ dn kĂ mpin

Konjugation der starken Verben

Starke Verben bilden ihren Konjunktiv teilweise mit Ablaut anstelle des ad-Suffixes, sie können aber auch beides kombinieren (diese Formen sind eingeklammert). Bei starken Verben mit Stammvokal -e- (siehe Beispiele oben) tritt zudem im Indikativ und Imperativ Singular Wechselflexion auf, d. h. ein Vokalwechsel von -e- zu -i- findet statt, jedoch im Gegensatz zum Hochdeutschen auch in der 1. Person Singular. Die Umlautung (hochdeutsch: er schlĂ€gt) wird dagegen nicht durchgefĂŒhrt: er schlagt.

kema Indikativ Imperativ Konj. + Ablaut Konj. + Ablaut + ad
1.Sgi kim---i kĂąmi kĂąmad
2.Sgdu kimstkimm!du kĂąmstdu kĂąmast
3.Sger kimt---er kĂąmer kĂąmad
1.Plmia kemankemma!mia kĂąman/kĂąmamia kĂąmadn/kĂąmadma
2.Pleß kemtskemts!eß kñmtseß kñmats
3.Plse keman(t)keman'S!se kĂąmanse kĂąmadn

Partizip II dieses Verbs ist kema - siehe dazu genauer unter Vergangenheit.

Auch starke Verben können Auslautwechsel -b-/-w-/-m- zeigen; Beispiel gem "geben":

gem Indikativ Imperativ Konj. + Ablaut Konj. + Ablaut + ad
1.Sgi gib---i gĂąbi gĂąwad
2.Sgdu gibstgib!du gĂąbstdu gĂąwast
3.Sger gibt---er gĂąber gĂąwad
1.Plmia gemgema!mia gĂąm/gĂąmamia gĂąwadn/gĂąwadma
2.Pleß gebtsgùbts!eß kñmtseß gñwats
3.Plse gem(t)gem 'S!se gĂąmgĂąwadn

Partizip II dieses Verbs ist gem.

Als Beispiel zum -g-/-ng-Wechsel dient sĂšng "sehen"; es gibt hier jedoch auch Formen ohne -e-/-i-Wechsel:

sĂšng Indikativ Imperativ Konj. + Ablaut Konj. + Ablaut + ad
1.Sgi sig/sĂšg---i sĂągi sĂągad
2.Sgdu sigst/sĂšgstsig/sĂšg!du sĂągstdu sĂągast
3.Sger sigt/sĂšgt---er sĂąger sĂągad
1.Plmia sĂšngsĂšngma!mia sĂąng/sĂąngmamia sĂągadn/sĂągadma
2.Pleß sùgtssùgts!eß sñgtseß sñgats
3.Plse sĂšng(t)sĂšng 'S!se sĂąngsĂągadn

Partizip I dieses Verbs ist sĂšgad "sehend", Partizip II gsĂšng.

Imperativ und Optativ

Das Bairische kennt Imperativformen fĂŒr die 2. Person Singular wie auch Plural sowie fĂŒr die 1. Person Plural, ferner fĂŒr die höfliche Anrede. Es gelten folgende Regeln zur Bildung:

  • fĂŒr die 2. Person Singular nehme man den Wortstamm ohne Endung; bei starken Verben wird dabei ggf. Stammvokal -e- zu -i-; dies fĂŒhrt in der Regel zu Gleichheit mit der Form der 1. Person Sg. Ind. - das Personalpronomen du wird fĂŒr gewöhnlich nicht benutzt (außer in der Emphase ): mĂ„ch!, fĂ„r!, kimm!, gib! usw.
  • fĂŒr die 2. Person Plural nehme man den Wortstamm plus Endung -ts, also die Indikativform; das betonte Personalpronomen darf wahlweise dazu benutzt werden: mĂ„chts!, fĂ„rts!, kemts!, gebts! usw.
  • fĂŒr die 1. Person Plural, den sog. Hortativ , nehme man die sog. Langform des Indikativs, die stets auf -(m)a endet (d.i. das ehemals klitisierte Personalpronomen, siehe Historischer Exkurs zur Klitisierung); das betonte Personalpronomen mia darf wahlweise dazu benutzt werden: mĂ„chma!, fĂ„rma!, kemma!, gema! usw.
  • in der höflichen Anrede verwendet man den Imperativ der 3. Plural, d. i. der Wortstamm plus Endung -(a)n; dabei muss die unbetonte Form des Höflichkeitspronomens -S klitisiert werden: mĂ„chan'S!, fĂ„rn'S!, keman'S!, gem'S! usw.

Der Konjunktiv kann auch als Optativ verwendet werden, wobei hier in der 1. Person Sg./Pl. jeweils das klitisierte Personalpronomen -i bzw. -ma obligatorisch ist. Die Formen auf -ma entsprechen den Langformen des Konjunktiv, die die 1. Person Plural analog zu den Langformen des Indikativs aufweist.

Konjugation der Hilfsverben

Bei einigen oft gebrauchten Verben treten selten VerĂ€nderungen bei der Kojugation auf, darum sind diese hier aufgefĂŒhrt. Außerdem zeigen sie viele regionale Sonderformen. Dazu gehören in erster Reihe die Hilfsverben sei (sein), hĂ„m (haben) und doa/dea/duan (tun).

sei Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi bi---i wĂąr/wĂąrad*wĂąri/wĂąradi!
2.Sgdu bistbi!du wĂąst/wĂąrast*wĂąst/wĂąrast!
3.Sger is---er wĂąr/wĂ rad*wĂąr/wĂąrad!
1.Plmia sĂ n/hĂ nsĂ mma/hĂ mma!mia wĂąn/wĂąradnwĂąma/wĂąradma!
2.Pleß sàts/hàtssàts/hàts!eß wñts/wñrats*wñts/wñrats!
3.Plse/Se sĂ n(t)/hĂ n(t)sĂ n'S!se wĂąn(t)/wĂąradn*wĂąn'S/wĂąradn'S!

Dabei können, wie bei allen Verben, die Imperativformen auch als lange Indikativformen im ĂŒbergeordneten Satz auftreten; selbiges gilt fĂŒr die Optativformen als lange Konjunktivformen. Das Partizip II lautet gwen, seltener gwesn.

sei Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi hĂ„(n)---i hedd/hĂȘdheddi/hĂȘdi!
2.Sgdu hĂ„st---du hest/hĂȘsthest/hĂȘst!
3.Sger hĂ„d---er hedd/hĂȘdhedd/hĂȘd!
1.Plmia hĂ„m/hĂ„mma---mia heddn/hĂȘdnheddma/hĂȘdma!
2.Pleß hĂ„bts---eß hets/hĂȘtshets/hĂȘts!
3.Plse/Se hĂ„m(t)---se heddn(t)hĂȘdn(t)heddn'S/hĂȘdn'S!

Das Partizip II lautet ghÄbt, regional auch ghÄd.

Das wichtigste Modalverb im Bairischen ist doa(n), welches in vielen regionalen Formen auftritt, die unmöglich hier alle aufgelistet werden können. Der Stammvokal kann -oa- mit Pluralumlaut -ea- sein (meist Westbairisch), -ua- ohne Umlaut (eher Ostbairisch) und -ua- mit Pluralumlaut -ia- (v.a. Tirolerisch). Jedoch gibt es in allen Dialekten sog. Allegroformen fĂŒr den Indikativ Plural, die statt Diphthongs den kurzen Stammvokal -Ă - zeigen. Weiters wird von Gegend zu Gegend ein -n an den Infinitiv gefĂŒgt, oder auch nicht.

Hier das westbairische Paradigma mit Umlaut im Indikativ Plural:

doa(n) Indikativ Imperativ Konjunktiv Optativ
1.Sgi doa---i dĂąd/dĂądad*dĂądi!
2.Sgdu doastdoa!du dĂąst/dĂądast*dĂąst!
3.Sger doad---er dĂąd/dĂ dad*dĂąd!
1.Plmia dean/dĂ ndeama/dĂ mma!mia dĂądn/dĂądadn*dĂądma!
2.Pleß deats/dàtsdeats/dàts!eß dñdats/dñratsdñdats/dñrats!
3.Plse/Se dean(t)/dĂ n(t)dean'S/dĂ n'S!se dĂądn(t)/dĂądadn*dĂądn'S!

Das Partizip II lautet dÄ(n).

* Diese Formen sind hier recht selten; sie treten auch mit -r- an Stelle von -d- auf: i dĂ rad etc. (siehe auch 2.Pl im Paradigma). In der zweiten Person Plural ist die Langform mit d- oder r-Einschub dagegen obligatorisch, da die zu erwartende Form dĂ ts in mit der Allegroform des Indikativs gleichlauten wĂŒrde.

Modalverben

Die meisten Modalverben sind im Bairischen wie auch im Hochdeutschen sogenannte PrÀterito-PrÀsentia . Diese haben oft einen Vokalwechsel in der Indikativflexion, Nullendung in der 3. Person Singular sowie ein starkes Partizip II (welches immer mit dem Infinitiv gleichlautet und deshalb nicht extra angegeben wird). Im folgenden sind die Paradigmen der wichtigsten Modalverben widergegeben:

deaffa (dĂŒrfen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi deafmia deaffan/deafma 1.Personi deaffadmia deaffadn
2.Persondu deafsteß deafts 2.Persondu deaffaasteß deaffats
3.Personer deafse deaffan(t) 3.Personer deaffadse deaffadn

kina (können)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi kÄmia kinan/kimma 1.Personi kànt/kuntmia kàntn/kuntn
2.Persondu kĂ„steß kints 2.Persondu kĂ nst/kunsteß kĂ nts/kunts
3.Personer kÄse kinan(t) 3.Personer kànt/kuntse kàntn/kuntn*

Daneben gibt es auch den regulĂ€ren Konjunktiv i kinad. Die Langformen der 1. Person Plural im Konjunktiv lauten mia kĂ ntma bzw. mia kuntma; im Indikativ Plural existieren auch Formen mit Stammvokal -e statt -i-, die allerdings zum Zusammenfall mit dem Pluralparadigma des Verbs kena (kennen) fĂŒhren, und deshalb nur regional gebraucht werden.

meng (mögen; in nicht-modaler Verwendung auch lieben)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi mĂ„gmia meng(ma) 1.Personi mĂȘchadmia mĂȘchadn
2.Persondu mĂ„gsteß megts 2.Persondu mĂȘchasteß mĂȘchats
3.Personer mĂ„gse meng(t) 3.Personer mĂȘchadse mĂȘchadn

miaßn (mĂŒssen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi muaßmia miaßn/miaßma 1.Personi miassadmia miassadn
2.Persondu muaßteß miaßts 2.Persondu miassasteß miassats
3.Personer muaßse miaßn(t) 3.Personer miassadse miassadn

woin (wollen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi wui / woimia wuin/wuima
woin/woima
1.Personi wuiad / woiadmia wuiadn / woiadn
2.Persondu wuist / woisteß wuits / woits 2.Persondu wuiast / woiasteß wuiats / woiats
3.Personer wui / woise wuin(t) / woin(t) 3.Personer wuiad / woiadse wuiadn / woiadn

Ebenso flektiert das Modalverb soin / suin (sollen).

UnregelmĂ€ĂŸige Verben

Als letztes PrÀterito-PrÀsentium existiert im Bairischen wissn (wissen), welches zwar kein Modalverb ist, aber Àhnlich wie diese flektiert wird:

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi woaßmia wissn/wissma 1.Personi wissadmia wissadn
2.Persondu woaßteß wissts 2.Persondu wissasteß wissats
3.Personer woaßse wissn(t) 3.Personer wissadse wissadn*

Das Partizip II dieses Verbs wird allerdings schwach gebildet: gwisst, seltener gwusst.

Weitere unregelmĂ€ĂŸige Verben sind im folgenden aufgefĂŒhrt:

gĂȘ (gehen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi gĂȘmia gĂšngan/gĂšmma 1.Personi gĂ ng(ad)mia gĂ nga(d)n
2.Persondu gĂȘsteß gĂšts 2.Persondu gĂ ng(a)steß gĂ ng(a)ts
3.Personer gĂȘdse gĂšngan(t) 3.Personer gĂ ng(ad)se gĂ nga(d)n

Das Verb gĂȘ ist ein besonderer Fall: Zum einen lautet die Langform der ersten Person Plural gĂšmma, zum andern ist der Konjunktiv „i gĂ ng(ad)“ eine bairische Eigenbildung. Bairische SchĂŒler sind deshalb beim Erlernen des hochdeutschen Konjunktivs II oft der Meinung, zu „gehen“ laute dieser „gĂ€nge“ anstatt „ginge“.

Von diesem beeinflusst wurde das Paradigma des folgenden Verbs:

stĂȘ (stehen)

Indikativ Singular Plural Konjunktiv Singular Plural
1.Personi stĂȘmia stĂšngan/stĂšmma 1.Personi stĂ ndmia stĂ ndn/stĂ ndma
2.Persondu stĂȘsteß stĂš(g)ts 2.Persondu stĂ ndsteß stĂ nts
3.Personer stĂȘdse stĂšngan(t) 3.Personer stĂ ndse stĂ ndn

Vergangenheit

Das Imperfekt , die synthetische Vergangenheitsform des Hochdeutschen und prinzipiell auch des Bairischen, existiert nur bei zwei Wörtern: sei (mit wĂ„r) und woin (mit woit), wobei auch dies nicht unumstritten autochthone Formen sind; es könnte sich um Lehngut aus der Hochsprache handeln. Bei diesen wird es zur Beschreibung von ZustĂ€nden hergenommen, wohingegen bei Ereignissen auch hier das Perfekt ĂŒberwiegt. NĂ€heres dazu siehe Oberdeutscher PrĂ€teritumsschwund.
Zum Ausdruck der Vergangenheit wird das Perfekt hergenommen. Daher werden starke und schwache Verben nur anhand des Partizips Perfekt unterschieden; dieses wird mit dem PrĂ€fix g- und den Suffixen -n oder -a (starke Verben) bzw. -t (schwache Verben) gebildet. Dabei kann das PrĂ€fix bei den Stammanlauten g, b, t, d, k, p, z verschwinden (außer im SĂŒdbairischen) und so das Partizip II mit dem Infinitiv zusammenfallen. Eine Auflistung aller starken Verben des Bairischen finden Sie hier .

Alle Klassen schwacher Verben enden im Perfekt auf das Suffix -t oder -d; sie mĂŒssen daher nicht weiter unterschieden werden. Das PrĂ€fix g- verschwindet ebenso wie bei den starken Verben vor Plosiven (g, b, d, t, k, p) und wird vor Frikativen (s, sch, h
) zu k- verhĂ€rtet. Stammwechsel tritt selten auf:

Infinitiv Partizip Perfekt Deutsch Infinitiv Partizip Perfekt Deutsch
Äwatn gÄwat arbeiten, gearbeitet biesln bieslt pissen, gepisst
drĂąn drĂąd drehen, gedreht hoffa ghofft hoffen, gehofft
kocha kocht kochen, gekocht lÄcha glÄcht lachen, gelacht
leana gleant lernen, gelernt mÄcha gmÄcht machen, gemacht
mùn gmùd mÀhen, gemÀht nùn gnùd nÀhen, genÀht
rean gread röhren, geröhrt (in der Bedeutung weinen) scheina gscheint scheinen, gescheint / geschienen
woana gwoant weinen, geweint wöin gwöid wÀhlen, gewÀhlt
Obacht: denga denkt denken, gedacht bringa bracht bringen, gebracht

Im SĂŒdbairischen gelten zum Teil andere Regeln. Das PrĂ€fix ge- ist erhalten (vor Sonoranten als g-). Vor Frikativen wird das PrĂ€fix zu k- (ksegn, khĂ„p, khasen), vor Plosiven bleibt auch das e erhalten, vor r wird es zu kh- (khred, khrĂ„tn; vor anlautendem r stand frĂŒher allgemein h, was noch heute auf einige Mundarten zutrifft, z.B. hrous Ross).

Eine besondere VerĂ€nderung kann bei hĂ„m (haben) auftreten: Neben ghĂ„bt bildet es auch ghĂ„d (sĂŒdb. khĂ„p).

Die Vergangenheit wird schließlich analytisch , also mit den flektierten Formen eines der beiden Hilfsverben hĂ„m oder sei gebildet, wobei der Anteil von Verben, die sei verlangen, gegenĂŒber dem Hoch- und vor allem Norddeutschen höher ist.

Partizip I

Das Partizip der Gleichzeitigkeit, auch Partizip I oder Partizip PrÀsens genannt, wird mit dem Suffix -ad gebildet, zum Beispiel:

  • drenzad "weinend"
  • drĂ„gad "tragend"
  • (g)schiaglad "schielend; flunkernd"
  • (g)spinnad "spinnend"
  • stingad "stinkend"
  • brennad "brennend"
  • blearad "plĂ€rrend"
  • bliarad "blĂŒhend"

Diese Partizipien werden als Adjektive oder adverbiell verwendet – in attributiver Stellung, als Teil eines NominalprĂ€dikats oder halbsententiell. Zur Bildung von Tempora, wie es im Englischen der Fall ist, werden sie in der Regel nicht eingesetzt (vgl. aber nĂ€chsten Abschnitt).

Aspekt

Wie in den meisten germanischen Sprachen und Dialekten ist die Kategorie Aspekt im Bairischen nicht explizit ausgeprĂ€gt. Es gibt jedoch Möglichkeiten, incohative Handlungen auszudrĂŒcken, indem das Partizip I in Verbindung mit dem Verb wern "werden" eingesetzt wird:

  • as Haus is brennad worn "das Haus begann zu brennen"
  • di BĂ m sĂ n bliarad worn "die BĂ€ume fingen an zu blĂŒhen"

In anderen ZusammenhĂ€ngen, vor allem bei Wettererscheinungen, wird IncohativitĂ€t mit kema zum + Infinitiv ausgedrĂŒckt:

  • as kimt zum Wedan "es wird bald ein Gewitter geben"
  • as kimt zum Schneim "es wird bald schneien"

Morphosyntax

Im Bairischen ist der Übergang von der Wortbeugung zum Satzbau ( Syntax ) oft fließend, weshalb viele Bereiche der Grammatik von der Morphosyntax am besten erfasst werden.

PrÀpositionen

PrĂ€positionen können im Bairischen, ebenso wie im Deutschen, mit dem bestimmten Artikel zu einem Wort verschmelzen (vgl. dt. bei dem = beim, an dem = am, unter den = untern usw.). Allerdings sind im Bairischen weit mehr PrĂ€positionen von diesem Vorgang betroffen als im Deutschen; eine Übersicht:

PrÀposition Dat. Sg. m./n. (-m) Akk. Sg. m. (-n) Dat. Sg. f. (-da) Akk. Sg. n. (-s) Deutsch
ÄnÄmÄnanÄndaÄnsan
afafmafnafdaafsauf
fia, foafiam, foamfian, foanfiada, foadafias, foasvor
hintahintamhintanhintadahintashinter
iwaiwamiwaniwadaiwasĂŒber
untauntamuntanuntadauntasunter
nemanemamnemannemadanemasneben
beibeim---beida---bei
wengawengam---wengada---wegen
zuzum, zun---zuda---zu
fia---fian---fiasfĂŒr
genga---gengan---gengasgegen
um---umman---umsum

Da PrÀpositionen die Betonung auf das nachfolgende Satzelement lenken, können ihnen nur betonte, niemals unbetonte Personalpronomina folgen.

PrÀpositionsgebrauch

Im Bairischen werden fĂŒr Ortschaften nicht die PrĂ€positionen „nach“ und „in“ gebraucht, sondern stattdessen af und z' ; so fĂ€hrt man z.B. af Minga statt „nach MĂŒnchen“ und ist dann z'Minga, nicht „in MĂŒnchen“. Ebenso ist man auch z' Wea („in Wien“), z'StrĂąwing („in Straubing“) oder 'z'GrĂąz („in Graz“), gleich wie schwierig die KonsonantenbĂŒndelung am Wortanfang auch wird. Daher auch der Scherz, dass alle bairischen Ortsnamen mit z- beginnen! Bei Feiertagen findet sich je nach Landschaft entweder ebenfalls z' : z'Ostan, z'Weihnachtn; oder auf: auf Ostern, auf Weihnachten; oder unter hochdeutschem Einfluss an; niemals wĂŒrde ein Baier diese Wörter jedoch (wie im nördlichen Hochdeutsch möglich) ohne PrĂ€position zur Zeitangabe verwenden.

Eine regionale Besonderheit ist die PrĂ€position Ă„ft, die in der Steiermark verwendet wird. Sie entspricht etymologisch dem englischen after und bedeutet, ebenso wie dieses, „nach“ (allerdings nur temporal); sie kann auch als temporales Adverb in der Bedeutung „nachher, danach“ gebraucht werden.

PrÀpositionslose Lokalkodierung

In sĂŒdbairischen Dialekten treten prĂ€positionslose Orts- und Richtungsangaben (Adverbialien) auf. Man geht dementsprechend nicht „in die Kirche“ oder „auf den Markt“, sondern ma gĂȘd Kiacha / Moakt, also ohne Gebrauch irgendeiner PrĂ€position. Die Lokalbedeutung wird durch das Ausbleiben des Artikels markiert, der sonst bei jedem Substantiv obligatorisch ist. Weitere Beispiele: i wohn Knittelfeld, i wĂ„r Schul, er geht erste Klasse Schul (vgl. auch lat. Romae in Rom, Romam nach Rom).

Orts- und Richtungsadverbialien

Das Bairische hat ein komplexes System von Richtungsadverbialien, welche Bezug zur Sprecherperspektive nehmen; ebenso wie im Deutschen muss, je nach dem, ob die Bewegung vom Sprecher weg oder zum Sprecher hin vollzogen wird, die Affixe -hin- bzw. -her- an das Adverb angefĂŒgt werden (im Wienerischen wird das jedoch nicht unterschieden, z.B. auffi und auffa sind zu auffe zusammengefallen). Im Deutschen werden diese Affixe jedoch als PrĂ€fixe hin- bzw. her- gebraucht, also dem Adverb vorangestellt. Im Bairischen ist das Gegenteil der Fall: die Affixe werden als Suffixe eingesetzt, d.h. dem Adverb hinten angefĂŒgt. Dabei wird das Suffix -hin zu -i, regional -e abgeschwĂ€cht, das Suffix -her zu -a. Eine vergleichende Übersicht:

PrÀposition vom Sprecher (-i) Deutsch (hin-) zum Sprecher (-a) Deutsch (her-)
Ä, ÄbÄwihinab, hinunterÄwaherab, herunter
Ä, ÄnÄni*hinanÄnaheran
auf / afauffi /affihinaufauffa / affaherauf
ausaussihinausaussaheraus
dÄ-dÄnihintan (zur SeitedÄna(von der Seite weg)
durchduachihindurchduacha [selten]*herdurch
fiafiari(nach vorne)fiarahervor
hintahintari(nach hinten)hintara(nach hinten)
zuazuari / zuwihinzuzuara / zuwa(herbei)
umumihinĂŒberumaherĂŒber

Historischer Exkurs: Zur Klitisierung im Bairischen

Im Bairischen hat ein Prozess stattgefunden, der in der Sprachwissenschaft Klitisierung heißt. Damit ist in diesem Fall die AnfĂŒgung des Personalpronomens an das konjugierte Verb gemeint. Diese AnfĂŒgung ergibt sich durch die inverse Satzstellung. Im Bairischen rĂŒckt nĂ€mlich wie im Hochdeutschen, zum Beispiel im Fragesatz, das Subjekt hinter das PrĂ€dikat:

normaler Satzbau inverser Satzbau
wir tuntun wir?
mia deandean mia?

Dabei wird das Personalpronomen im Regelfall abgeschwÀcht, da es nicht betont ist. Von hier ist es nur ein kleiner Schritt zur Kontraktion von Verbendung -n und Anlaut des Personalpronomens m-:

betontes Subjekt unbetonte Subjekt
dean mia?dean ma? > deama?

Das ist der Grund, weshalb das Pronomen der 1. Person Plural im Bairischen auf m- anlautet: die mittelhochdeutsche Verbendung -n und der Anlaut des Personalpronomens wir sind zum m verschmolzen (ebenso im SchwĂ€bischen). Dieses m wurde anschließend von den Sprechern nicht lĂ€nger als Verbendung, sondern als Anlaut des Personalpronomens analysiert, daher heißt der Wahlspruch der Niederbayern: „mia hĂ mma mia!“ und nicht „wir sind wir!“. Allerdings ist das auf m- anlautende Personalpronomen fĂŒr die 1. Plural fast allen hochdeutschen Dialekten gemein und insofern keine bairische Besonderheit; es tritt auch im Alemannischen, im FrĂ€nkischen , im PfĂ€lzischen und im ThĂŒringischen auf.

In der 2. Person Plural hat ein Ă€hnlicher Prozess, jedoch mit anderem Resultat, stattgefunden. Da das Bairische, anders als das Hochdeutsche, das ehemalige Dualpronomen eß an Stelle von ihr gebraucht, und eß auf einen Vokal anlautet, konnte dieser Vokal im inversen Satzbau verschluckt werden:

normaler Satzbau inverser Satzbau
*eß deatdeat eß? > deats?

Diese AnfĂŒgung wurde im Laufe der Zeit nicht mehr als klitisiertes Pronomen wahrgenommen, was soweit fĂŒhrte, dass die Endung -s fĂŒr alle Verben im Bairischen obligatorisch geworden ist. Deshalb wird hĂ€ufig das Personalpronomen erneut angefĂŒgt, wenn heute im Bairischen ein Fragesatz formuliert wird; historisch gesehen ist dies eine Tautologie , also eine Doppelnennung des Subjekts, wird aber nicht mehr als solche bewusst wahrgenommen:

1. Person Plural 2. Person Plural
deama mia?deats eß?

Die kursiv gedruckten Endungen sind also grammatisiert worden. Diese Grammatisierung ist jedoch bei der 1. Person Plural nicht abgeschlossen. Darauf weist zum einen hin, daß kein Subjekt verwendet werden muß, wenn eine klitisierte Verbform verwendet wurde: An Stelle der o. g. deama mia, deats eß gibt es auch noch deama, deats ohne weiteres Subjekt. Man kann also statt „kĂ nnts eß uns leicht höiffa“ („könnt ihr uns vielleicht helfen“) auch noch, jedoch seltener, „kĂ nnts uns leicht höiffa“ sagen. Zum anderen gibt es auch ein weiteres bairisches PhĂ€nomen, die sogenannten konjugierten Nebensatzeinleiter . Dabei werden die Verbalendungen -st, -ma und -s/-ts, also die Verbendungen der 2. Person Singular, der 1. Person Plural und der 2. Person Plural, an den Nebensatzeinleiter (meist eine Konjunktion oder ein Relativpronomen ) angefĂŒgt, wenn das Subjekt mit der entsprechenden Person ĂŒbereinstimmt. Beispiele:

Mittelbairisch Deutsch
2. Person Singular:I frag di, obst du heid nu epps duast.Ich frage dich, ob du heute noch was unternimmst.
2. Person Singular:I frag enk, obs/obts eß heid ñ nu epps deats.Ich frage euch, ob ihr heute auch noch was unternehmt.
1. Person Plural:Mia wissma ned, obma mia heid nu epps dean.Wir wissen nicht, ob wir heute noch was unternehmen.
(noch) nicht möglich: *... obma mia heid nu epps deama.

WĂ€hrend also die Endungen der 2. Person Singular wie auch Plural festgefĂŒgt sind im Konjugations paradigma , darf im Falle eines Nebensatzes bei der 1. Person Plural nur die nicht-klitisierte Form (in diesem Falle dean) verwendet werden; in allen anderen FĂ€llen ist die klitisierte Form deama optional verwendbar. Im Hauptsatz sind sowohl die klitisierte Form wissma als auch das unklitisierte, Ă€ltere wissn möglich.

Das SĂŒdbairische scheint bei diesem Prozess die Vorreiterrolle zu spielen, denn hier ist auch die Klitisierung der 1. Person Plural im Nebensatz möglich oder sogar obligatorisch. Dass die Klitisierung auch ihren Anfang im SĂŒdbairischen hatte, ist schwer nachzuweisen; allerdings gibt es dieses PhĂ€nomen zumindest bei der 2. Person Singular auch in ander deutschen Dialekten, z. B. im Ruhrplatt .

Syntax

Wortstellung

In folgenden Konstruktionen unterscheidet sich die Wortstellung von der in der Standardsprache:

  • das direkte Objekt folgt auf das indirekte, zum Beispiel sag mirs;
  • nachgestellte Adjektive (bei Betonung, zum Beispiel Hund, vĂ reckdĂ !; da MĂ„nn, da Ă„lte);
  • Initialstellung der Verben (Emphase oder Antwort, zum Beispiel kumm i glei als Antwort auf wann kummst z'uns);
  • Perfekt der Modalverben (nur im Basilekt, zum Beispiel er hĂ„t miassn aufstehn).

Regional können auch andere Abweichungen vorkommen.

In NebensÀtzen mit Modalverben kommen oft nichtprojektive Dependenzen vor, wodurch die meisten bairischen Mundarten nicht mit einer kontextfreien Grammatik beschrieben werden können.

Verbrektion

Manche Verben des Bairischen erfordern eine andere Rektion als im Hochdeutschen, z.B. diaschtn („dĂŒrsten“), drĂ mma („trĂ€umen“) und rein („bereuen“). Sie werden mit dem logischen Subjekt im Dativ oder Akkusativ benutzt (sog. Quirky Case ); ein formales Subjekt ist oft nicht vorhanden:

mi diaschtich habe Durst
di dràmt schlechtdu trÀumst schlecht
des reid eamdas bereut er

PrÀdikative Attribute

Im Bairischen werden, anders als im Hochdeutschen, Adjektive in attributiver Stellung markiert; dazu dient das invariable Suffix -a bzw. -e; es handelt sich dabei um erstarrte Nom.Sg.-Formen (maskulin bzw. feminin). Solcherlei Attribute können auf Subjekt wie auch Objekt bezogen sein. Beispiele:

Des schmeggt koida bessa. – Das schmeckt kalt besser.
Fast hĂšttn's'n lewada eigrĂ„m. – Fast hĂ€tten sie ihn lebendig eingegraben.

Dabei kann – je nach Kontext – dieses Attribut mit einem vorangestellten oisa verdeutlicht werden.

Oisa dreggada kimmstma ned ins Haus! – Dreckig kommst du mir nicht ins Haus!

Ersatzformen

Im Dialekt werden gewisse Infinitivkonstruktionen (Subjekts- und ObjektssÀtze, AcI) vermieden und durch NebensÀtze mit einem finiten Verb ersetzt, zum Beispiel:

  • schwar is, dĂ„ss ma heit a Årbeit fint (es ist schwer, heute Arbeit zu finden)
  • bin nit gegwehnt, dĂ„ss i friah aufsteh (ich bin es nicht gewöhnt, frĂŒh aufzustehen)
  • i siech, dĂ„ss er kummb (ich sehe ihn kommen)

Ähnlich werden auch attributive Partizipialphrasen vermieden, zum Beispiel:

  • de Kinder, de wĂ„s lafm (die laufenden Kinder)

EingeschrÀnkt werden Partizipien adverbiell verwendet, zum Beispiel:

  • sitzndĂ  bin i eingschlĂ„fm

Verneinung

Ein Bereich, in dem das Bairische sehr kreativ ist, ist die Verneinung, da es die sogenannte doppelte Verneinung gibt, welche mitnichten eine Litotes darstellt.

Beispiel: In da StĂ„d huift koana neamdm nĂȘda; dĂ„ĂŸ a-r-eam amoi a bißl wĂ„s z’eßn gĂąbat, wenn dear amoi koa Göid nĂȘd hĂ„t, Ă„ba nĂą: DĂ„ gibt’s koane freindlichn Menschn nimma, dĂ„ gibt nia koana nix. (In der Stadt hilft keiner; er könnte ihm doch einmal ein wenig zu essen geben, wenn derjenige einmal kein Geld hat, aber nein: Da gibt es keine freundlichen Menschen mehr, da gibt nie jemand etwas. wörtlich: In der Stadt hilft keiner niemandem nicht; daß er ihm einmal ein bißchen was zu essen gĂ€be, wenn der einmal kein Geld nicht hat, aber nein: Da gibt es keine freundlichen Menschen nicht mehr, da gibt nie keiner nichts.)

Dieser Satz, obwohl zugegebenermaßen konstruiert, könnte also durchaus so ausgesprochen werden. Jedoch kann man genauso gut auch folgenden bairischen Satz aussprechen: In da StĂ„d huift koana; dĂ„ĂŸ a-r-eppam amoi a bißl wĂ„s z'eßn gĂąbat, wenn dear amoi koa Göid hĂ„t, Ă„ba nĂą: Freindliche Menschen gibt’s dĂ„ nimmer, dĂ„ gibt nia oana wĂ„s. (gleichbedeutend).

Festzuhalten bleibt bloß: Ein Baier kann einen Satz einmal oder mehrmals verneinen, der Sinn bleibt im allgemeinen der gleiche (Ausnahmen weiter unten).

Folgende Wörter werden zur Verneinung verwendet:

bairisch hochdeutsch Verwendung
ned, neda nicht allgemeines Verneinungswort
nia nie(mals) verneint Zeitangaben
nimma, neama nicht mehr/nimmer drĂŒckt VerĂ€nderung aus
nix, nixe nichts verneint Sachen
niangdwo, niagadwo nirgendwo verneint Ortsangaben
niagads nirgends verneint Ortsangaben
koa [flektiert] kein etc. verneint Substantive
koana (nur im Nom.!) keiner verneint Personen
neamad(s), neamde niemand verneint Personen
(Dat. neamdm*, Akk. neamdn*)

* neamdm und neamdn sind von der Aussprache her nicht zu unterscheiden ([nΔam'm]).

Ausfall von 'es' in unpersönlichen SÀtzen

Das formale Subjekt es wird oft elidiert, z.B. er is da grĂ¶ĂŸte Docker, wo gib(t). Vor allem im gemischtsprachigen KĂ€rntner Unterland gibt es unter slowenischem Einfluss das formale Subjekt gar nicht, z.B. Regnet (Es regnet).

Lexik

Ein Überblick ĂŒber die wichtigsten Wortfelder und Möglichkeiten der Wortbildung:

Grußformeln

Das wichtigste Kapitel beim Erlernen einer fremden Sprache sind natĂŒrlich Gruß- und Anredeformen. Ein Überblick ĂŒber die wichtigsten:

Bairisch (Verwendung) Deutsche Entsprechung wörtlicher Übertrag
servus!(familiĂ€r; BegrĂŒĂŸung / Verabschiedung)hallo! / tschĂŒs!"servus!" (auch im Dt. ĂŒblich)
(hawe-)dere!(familiĂ€r; nur zur BegrĂŒĂŸung)hallo!"(Ich) habe die Ehre!"
griaß di (God)!(familiĂ€r; BegrĂŒĂŸung)grĂŒĂŸ dich!"(Es) grĂŒĂŸe dich (Gott)!"
griaß enk/eich (God)!(familiĂ€r; BegrĂŒĂŸung)grĂŒĂŸ euch!"(Es grĂŒĂŸe euch (Gott)!"
griaß Eana (God)!(formal; BegrĂŒĂŸung)guten Tag!"(Es) grĂŒĂŸe Sie (Gott)!"
griaß God!(formal; BegrĂŒĂŸung)guten Tag!"(Es) grĂŒĂŸe (Sie) Gott!"
pfiaddi (God)!(familiĂ€r; Verabschiedung)tschĂŒs! (zu 1 Person)"(Es) behĂŒte dich (Gott)!"
pfiat enk/eich (God)!(familiĂ€r; Verabschiedung)tschĂŒs! (zu mehr als 1 Person)"(Es) behĂŒte euch (Gott)!"
pfiat Eana (God)!(formal; Verabschiedung)auf Wiedersehen!"(Es) behĂŒte Sie (Gott)!"
pfia God!(formal; Verbabschiedung)auf Wiedersehen!"(Es) behĂŒte (Sie) Gott!"
af Widaschaung!(formal; Verabschiedung)auf Wiedersehen!"Auf Wiederschaun!"
bĂ -bĂ ! - mit Betonung auf der 2. Silbe(herzlich-familiĂ€r; Verabschiedung)tschĂŒs! (zu 1 oder mehreren Personen)vgl. engl. bye-bye!
gua Moang!formal; FrĂŒhstĂŒcksgruß)guten Morgen!dto.
Moang! / Moing!(familiĂ€r; FrĂŒhstĂŒcksgruß)(guten) Morgen!dto.
guan Åmd!(formal; Abendgruß)guten Abend!dto.
guade NĂ„cht/guad’ Nacht!(familiĂ€r und formal; Verabschiedung zur Nacht)gute Nacht ( zu 1 Person)dto.
guad enk/eich NÄcht!(familiÀr; Verabschiedung zur Nacht)gute Nacht! (zu mehr als 1 Person)"gut euch Nacht!"
an Guadn!(familiĂ€r und formal; Mahlzeitgruß)guten Appetit!"einen Guten (Appetit)!"
Moizeid!(familiĂ€r und formal, BegrĂŒĂŸung, kein Mahlzeitgruß)guten Mittag!"Mahlzeit!"

Entgegen vielen Vorurteilen ĂŒber die bairische Frömmigkeit zeigt der reiche Fundus an Grußformeln, dass es in Baiern durchaus möglich ist, dass Wort God „Gott“ im Umgang mit anderen Zeitgenossen zu vermeiden, wenn es dem eigenen Glauben zuwiderlĂ€uft.

Spezifisches Vokabular

Um den regionalen Unterschieden gerecht zu werden, werden manche Wörter gesondert gekennzeichnet:
A Österreichischer Wortschatz (vor allem Donau-Österreich)
B Altbairischer Wortschatz (Ober- und Niederbaiern, evtl. Oberpfalz)
H BurgenlÀndischer Wortschatz (Heanzisch)
K KĂ€rntner Wortschatz
S Steirischer Wortschatz
T Tiroler Wortschatz
W Wiener Wortschatz

Substantive

Viele Berufsbezeichnungen teilt das Bairische mit anderen sĂŒddeutschen Dialekten, z.B. Metzger „Fleischer“, Schreiner „Tischler“, SpĂ ngler „Klempner“ – einige davon gehen stark zurĂŒck, so wird z. B. der bairische Beck oft durch das norddt. „BĂ€cker“ ersetzt; andere Berufsbezeichnungen wie der Zeidler, hochdeutsch „Imker“, und der Hafner, hochdeutsch „Töpfer“, verschwinden mit dem Handwerk selbst immer mehr. Speziell österreichische AusdrĂŒcke wie SĂ ndler fĂŒr „Obdachloser“ oder Striezi fĂŒr „ZuhĂ€lter“ halten sich besser.

Die bairische Umgangssprache zeichnet sich oft durch eine Vielfalt an Begriffen fĂŒr ein- und dasselbe Bezeichnete im Hochdeutschen aus; dabei wird dieser Reichtum von Nicht-Baiern oft als derb wahrgenommen, und nicht so sehr als poetisch – der „Mund“ kann beispielsweise als Mund (neutral), Mei (umgs., aber nicht negativ), Goschn (frech) oder Goschal (liebevoll), BĂ bbn (ebenso frech), LĂȘtschn (abwertend) oder Fotzn (beleidigend) bezeichnet werden.

Spezieller Kleidungswortschatz betrifft die Joppn („Jacke“) und das Pfoidl oder Pfoadl („Hemd“, aber auch Hemad) u. v. m.; „Kleidung“ generell wird als Gwand bezeichnet, was Deutschsprechern sehr mittelalterlich vorkommt. Das Wort Dirndl bezeichnet nicht nur das entsprechende KleidungsstĂŒck, sondern ist auch zur Bezeichnung fĂŒr „MĂ€dchen“ in Altbaiern ĂŒblich, wĂ€hrend in Österreich hier das Wort MĂądl ĂŒberwiegt. Jungen heißen allgemein Buam (Sg. Bua), in Österreich auch Burschn, in KĂ€rnten und der Steiermark auch Ledda (Sg. Lodda).

Auch im Bereich der Fauna gibt es speziell bairische Wörter, z.B. Giggal (m) fĂŒr „Hahn“, Bibbal (n) fĂŒr „KĂŒken“, Heiß(al) oder Heinß(al) fĂŒr „junges Pferd, Fohlen“, Goaß fĂŒr „Ziege“, Hebbal fĂŒr „junge Ziege“, FĂ„r(n) fĂŒr „Jungstier, Stierkalb“, Böichn (f, ahd. belihha) fĂŒr „BlĂ€sshuhn“, Beifogl (m) fĂŒr „Biene“, OachkĂ tzl fĂŒr „Eichhörnchen“, Brotz (m; lat. Lehnwort) fĂŒr „Kröte“, HĂ„tz fĂŒr "EichelhĂ€her" usw.

Zum speziellen Vokabular im Bereich Lebensmittel siehe Bairisch-Österreichischer KĂŒchenwortschatz .

Verben

Bairisch Deutsch Bairisch Deutsch
si Äwiduansich grÀmenkeanfegen
Ă„dlnjauchen (dĂŒngen mit Jauche)kewin, kebblnschimpfen, keifen
leitn (stV: glittn)schellen, lÀuten
loanalehnen
Ă„daunanstoßenloatnlenken, steuern
Ă„glĂ„ngaanfassen, berĂŒhrenlosnhorchen, zuhören
Äzipfnanerven, belÀstigenluangschauen, spÀhen
bÄbbaklebenmeaminmeckern, murren
si bùznsich aalenmosan nörgeln, meckern
bùnrösten [Brot]mugazn Wleise/heimlich schimpfen
bĂ„tznkleckernpapriziern Amit Parpika wĂŒrzen
baunpflĂŒgenpfigazn Wpfeifen
beaschnraufenpfugazn Wkichern
benznflehen; scheltenpressierneilen
bieslnpinkelnrùtschnschwÀtzen, plaudern
biggaklebenraunznnörgeln, jammern
blĂ„nga + Akk + afgelĂŒsten + Akk + nachreanweinen, heulen
rechaharken
böiffanausscheltenroasnreisen
broggapflĂŒckensĂ ndlnherumlungern, nichts tun
brunznpissensĂąbln, sĂąwinrennen
dabÄggaaushalten, verkraftenschÄffa + Datanordnen, befehlen
schaun(g)kucken
daduanumbringenscheimschieben, stoßen, kegeln
daunggefallen, wohltunschepfn Aarbeiten
dĂ chinklauenschiagln, schiangschielen; petzen, flunkern
deftnniedermachen, demĂŒtigenparierngehorchen
dinkn + Akkscheinen + Datschliaffa (stV: gschloffa)wetzen, schleichen
drĂąndrehenschloaffaschleppen
dràtznÀrgern, belÀstigenschmàtznreden, plaudern
dreim (stV: driem)tun, machenschmutznlÀcheln
drenznweinenschnaufaatmen
driggintrocknenschnàxln Bvögeln
si dumminsich beeilenschneim (stV: gschniem)schneien
si eiweimberlnsich einschmeichelnschnoatnschnippeln, kleinschneiden
eiwoaggaeinweichenschoasnfurzen
faschiern Adurch den Fleischwolf drehenschupfasanft werfen, schubsen
feanznverspotten, verhöhnensekkiern Anerven, belÀstigen
feinfaulen, verrottensempannörgeln, klagen
fexnerntensiedn (stV: gsottn)brĂŒhen, kochen [Kaffee]
fechtlnbettelnsoachapissen
(si) feinfehlen, falschlaufensöicharÀuchern
fieslnabnagenspÄnabegreifen
flùdan Aklauenspeachn SspÀhen
si frettnsich abmĂŒhenspeanzlnliebĂ€ugeln, flirten
friasn, froisnfrierenspeim (stV: gspiem)kotzen
fuxnklauen; nicht glattgehensprĂąglnspalten
geinloben, prahlenstùssn (swV: gstùsst)stoßen
si gfreinsich freuenstiggareizen, interessieren
gleschnOhrfeige verpassenstrĂąnstreuen
gletzlnschaben, kratzenstrawĂ nznvagabundieren
gliam, gloim (stV: glom)spalten, hacken [Holz]stroaffa (stV: gstroffa)streifen
gneißnbemerken; begreifensudan Ameckern, jammern
gnotznlungern, lĂŒmmeln; tief schlafentachiniern Afaulenzen; blaumachen, schwĂ€nzn
grainkratzentschentschnmeckern, nörgeln
grĂ„snjĂ€tenĂșrĂ„ssnverschwenden, –geuden
gràttlnumstÀndlich herumtunwùchin, wàchlnflattern; fÀcheln
grĂąwinschimmelnwĂątschnohrfeigen
grĂ xlnkletternweiznspuken
griangbekommenwoingwalzen
gugazn Whusten, hĂŒstelnwualnwimmeln
hĂ ckln AarbeitenzĂąnzehren; zerren
hĂ tschnhinken; trottenzĂ xlnziehen, zerren
hudlnhasten, hetzenzumpandrÀngeln
hupfaspringenzuzlnsaugen
hunznÀrgern, nervenzwiggakneifen; Fahrschein entwerten

Adjektive

Das produktivste Suffix zur Bildung von Adjektiven ist -ad; es geht entweder auf das Suffix -ert zurĂŒck, oder auf das Suffix -end, welches eigentlich zur Bildung des Partizip PrĂ€sens verwendet wird (siehe dort; beide Suffixe sind im Bairischen lautlich zusammengefallen). Stammendungen in Klammern (meist -g oder -ch) werden nur gesprochen, wenn das Adjektiv flektiert wird und dadurch eine vokalische Endung erhĂ€lt.

Bairisch Deutsch Bairisch Deutsch
ÄgfressnbeleidigtgschlÄmpadunordentlich
Ă„perschneefreigschleggadschleimig [bei Personen]
ausgschàmmtunverschÀmtgschmeidi(g) Atoll
ausgstochawĂ€hlerischgschmoaßnschlank
bÄbbadklebriggschnÄbbadfrech, schnippisch
bÄcha Akitschig; schwulgschodadunfrisiert, zerzaust
bÄmpadunwirsch, schroffgsöichtgerÀuchert
bÄtschadtolpatschiggspàssi(g)lustig
biggadklebriggstingadstinkend
blÄddadglatzköpfiggstumpadstumpf, stummlig
blùdaufgedunsen; dickgumpadunruhig, nervös
bloßhĂ xadbarfĂŒĂŸiggwĂ„mpadbauchig, beleibt
bumbalgsundkerngesundhai, hĂąlglatt [bei Eis]
dàmmischverwirrt, benommenhaudi(g)erschöpft
dĂ ntschi(g)niedlich, liebreizendhĂ nti(g)bitter [bei Kaffee]
dearisch Ataub, schwerhörighùtschadschwerfÀllig
dÚbbaddÀmlichhieni(g)kaputt; tot [ugs]
doarad Btaub, schwerhörighintafotzi(g)hinterhÀltig
doiggadtÀppischhoagli(ch)wÀhlerisch
hoibschĂądi(g)halbherzig
drĂąmhĂ bbadverschlafenkommĂłdtbequem
dreggadschmutzigleiwand Wherrlich, großartig
drenzadweinerlichlenweich
drutschadeinfĂ€ltig, naivlĂȘtschadlasch, schlaff
dusi(g)diesig, nebligliabsympathisch, nett
entrischfremd, seltsamlindungesalzen
fabĂ ndltliiertmĂ„(b)mĂŒrbe
fakuid, faköiderkĂ€ltetnĂ rrischverrĂŒckt
fĂądlangweilignei(g), nei(ch)neu
feschhĂŒbschneidi(g)neidisch
gùchjÀhpfànzi(g) Banmutig
gĂ msi(g)lĂŒsternpfundi(g) Btoll
gĂ mpri(g)lĂŒsternrĂ ssscharf; unfreundlich
gfleggadfleckigreschknusprig; sauer [bei Wein]
ghoazt / ghàzt Aschwulrogladzappelig, nervös
glumpadunbrauchbar, nutzlosruachadraffgierig
gnùtschi(g)niedergeschlagensÄmftsacht
goschadvorlautschiachhÀsslich
graubbadunansehnlichschleißi(g)schĂ€big; nachlĂ€ssig
grĂ nti(g)ĂŒbellaunig; wĂŒtendsekkant Anervig
greisli(ch)scheußlichsiari(g)geizig
griabi(g) Bangenehmsoichunrein, trĂŒbe
grindi(g) eklig, ekelhaftstĂądleise, still
großkopfadarrogant(g)wĂ„ggladwackelig
großgoschadgroßmĂ€uligwĂšpsadunruhig, zappelig, hyperaktiv
gschĂ mmi(g)schĂŒchtern, verschĂ€mtwualadaufgeregt
gscheadfieszùchzÀh, schwierig
gscheggadscheckigziagadzĂ€hflĂŒssig
gscheidklugzimpfti(g)gemĂŒtlich
gschiagladschielend; verlogenzwiedaunsympathisch

Adverbien

Bairisch Deutsch Bairisch Deutsch
af d'NĂ„chtabendsin da Fruamorgens
agrĂ t BausgerechnetiwahĂ psĂŒberhaupt
bei da NĂ„chtnachtslei T Knur
oreidighÀsslich
bloßnurleichtetwa [Frageadverb]
dÄhieroim Timmer
e, ĂȘohnehin; sicheroiweiimmer
fertletztes JahrpfeigrÄdunmittelbar, genau
feinÀmlichpfentrasch
gùchplötzlich, unerwartetpomùli Wlangsam
grÄdnur; soebensauwaziemlich
gscheidtĂŒchtig, ziemlichsĂ ggrischverdammt
gschwindraschsöitnselten; bemerkenswert
haiadieses JahrĂșmbĂ ndi(g)außerordentlich
hoideben, wohlzmoastmeistens
iatz(ad)jetzt

Wochentage

Als Vorgeschmack auf eine ausfĂŒhrlichere Liste folgt hier eine Liste der bairischen Wochentagsnamen, die teilweise vom gotischen Sprachgut beeinflusst sind und deshalb vom Hochdeutschen nicht nur in ihrer Lautgestalt abweichen. Sie sind jedoch stark auf dem RĂŒckzug und werden heute nur noch in lĂ€ndlichen Gebieten benutzt; vielen Baiern sind sie bereits vollkommen unbekannt:

Deutsch Bairisch ErklÀrung
MontagMĂ„nda/MondĂ„ggleicher Wortstamm („Tag des Mondes“), mit bair. a fĂŒr o und Schwund des Auslauts -g
DienstagIada/ErgedĂ„gvon Ertag, das eine Kurzform von Ergetag ist, also „Tag des Ares“; vgl. dazu Donnerstag
MittwochMigga/MitchtÄgkontrahierte Form des hochdeutschen Wortes (mit der vereinzelten Lautentwicklung tw > gg)
DonnerstagPfinzda/PfinsdĂ„gvon Pfinztag, eine Ableitung von griech. pentĂ© „fĂŒnf“, also der 5. Tag der Woche (vom Sonntag ausgehend, vgl. das Wort Pfingsten)
FreitagFreida/FreidÄggleicher Wortstamm, von der germanischen Göttin Freyja abgeleitet
SamstagSÄmsta/SÄmstÄggleicher Wortstamm, aus dem HebrÀischen (vgl. das Wort Sabbat )
SonntagSunda/SundĂ„ggleicher Wortstamm („Tag der Sonne“), mit bair. u fĂŒr o und Auslautschwund

Wortbildung

Verbale PrÀfixe

Es gibt zwei verbale PrÀfixe, die zwar im Hochdeutschen ein Pendant haben, die im Bairischen aber viel produktiver sind.

da-

da- (< 'der-) entspricht dem hochdeutschen er-, kommt aber auch mit Verben vor, die ein der Hochsprache dieses PrĂ€fix nicht haben können. Es bedeutet oft die knappe BewĂ€ltigung einer Handlung und wird auch fĂŒr verschiedene Tötungsarten gebraucht; daher sind Verben mit diesem PrĂ€fix stets perfektiv (siehe auch Verbalaspekt ).
Beispiele:

  • dabĂ„gga (< der+packen) "schaffen; aushalten, verkraften"
  • si dabĂ„rma (< der+barmen) "sich erbarmen" (gebrĂ€uchlicher als im Hdt.)
  • daduan (< der+tun) "umbringen" (scherzhaft)
  • daseng (< der+sehen) "(gerade noch) sehen können"
  • (si) darenna (< der+rennen) "rennend (gerade noch) erreichen"; [refl.] "sich totfahren"
  • si dasĂ ffa (< der+saufen) "sich totrinken"
  • daziang (< der+ziehen) "(gerade noch) ziehen können"

zsÄmm-

zsÄmm [com-] entspricht dem hochdeutschen zusammen-, es wird jedoch hÀufiger verwendet als dieses.
Beispiele:

  • zsĂ„mmbringa „schaffen“
  • zsĂ„mmkema „fertigwerden“
  • zsĂ„mmfĂ„rn „niederfĂŒhren; zu Schrott fahren“
  • zsĂ„mmdrĂąn „anstellen“
  • zsĂ„mmhaun „zerschlagen“
  • zsĂ„mmklaum „aufklauben“

Kollektivsubstantive

Kollektivsubstantive werden mitunter mit dem Suffix -Ă ch gebildet, welches sich allerdings auf das SĂŒdbairische und das Mittelbairische an der Grenze zu Schwaben beschrĂ€nkt. Beispiele:

  • AngeziagĂ ch Gewand, KleidungsstĂŒcke
  • Erlch ErlengebĂŒsch
  • GschwistrĂ ch Geschwister
  • KindrĂ ch Kinder, Kinderschar
  • KreitlĂ ch Kraut
  • StandrĂ ch Gestein
  • StaudĂ ch Stauden, GebĂŒsch

Der Diminutiv

Das Bairische besitzt zwei Diminutivsuffixe: -l und -al (<-erl). Ersteres ist stark lexikalisiert, d.h. es wird oft nicht mehr als Diminutiv verstanden. Das Bairische weist also, Àhnlich wie das NiederlÀndische und Alemannische , eine Reihe lexikalisierter Diminutive auf; Beispiele:

  • fĂŒr "Pferd" verwendet man im Bairischen entweder Roß oder Pfeadl, beide sind jedoch gleichwertig (d.h. Pfeadl gilt nicht mehr als Diminutiv). Um ein kleines Pferd zu bezeichnen, gebraucht man das Suffix -al: a Pfeaddal. Der Diminutiv Ressl zu Roß wird eher fĂŒr die Figur des Springers im Schachspiel verwendet (vgl. dt. Rössel).
  • als Diminutiv zu "Haus" kann man im Bairischen nicht Haisl bilden, denn das bezeichnet den Abort (frĂŒher außer-, heute auch innerhalb des Hauses); Haisal ist dagegen unzweideutig ein kleines Haus

Allerdings kann auch das Suffix -al seine Diminutivfunktion einbĂŒĂŸen:

  • a SĂ chal ist keine kleine Sache, sondern ein kleines Anwesen
  • a BlĂ tzal ist wie im Hochdeutschen ein PlĂ€tzchen, kein kleiner Platz
  • a Griagal ist kein kleiner Krug, sondern eine Maßeinheit (0,5 l)
  • a Drimmal mag zwar ein kleines Trumm sein, es handelt sich im Hochdeutschen jedoch prĂ€ziser um einen Hundehaufen

Bei der Diminutivbildung muss mit Umlauten gerechnet werden; dabei ist der Umlaut Ă„ > Ă  obligatorisch (und weiterhin produktiv); andere Umlaute treten nicht immer ein – Beispiele:

  • a Gloggn – a Gleggal („eine Glocke, ein Glöcklein“), aber: a Goschn – a Goschal („ein Mund“ (vulgĂ€r) – „ein MĂŒndchen“ (Kosewort))
  • a Kuacha – a Kiachal („ein Kuchen, ein KĂŒchlein“), aber: a Guaggn – a Guaggal („eine Gurke, ein GĂŒrkchen“)
  • a Drumm – a Drimmal („ein Trumm, ein TrĂŒmmlein“), aber sein Verursacher: a Hund – a Hunddal („ein Hund, ein HĂŒndchen“)

Endet der Wortstamm auf -n oder auf Nasalvokal, wird ein epenthetisches -d- vor das Diminutivsuffix eingeschoben; dabei wird nasaliertes -n restituiert:

  • a PfĂ„nn – a PfĂ ndl („eine Pfanne – ein PfĂ€nnchen“)
  • a Stoa – a Stoandal („ein Stein – ein Steinchen“)
  • a Henn – a Hendl („eine Henne“ (zoologisch) – „ein HĂŒhnchen“ (kulinarisch))
  • a MĂ„ – a MĂ ndal (dabei bezeichnet der Diminutiv keinen kleinen Mann, sondern das MĂ€nnchen im biologischen Sinne, wie im Deutschen)

Zwei Diminutive zeigen Umlaut e > Ă ; sie sind jedoch lexikalisiert, der Umlaut darf daher als unproduktiv gelten:

  • a Hefn – a HĂąfal („ein Topf – eine (große) Tasse“)
  • a Mensch – a MĂ nschgal („ein Mensch – eine Spielfigur“)

Viele Diminutive ohne Grundwort beziehen sich oft auf Menschen, die in irgendeiner Weise bemitleidet werden; sie sind jedoch keine Schimpfwörter, sondern eher Mitleidsbezeugungen:

  • a Zeisal („ein armer Mensch“)
  • a WĂąsal („ein armer Mensch“; Grundwort evtl. Wesen oder Waise?)
  • a BĂ„tschal, a Drutschal („ein unbeholfener, ungeschickter Mensch“)
  • weiters: a Bibbal („ein KĂŒken“; ebenfalls ohne Grundwort)

Bairische Umschrift

Da das Bairische auch oft verschriftlicht wird (von Mundartdichtern, Musikern), hat sich eine Art Standard fĂŒr die bairische Umschrift etabliert.

Diese Umschrift wurde auch im diesem Artikel verwendet. In vielen FÀllen sieht sie dem Hochdeutschen Àhnlich, wo das Wort aber anders ausgesprochen wird. Hier einige Richtlinien zur Aussprache der im Artikel verwendeten Umschrift:

  • Das r nach Vokalen außer a wird vor Konsonant in der Regel zu hellem Ă . Es gibt jedoch auch Baiern, die nach o und u manchmal ein stark gerolltes r sprechen, was dann nicht weniger bairisch klingt.
  • Das r nach a dagegen wird auch am Wortende und vor Konsonant oft ausgesprochen, und zwar wenndann stark gerollt, so stets – auch am Wortende – vor Vokal. Ausnahmen sind die Wörter hia(r), Bia(r) und Ă€hnliche.
  • unbetontes -er wird stets wie helles a, aber kĂŒrzer, ausgesprochen.
  • Zur Regelung des a und seiner Varianten siehe weiter oben unter Phonologie und in der Diskussion zu diesem Artikel.
  • Ă€ und ö werden wie e und ĂŒ wie i ausgesprochen, auch wenn spitzfindige Forscher manchmal noch winzige Unterschiede herausfinden.
  • Ă€i und öi werden ungefĂ€hr wie englisches ai in pain ausgesprochen.
  • ei dagegen ist ganz normales hochdeutsches ei. Wenn es nicht hochdeutschem eu entspricht, wird es manchmal mit einem winzigen Hauch in Richtung Ă€i gesprochen.
  • g wird vor f, s und sch wie k ausgesprochen; gh wird stets wie k ausgesprochen: ghabt, ghĂ„itn usf. Dies gilt im ĂŒbrigen auch fĂŒr den Joghurt, weshalb Baiern gar nicht verstehen, warum man ihn mit bloßem g schreiben sollte.

Literatur

WörterbĂŒcher

Der Wortschatz der bairischen Mundarten in Bayern wird erfasst und beschrieben im Bayerischen Wörterbuch (Mundarten in Bayern), im Sudetendeutschen Wörterbuch (Sudetenland) und im Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich (Österreich, SĂŒdtirol, Zimbrische Sprachinseln).

Westmittelbairisch

  • Johann Andreas Schmeller, Bayerisches Wörterbuch (Oldenburg, Neuauflage 2002)

Der Klassiker der bairischen DialektwörterbĂŒcher. Schwierig zu lesen, da in Fraktur und in Schmellers eigentĂŒmlicher Alphabetisierung. Schließt Franken und Schwaben mit ein.

  • Ludwig Zehetner, Bairisches Deutsch. Lexikon der deutschen Sprache in ALtbayern (1997)

Neue, erweiterte Auflage 2005 gerade erschienen. In der Schreibweise oft ans Hochdeutsche angelehnt.

Ostmittelbairisch

  • Otto Hietsch, From 'anbandeln' to 'Zwetschkenknödel'. An Austrian Lexical Cultural Guide (Tyrolia, 2000)

Wie der Untertitel andeutet, nur in begrenztem Maße als Wörterbuch geeignet. Dennoch sehr informativ! In Englisch geschrieben.

  • Otto Hietsch, Bavarian into English (3. Auflage, 1997)
  • Peter Wehle, Sprechen Sie Wienerisch?

Nachschlagewerke zur Grammatik

Altbairisch

  • Cordula Maiwald, Das temporale System des Mittelbairischen. (Heidelberg 2002)
  • Ludwig Merkle, Bairische Grammatik (Heimeran Verlag, MĂŒnchen 1976)

Unterhaltsam geschrieben, ohne akademischen Anspruch. Dennoch unverzichtbarer Überblick!

  • Karl Weinhold, Bairische Grammatik (Berlin 1876)

Einzige wissenschaftliche Referenzgrammatik zum Bairischen, leider mittlerweile von der Sprachentwicklung ĂŒberholt.

Siehe auch

Weblinks

   
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Wikipedia

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