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Letzte Änderung für Artikel Wilhelm II. (Deutsches Reich): 18.02.2006 16:11

Wilhelm II. (Deutsches Reich)

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Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Albert Victor Prinz von Preußen , (* 27. Januar 1859 in Berlin; † 4. Juni 1941 in Haus Doorn, Niederlande ) entstammte der Dynastie der Hohenzollern und war von 1888 bis 1918 der letzte Deutsche Kaiser und König von Preußen.

Wilhelm II.

Inhaltsverzeichnis

Ãœberblick: Bedeutung und Wirkung Wilhelms II. als deutscher Kaiser, Wilhelminismus

Als Kaiser prägte Wilhelm II. den Zeitgeist der deutschen Gesellschaft am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie kaum ein anderer Monarch vor ihm. Die Periode seiner 30 Jahre währenden Regentschaft (von 1888 bis 1918) wurde noch zu seinen Lebzeiten nach ihm benannt, und gilt bis heute im historisch-gesellschaftspolitischen Kontext als die wilhelminische Epoche Deutschlands .

Hervorstechende Merkmale dieser Zeit im Deutschen Reich waren die Vorlieben und Ambitionen des Kaisers, die sich auf breite Kreise, vor allem des konservativen Bürgertums übertrugen. Dazu gehörten wesentlich das Streben nach nationalem Prestige und die Versuche, das Reich in den Rang einer Weltmacht zu erheben. Eng verbunden mit diesem Anspruch war die unter Wilhelm II. forcierte massive Aufrüstung Deutschlands, vor allem der Hochseeflotte (vgl. Kaiserliche Marine ), die in ein Wettrüsten insbesondere gegen Großbritannien , der damals vorherrschenden Seemacht , mündete. Dies wiederum führte zusammen mit der unter Wilhelm II. massiver vorangetriebenen Kolonialpolitik in Afrika und der Südsee sowie verschiedenen internationalen Krisen, in die das Reich verwickelt war (unter anderem Krügerdepesche 1896, Boxeraufstand 1900 in China , Marokko-Krisen 1905/06 und 1911, Daily-Telegraph-Affäre 1908) zu einer Destabilisierung der internationalen Lage und lieferte zumindest strukturell einen Beitrag zur Entwicklung, die den Ausbruch des 1. Weltkriegs begünstigte.

Die Vorliebe Wilhelms für militärischen Prunk , die sich beispielsweise in zahlreichen Paraden zu den unterschiedlichsten Anlässen ausdrückte, führte auch gesamtgesellschaftlich zu einer Überbetonung des Militärs und militärischer Hierarchien - bis hinein ins zivile Leben der deutschen Gesellschaft, in der für eine berufliche Laufbahn - nicht nur im Verwaltungsapparat - die Ableistung des Militärdienstes und der militärische Rang eines Menschen von entscheidender Bedeutung war.

Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands während Wilhelms Regentschaft, verbunden mit technologischen , naturwissenschaftlichen und industriellen neuen und bahnbrechenden Entwicklungen beinhaltete auch eine vom Kaiser mit getragene allgemein verbreitete Technik - und Fortschrittsgläubigkeit , vor der nahezu alles machbar schien. Dem gegenüber stand eine zunehmende Saturiertheit , die die Stimmung der Gesellschaft atmosphärisch prägte und bei der der Wechsel zwischen energischem Beginnen und fast apathisch scheinendem Rückzug bei ausbleibendem schnellen Erfolg wiederum wie ein Spiegelbild der Charakterzüge des Kaisers wirkte. Eigenschaften Wilhelms, die bereits während seiner Regentschaft manisch-depressive Züge als psychiatrische Diagnose nahelegten.

Wilhelm II. bestimmte sowohl die Innen - als auch Außenpolitik des Reiches wesentlich stärker als sein Großvater Wilhelm I. Jedoch entglitten ihm die Zügel der Macht vor dem Einfluss seiner wechselnden Berater, je länger er regierte. Im Urteil der meisten Historiker waren Wilhelms politische Entscheidungen im Überblick oft widersprüchlich und letztlich unberechenbar. Seiner zunächst arbeiterfreundlichen Sozialpolitik standen spätere rigorose, gewaltsame Methoden zur Niederschlagung von Streiks und anderen Unruhen der sozialististichen Arbeiterbewegung gegenüber, nachdem er hatte feststellen müssen, dass die Sympathien der Arbeiter für die von ihm bis zum Beginn des 1. Weltkriegs als „vaterlandslose Gesellen“ verachtete, antimonarchistisch eingestellte Sozialdemokratie durch seine Politik nicht kleiner, sondern größer geworden waren. Wilhelms Weltmachtambitionen und seine diplomatisch unsensible Rhetorik trugen zu einer anhaltenden Destabilisierung der internationalen politischen Lage bei. Er zerstörte das durch den von ihm entlassenen Reichskanzler Bismarck aufgebaute komplexe Bündnissystem vor allem durch eigene Nachlässigkeit und trug damit langfristig zur außenpolitischen Isolierung des Reiches bei, wobei am Ende nur noch die Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn als Verbündeter übrig blieb.

Obwohl Wilhelm II. den 1. Weltkrieg nicht bewusst anstrebte, war es sein außenpolitisch wenig bedachtes Verhalten, das den Weg in den Krieg begünstigte; vor allem durch die Unterstützung von Österreichs kriegsauslösendem Ultimatum gegen Serbien - trotz Wilhelms späten und vergeblichen Versuchen, diesen Krieg durch diplomatische Noten an Zar Nikolaus II. von Russland im letzten Augenblick noch abzuwenden.

Während des 1. Weltkriegs von 1914 bis 1918 wurde Wilhelms strategische und taktische Unfähigkeit offenbar. Ab 1916 enthielt er sich zunehmend relevanten politischen Entscheidungen und gab die Führung des Reiches faktisch in die Hände der Obersten Heeresleitung , namentlich in die der Generäle Hindenburg und Ludendorff , die, dem Kaiser durchaus ergeben, die Monarchie während der letzten Kriegsjahre im Endeffekt in eine Militärdiktatur umwandelten. Als Wilhelm II. sich nach Ende des 1. Weltkriegs in Folge der Novemberrevolution , die zum Untergang der deutschen Monarchie und zur Ausrufung der Republik führte, zur Abdankung und zur Flucht ins Exil nach Holland gezwungen sah, hatte Deutschland den Krieg verloren. Etwa 15 Millionen Menschen waren auf den Schlachtfeldern gefallen.

Leben

Der Prinz

Kindheit und Jugend

Wilhelm II. wurde am 27. Januar 1859 in Berlin als ältester Sohn des Kronprinzen Friedrich Wilhelm v. Preußen (1831–1888) (vom 9. März bis 15. Juni 1888 Deutscher Kaiser) Friedrich III.) und dessen Frau Victoria (1840–1901) geboren und war somit Enkel Wilhelms I. (1797–1888) und Victorias (1819–1901).

Wilhelm II. mit seinem Vater auf Schloss Balmoral (1863)
Wilhelm II. mit seinem Vater auf Schloss Balmoral (1863)

Wilhelm, von Geburt an durch einen verkümmerten linken Arm behindert, verbrachte laut eigenen Aussagen „eine recht unglückliche Kindheit“. Gemäß einem Anwärter auf den preußischen Thron – mit einer Behinderung – wurde seine Erziehung mit Obacht und Strenge verfolgt, jedoch traten, wie im Hochadel üblich, seine Eltern als unmittelbare Erzieher ganz hinter dem kalvinistischen Lehrer Georg Ernst Hinzpeter zurück. Als Siebenjähriger erlebte er den Sieg über Österreich-Ungarn 1866 mit der resultierenden Vorherrschaft Preußens in Deutschland. Die preußisch-militärische Ausrichtung war stark, mit zehn Jahren – im damals üblichen Kadettenalter – trat er beim 1. Garde-Regiment zu Fuß formell als Leutnant in die preußische Armee ein.

Der Zwölfjährige wurde mit dem deutschen Sieg über Frankreich im 1870/71er Krieg und der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 auch übernächster Anwärter auf den deutschen Kaiserthron.

Porträt Wilhelms II. (in Uniform der Jäger zu Pferde)
Porträt Wilhelms II. (in Uniform der Jäger zu Pferde)

Laufbahnjahre

Nach dem Abitur am Gymnasium in Kassel trat der Erbprinz am 9. Februar 1877 seinen realen Militärdienst bei seinem Regiment (6. Kompagnie , Hauptmann v. Petersdorff) an, und empfand im Kreise des konservativen Offizierscorps die Wärme und den Zuspruch, den er vor allem von Seiten seiner Mutter stets vermisst hatte. 1880 wurde er am 22. März , dem Geburtstag seines Großvaters Kaiser Wilhelm I., zum Hauptmann befördert. Bereits in diesen Jahren bildete sich bei ihm ein Verständnis seiner monarchischen Rolle, das den liberal-konstitutionellen Vorstellungen seiner Eltern sehr zuwiderlief.

Seine folgenden Lebensstationen sind unter dem Aspekt einer Erziehung zum Monarchen zu sehen: Er sollte möglichst vielerlei Erfahrungen sammeln, hatte aber in keinem Feld, nicht einmal im militärischen, die Chance gehabt, sich beruflich solide einzuarbeiten.

Zum Studium begab er sich an die von seinem Urgroßvater gegründete Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er nichtschlagendes Mitglied des Corps Borussia wurde.

1881 heiratete er – eine Ehe auch unter dynastischen Gesichtspunkten (Versöhnung mit dem Fürstenhaus des 1866 von Preußen annektierten Schleswig-Holstein) – Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg ( 22. Oktober 1858 – 11. April 1921 ). Aus Anlass ihrer Silberhochzeit sowie im Gedenken an Kaiser Wilhelm I. ließ er 1906 auf der Hohen Acht einen Turm errichten.

Bis 1888 war er dann – um der besonderen Verbindung der Dynastie mit der Armee willen – wechselnden Regimentern zugeordnet, dem 1. Garde -Regiment zu Fuß, dann dem Garde- Husaren -Regiment und dem 1.Garde- Feldartillerie -Regimen, wurde schnell bis zum untersten Generalsrang ( Generalmajor ) befördert und zuletzt Kommandeur der 2. Garde-Infanterie- Brigade . Der Militärdienst wurde immer wieder durch Beurlaubungen unterbrochen, damit er sich auch soweit möglich mit der zivilen Verwaltung vertraut machen konnte. Sehr gründlich konnte dies nicht geschehen, denn immer mehr Eile war geboten: Sein Großvater stand im höchsten Alter, und sein Vater war mittlerweile todkrank.

Er amtete nach dem Tode Wilhelms I. am 9. März 1888 als Friedrich III. auch nur für 99 Tage (der „99-Tage-Kaiser“) bis zu seinem Krebstod in Potsdam am 15. Juni desselben Jahres.

Für die Regierungsgeschäfte war dies weniger turbulent, als man vermuten könnte, da bereits seit 1862 Otto von Bismarck , zunächst als preußischer Ministerpräsident, ab 1871 als Reichskanzler die politische Macht fest in seiner Hand konzentriert hatte. Bismarck sah sich nach drei siegreichen Kriegen (1864, 1866, 1870/71) und als Einiger Deutschlands zur stärksten kontinentaleuropäischen Macht, als weltweit respektierter Staatsmann, als berühmt, verehrt und nur von einer Minderheit abgelehnt durchaus im Stande, das Reich weiterhin zu konsolidieren und vor Koalitionen derjenigen Großmächte zu hüten, die es als einen Neuankömmling in ihrem Kreise hatten dulden müssen. Wilhelm I. und Friedrich III. hatten ihm gelegentlich opponiert und am Ende stets vertraut. Von diesem Vertrauen hing allerdings nach der Reichsverfassung der Reichskanzler ab, nicht vom Vertrauen des Reichstags . Bismarck baute selbstbewusst darauf, auch den dritten Kaiser lenken zu können.

Der Kaiser

An diese Konstellation hatte der jetzt 29-jährige als Wilhelm II. anzuknüpfen – am 15. Juni des Dreikaiserjahrs 1888 wurde er Deutscher Kaiser und König von Preußen. Er wünschte, ein Kaiser aller Deutschen zu sein.

Herrschaftsantritt

Nach dem Tode Wilhelms I. am 9. März 1888 regierte Friedrich III. aufgrund seines bereits fortgeschrittenen Krebsleidens (Kehlkopfkrebs) nur für 99 Tage – er wird daher auch der „99-Tage-Kaiser“ genannt – bis er am 15. Juni desselben Jahres in Potsdam starb. So folgte ihm der nunmehrige Kronprinz Wilhelm nach nur 99 Tagen Kronprinzenzeit am 15. Juni des Dreikaiserjahrs 1888 nach und wurde bereits im Alter von 29 Jahren als Wilhelm II. Deutscher Kaiser und König von Preußen.

Politik

Soziale Reformen

„[...], weil die Arbeiter meine Untertanen sind, für die ich zu sorgen habe! Und wenn die Millionäre nicht nachgeben, werde ich meine Truppen zurückziehen und wenn ihre Villen erst in Flammen stehen, werden sie schon klein beigeben!“ (Wilhelm II. zu Otto von Bismarck, als er sich weigerte, Soldaten zur Niederschlagung eines Streiks im Ruhrgebiet zu schicken.)

Dieses Zitat und andere Äußerungen Wilhelms in den ersten Jahren seiner Regentschaft weckten in der Arbeiterschaft zunächst Hoffnungen auf einen sozialen Wandel im Reich.

Die Sozialpolitik lag Wilhelm II. durchaus am Herzen. Allerdings folgten seinen sozialen Reformen keine strukturellen Veränderungen im Reich. Im Gegenteil baute er seinen politischen Einfluss noch aus, und lehnte eine Demokratisierung der Verfassung ab. Preußen behielt das seit Anfang der 1850er Jahre bestehende undemokratische Dreiklassenwahlrecht , das eine wirklich repräsentative Reichstagsvertretung verhinderte. Nach wie vor wurde die Regierung nicht vom Reichstag gewählt, sondern vom Kaiser ohne Berücksichtigung der parlamentarischen Verhältnisse bestimmt oder entlassen.

Bei alledem forderte Kaiser Wilhelm II. noch während Bismarcks Kanzlerschaft am 178. Geburtstag Friedrichs des Großen in einer Proklamation an sein Volk, mit der Devise: „Je veux etre un roi des gueux“ (frz.; zu dt.: „Ich will ein König der armen Leute sein“): Das Verbot der Sonntagsarbeit, der Nachtarbeit für Frauen und Kinder, der Frauenarbeit während der letzten Schwangerschaftsmonate sowie die Einschränkung der Arbeit von Kindern unter vierzehn Jahren. Außerdem forderte er bei dem zur Erneuerung anstehenden „Gesetz wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („ Sozialistengesetz “), die Streichung des Ausweisungsparagraphen, der die Polizei zur Ausweisung „gefährlicher Sozialisten“ aus ihrem Heimatort berechtigte. Reichskanzler Bismarck kommentierte dies als „Humanitätsduselei“ und verweigerte sich dem in seinen Forderungen durch den Reichstag unterstützten Kaiser – was ein weiterer Grund für die Entlassung Bismarcks gewesen sein dürfte. Seine Forderungen konnte der junge Kaiser erst mit dem Nachfolger des „Eisernen Kanzlers“ durchführen, Leo von Caprivi . Allerdings war Wilhelm II. bei allen sozialen Ambitionen so wenig ein Freund der Sozialdemokratie wie Bismarck es war. Im Gegenteil hoffte er, durch seine Reformen die Sympathien für die trotz der Sozialistengesetze erstarkte Sozialdemokratie abzuschwächen, und durch die Aufhebung des repressiven Sozialistengesetzes der 1890 von SAP in SPD umbenannten Partei ihren Märtyrerbonus zu nehmen.

Entlassung Bismarcks und Berufung Caprivis zum Reichskanzler

In der letzten Periode der Regierungszeit Bismarcks hatte das Deutsche Reich einer „Kanzlerdiktatur“ Bismarcks geglichen, dessen politische Ziele nicht die des jungen Kaisers waren. Er wollte Russland als einen starken Verbündeten, Wilhelm II. vertraute auf Österreich-Ungarn . Er wollte den "Kulturkampf" gegen den politischen Katholizismus fortsetzen, der Kaiser war strikt dagegen. Bismarck wollte das Sozialistengesetz verschärfen, Wilhelm II. wollte es abschaffen: „Ich will meine ersten Regierungsjahre nicht mit dem Blut meiner Untertanen färben!“ Als Bismarck hartnäckig blieb, schickte der Kaiser am Morgen des 17. März 1890 den Chef seines Militärkabinetts , General v. Hahnke, in die Reichskanzlei: Der Kanzler solle am Nachmittag ins Schloss kommen und sein Abschiedsgesuch mitbringen. Dieses wurde am nächsten Morgen aber nur durch einen Boten gebracht.

Am 20. März 1890 entließ Wilhelm II. den Reichskanzler Otto von Bismarck. Bismarck verwandt dies nie und sorgte indirekt durch vielfach lancierte Kritik an den „Hintermännern“ der wilhelminischen Politik und durch sein Memoirenwerk Gedanken und Erinnerungen für nachhaltige Kritik an Wilhelm II.

Als Bismarcks Nachfolger ernannte Wilhelm II. den General Leo von Caprivi (1831–1899). Caprivi wurde vom Kaiser als „Mann der rettenden Tat“ gefeiert und ob seiner Leistungen in den Grafenstand erhoben. Denn mit Caprivi hatte Wilhelm II. jemanden gefunden, mit dem er seine geplante Politik der inneren Versöhnung sowie das Arbeitsschutzgesetz durchzusetzen hoffte.

Caprivis Kanzlerzeit war durch entschiedene Englandfreundlichkeit geprägt, und er war im Feld der Innenpolitik einer der Hauptverantwortlichen für die Wandlung des Deutschen Reiches von der Agrarwirtschaft zur industriellen Exportwirtschaft sowie die Beendigung des Protektionismus . Die in diesem Zeitraum gemachten Reformen erleichterten es, dass Deutschland wenig später Großbritannien überholte und zur Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 aufstieg. Das " Made in Germany " errang zu dieser Zeit den Status einer Garantie für höchste Qualität.

Den Katholiken wurden die im bismarckschen Kulturkampf vorenthaltenen Gelder zurück gezahlt, gegen die Polen in Posen und Westpreußen wurden die Repressionen gebremst, und den Sozialdemokraten wollte er den Wind aus dem Segel nehmen und erfüllte weitreichend ihre Forderungen, was das Deutsche Reich zum - sozialpolitisch gesehen - modernsten Staat der Welt machte. Auf Veranlassung Kaiser Wilhelms II. ließ man das Sozialistengesetz nun ganz auslaufen.

Die Sozialdemokraten ließen sich nicht von dem Reformen Wilhelms II. beeindrucken und setzten unter August Bebel aus ihrem antimonarchistischen Selbstverständnis heraus weiter auf Fundamentalopposition. Obwohl sie den Fortschritt der im Arbeitsschutzgesetz zusammengefassten Reformen sahen, stimmten sie im Reichstag dagegen. Sie forderten grundlegende strukturelle Veränderungen wie zum Beispiel eine Verfassungsänderung, Demokratisierung, ein ausgeweitetes Wahlrecht, Vorrang des Parlaments bei politischen Entscheidungen, eine Umstrukturierung des Haushalts, deutliche Senkung der Rüstungsausgaben, Freiheit für die Kolonien und anderes mehr. Für den Kaiser unerfüllbare Anliegen, die seinen Hass auf die Sozialdemokratie noch steigerten.

Der Wohlstand der deutschen Arbeiterschaft stieg von Jahr zu Jahr, doch gelang Wilhelm II. nicht, den Arbeitern in den Städten das Gefühl zu geben, anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu sein, was zu starken Stimmenzuwächsen der Sozialdemokraten im Reichstag und den Landtagen der Länder führte. Als der bayerische Sozialistenführer Vollmer von „wirklichen Verbesserungen“ sprach und die SPD zu Verhandlungen mit dem Kaiser und der Regierung aufforderte, da „durch Bismarcks Entlassung eine neue Lage eingetreten ist und grundsätzlicher Widerstand gegen alles was von Oben kommt, nicht mehr zeitgemäß ist“, musste er sich den Vorwurf „direkter Arschkriechereien vor Wilhelm und Caprivi“ gefallen lassen.

Diese Vorgänge ließen in Wilhelm II., der immer noch „ein König der Armen“ sein wollte, das Urteil reifen, dass eine Versöhnung mit den Sozialdemokraten nicht möglich sei. Er rief schließlich in Königsberg „zum Kampf für Religion, Sitte und Ordnung, gegen die Parteien des Umsturzes!“ auf.

Ãœberblick der unter der Regentschaft Wilhelms II. erlassenen sozialen Reformen

  • 1889, Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni (für Arbeiter)
  • 1890, Sozialistengesetz wird aufgehoben
  • 1890, Gründung von 31 Versicherungsanstalten – Vorläufer der Landesversicherungsanstalten (LVAs)
  • 1891, Auszahlung der ersten Renten an dauernd Erwerbsunfähige und an Arbeiter über 70 Jahre
  • 1891, Arbeiterschutzgesetz vom 1. Juni (23. Novelle zur Reichsgewerbeordnung): Frauenschutz, eingeschränkte Nachtarbeit, Sonntagsruhe, Kinderschutz
  • 1891, Staatliche Gewerbeaufsicht wird eingeführt – Freiwillige Arbeiterausschüsse in Betrieben werden erlaubt
  • 1891, Gewerbeordnung verbietet Sonntagsarbeit in Industrie und Handwerk, November
  • 1892, Krankenversicherungsgesetz überarbeitet: Versicherungspflicht wird erweitert, Familienangehörige werden einbezogen
  • 1895, Sonntagsarbeit wird verboten für das Handelsgewerbe. Verbot setzt sich nur langsam durch
  • 1899, Invalidenversicherungsgesetz vom 13. Juli, reichseinheitliche Invaliditäts- und Altersversicherung
  • 1901, Förderung des Arbeiter wohnungsbaus
  • 1905, Arbeiterausschüsse werden in Bergbaubetrieben zur Pflicht
  • 1908, Höchstarbeitszeit, keine Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche
  • 1911, Reichsversicherungsordnung (RVO) vom 19. Juli
  • 1911, Einführung der Hinterbliebenenrente
  • 1911, Versicherungsgesetz für Angestellte vom 20. Dezember
  • 1911, Hausarbeitsgesetz (Regelung der Heimarbeit )
  • 1916, Rentenalter für Arbeiter wird – entsprechend dem für Angestellte – von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt
  • 1916, Rentenalter für Frauen wird auf 60 Jahre herabgesetzt
Integrationspolitik

Die turbulente Vereinigung des alten Deutschen Bundes zu einem Deutschen Reich ohne Österreich brachte einige Probleme mit sich. Die rheinländische, süddeutsche und polnische Opposition gegen die preußische Vorherrschaft stützte sich auf ein sich politisierendes katholisches Bürger-, Arbeiter- und Bauerntum, das " Zentrum " und die "Bayerische Volkspartei" formierten sich als Parteien. Die Versuche Bismarcks, die katholischen Parteien in ihrer Arbeit zu behindern, führte zu Eingriffen in das Leben der Katholiken, da er sich zumal gegen die "transmontanen" Bischöfe wandte.

Auch die Judenintegration, die es außer in Preußen nur in wenigen anderen Staaten gab, war jung und der steigende Wohlstand der jüdischen Bevölkerung nährte Neid und Antisemitismus in der Bevölkerung.

In den östlichen Gebieten Preußens, vor allem in der Provinz Posen, gab es eine starke Unterdrückung der polnischen Minderheit, die zu Unruhen und Gefühlen der Ungerechtigkeit führte.

Der Kaiser erkannte die Ernsthaftigkeit dieser Probleme und bezeichnete sie als eine seiner Hauptaufgaben.

Integration der Katholiken

Am besten gelang dies mit den Katholiken. Sie waren durch den bismarckschen Kulturkampf sehr benachteiligt und an der Teilnahme am politischen Leben, sowie bei der freien Ausübung ihrer Religion gehindert worden. Schon zu Prinzenzeiten war Wilhelm gegen diese Praktiken und befürwortete die Beendigung des Kulturkampfes. Um die Einigkeit zwischen Protestanten und Katholiken im Reich zu verbessern, zahlte das Reich nun die den Opfern vorenthaltenen Gelder zurück, hob allerdings nicht alle gefassten Beschlüsse und Gesetze dieser Zeit wieder auf.

Integration der Polen

Die östlichen Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien waren bis zur Vertreibung nach 1945 mehrheitlich von Deutschen bewohnt, in der Provinz Posen (Poznan) aber stellten die Polen die Mehrheit. Seit der Bismarckzeit wurde versucht, die hier lebenden Polen zu germanisieren, was allerdings scheiterte und in offenen Protest mündete. Kaiser Wilhelm II. hob viele dieser Repressionen, die vor allem die Sprache des Unterrichts und später auch des Gottesdienstes regelten, auf und erkannte die Polen als eigenes Volk und Minderheit im Deutschen Reich an.

Die Judenpolitik

Eine der umstrittensten Bereiche in der Einordnung der politischen Meinung des Kaisers ist seine Beziehung zum Judentum bzw. zum Antisemitismus . Die Historiker gehen hier in den Meinungen weit aus einander, je nachdem welche Quellen sie benutzen.

In den Reichtagswahlen 1880 zogen zum ersten Mal mehrere aggressiv antisemitische Parteien in den Reichstag ein. Mit Fünf Abgeordneten bildeten sie die „ Fraktion der Antisemiten “. Grund für den gestärkten Antisemitismus waren wohl die starken wirtschaftlichen Erfolge jüdischer Unternehmer. Die Juden waren im 1871 gegründeten Deutschen Reich das erstemal freie und gleiche Bürger: Die Einschränkungen die sie, von Land zu Land unterschiedlich, teilweise zu Schutzbefohlenen eines Herrschers machten und ihnen wirtschaftliche Beschränkungen auferlegten oder ihnen bestimmte Berufsverbote erteilten waren aufgehoben. Auch der Dienst beim Militär, in Schulen oder der Justiz stand ihnen jetzt offen.

Als Reaktion auf den Antisemitismus entstanden gesellschaftliche Gruppen, die dem entgegen zuwirken versuchten. So bildeten besorgte Christen den Verein zur Abwehr des Antisemitismus , dem neben Heinrich Mann auch der Historiker Theodor Mommsen beitrat.

Im Judentum entwickelten sich neben dem orthodoxen Glauben mehrere Strömungen mit teilweise auch politischem Hintergrund.

So gab es zum einen die assimilierten Juden, die sich taufen ließen und das Christentum als Erfüllung des jüdischen Messia -Glaubens akzeptierten.

Der sog. Reform-Glaube lehnte diese Art ab, passte sich aber in seiner Wesensart fast völlig den deutsch-christlichen Traditionen an. Er hielt Gottesdienst am Sonntag, nicht am Sabbat (Samstag); auf deutsch nicht auf hebräisch, hielt kürzere Gebete mit Orgeluntermahlung und verzichtete auf traditionelle Gebetsbekleidung.

Kaiser Wilhelm unterstützte diese Art der Religionsausübung sehr und finanzierte den Bau der Reform-Synagoge in der Berliner Fasanenstraße mit, an deren Einweihung er demonstrativ teilnahm.

Eine dritte aufstrebende Richtung war der Zionismus , der die Gründung eines eigenen Judenstaates vorsah. Aus Angst, den Antisemitismus zu bestärken, lehnten die Reformgläubigen auch diese, sehr radikale, ursprüngliche Form des Glaubens ab und strich jegliche Passagen über das gelobte Land aus dem Gottesdienst. Mit dem Wortführer dieser Gruppierung, dem Wiener Journalisten Theodor Herzl unternahm der Kaiser eine Palästinareise. Auf dieser Reise stiftete der Kaiser außerdem in Jerusalem die Erlöserkirche auf dem Muristangelände. Als Erinnerung an diese Expedition wurde dem Kaiser in Haifa 1982 ein Denkmal gesetzt.

Trotz dieser Unterstützung gibt es vom Kaiser mehrere Zitate, die einen antisemitischen Klang haben, so: "Ich denke gar nicht daran wegen der paar hundert Juden und der tausend Arbeiter den Thron zu verlassen!" Ob er allerdings auf die Juden als Kollektiv schimpft oder einzelne meinte, z.B. die ihn oft kritisch betrachtenden jüdischen Zeitungsmonopolisten, ist unklar. Die Verurteilung der Juden als Volk ist aber unwahrscheinlich, da er in seinem Freundeskreis nie Unterschiede zwischen Deutschen jüdischer oder christlicher Abstammung machte. Der von Antisemiten geprägte und Heute noch verwendete Begriff „Kaiserjuden“ zeigte allerdings großes Misswillen von Teilen der Bevölkerung an diesen Kontakten. Nach der Abdankung des Kaisers 1918 nahm sich der jüdische Freund des Kaisers, Reeder Albert Ballin , aus Angst vor der Zukunft Deutschlands, das Leben.

Integration der französischen Minderheit

Nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 wurde zusätzlich zum deutschsprachigen Elsass, das mehrheitlich französischsprachigee Lothringen und die Stadt Metz ins Reich eingegliedert. Nach einem längeren Phase der Unentschlossenheit entschied man sich auf Bismarcks Empfehlung, Elsass-Lothringen als "Reichsland" direkt dem Reich zu unterstellen.

Neben der Einführung der staatlichen Schulpflicht und von Sozialsystemen wurde dort Hochdeutsch wieder Amtssprache. Die Sprachenfrage wurde in einem Gesetz vom März 1872 zunächst so geregelt, dass grundsätzlich die amtliche Geschäftssprache deutsch war, jedoch in den Landesteilen mit überwiegend französischsprachiger Bevölkerung den öffentlichen Bekanntmachungen und Erlassen eine französische Übersetzung beigefügt werden sollte. In einem weiteren Gesetz von 1873 wurde für die Bezirksverwaltungen von Lothringen und die Kreisverwaltungen derjenigen Kreise, in denen die französische Sprache ganz oder teilweise Volkssprache war, der Gebrauch des Französischen als Geschäftssprache zugelassen. In einem Gesetz über das Unterrichtswesen von 1873 wurde geregelt, dass in den Gebieten mit Deutsch als Volkssprache diese auch ausschließliche Schulsprache war, während in den Gebieten mit überwiegend französischsprechender Bevölkerung der Unterricht ausschließlich in französischer Sprache gehalten werden sollte.

1874 wurde hier die reichsdeutsche Verfassung eingeführt. Das Reichsland erhielt im Deutschen Reich ab 1877 das Recht, Gesetze vorzuschlagen. Es besaß nunmehr eine gewisse Eigenständigkeit. Ein beratender Landesausschuss wurde eingerichtet. 1879 wurde das Amt des Statthalters eingeführt, der als Oberhaupt das Reichsland Elsaß-Lothringen repräsentierte. Erst im Jahre 1911 wurde Elsaß-Lothringen den übrigen deutschen Bundesstaaten gleichgestellt und erhielt eine eigene Verfassung und ein eigenes, frei gewähltes Parlament, eine eigene Fahne und drei Vertreter im deutschen Bundesrat. Das Parlament bestand aus zwei Kammern: die erste Kammer bestand aus Abgeordneten der Handels- und Landwirtschaftskammern, der Städte und Religionsgemeinschaften, der Universität und des Oberlandesgerichts, während die 60 Abgeordneten der zweiten Kammer in freier, gleicher und geheimer Wahl für fünf Jahre gewählt wurden. Dennoch empfanden Teile der französische Bevölkerung die Deutschen, insbesondere die preußischen Verwaltungsbeamten und Militärs, als Besatzer, wie die Vorgänge um die Zabern-Affäre zeigten.

Der Rückversicherungsvertrag

Ein wichtiges außenpolitisches Ereignis fiel noch ins Jahr des Kanzlerwechsels: Der Rückversicherungsvertrag mit Russland widersprach den Bedingungen des Dreibundpaktes mit Italien und Österreich-Ungarn. Der Kaiser war gegen ein Verletzen dieses Paktes gewesen, während Bismarck den Rückversicherungsvertrag für notwendig gehalten hatte. Noch 1890 wurde jetzt, in der Öffentlichkeit unbemerkt und von Caprivi hingenommen, der auslaufende Rückversicherungsvertrag vom Deutschen Reich nicht erneuert. In Russland nahm man einen deutschen Kurswechsel an und begann, sich Frankreich anzunähern.

Wirtschaftspolitik und rüstungspolitische Prioritäten

Caprivi setzte einen weiteren von Bismarck verwehrten Wunsch Wilhelms II. durch, die progressive Einkommenssteuer, die höhere Einkommen stärker belastete: die Miquelsche Einkommensteuerreform von 1891.

Durch die von Graf Caprivi vorangetriebene industriefreundliche und exportorientierte Eindämmung des Protektionismus bekam zog er sich die Feindschaft der im Bund der Landwirte organisierten Grundbesitzer (" Ostelbier ", " Junker ") zu. Die nach Abschaffung der Schutzzölle wachsenden Agrarexporte der USA bewirkten einen innerdeutschen Preisverfall. Durch die Förderung des Einsatzes von Agrarmaschinen konnte man die Verluste zwar teilweise auffangen, erhöhte aber die agrarprotektionistischen Ansprüche der ohnehin unterkapitalisierten und zu Investitionen genötigten Großgrundbesitzer.

Außerdem hatte Caprivi eins der heißesten Eisen der deutschen Minderheitenpolitik angepackt, die Polenpolitik , und dämmte die Repressionen gegen die polnische Bevölkerungsmehrheit in den Provinzen Posen und Westpreußen ein. Der auch davon betroffene Gutsadel, deren Tagelöhner ins aufblühende Ruhrgebiet abwanderten, war aber ein konservativer Rückhalt für die Monarchie, aus deren Reihen die Landräte und vor allem viele Generale kamen, und der sich bei Hofe Gehör verschaffen konnte. Caprivi galt ihnen als „Verräter des eigenen Standes“.

1893 löste Wilhelm II. nun doch den 1890er Reichstag auf, jetzt, weil der die auch von ihm gewollte Heeresverstärkung abgelehnt hatte. Der neugewählte billigte sie, ein die Nachbarstaaten beunruhigender Erfolg des Kaisers. Auch die von Alfred von Tirpitz propagierte Aufrüstung der Reichsmarine, im Volk populär (vgl. Matrosenanzug ) wurde künftig von Wilhelm gefördert (1895 Vollendung des heutigen Nord-Ostseekanals , Ausbau von Kiel und Wilhelmshaven zu Marinehäfen). In diesem Zusammenhang besetzte und pachtete das Deutsche Reich die chinesische Hafenstadt Tsingtao auf 99 Jahre. Wilhelm erkannte trotz seiner Englandfreundlichkeit nicht, dass damit die weltweite Hegemonialmacht Großbritannien aufs Äußerste beunruhigt wurde, ebenso wie dann durch die Nichtunterstützung im Burenkrieg . Der anhaltende deutsche Kolonialismus – gegen den Bismarck sich noch gewehrt hatte – wurde desgleichen von ihm nicht als riskant gegenüber den Großmächten England, Frankreich und Japan erkannt und eher gebilligt: 1899 erwarb das Reich die Karolinen , Marianen , Palau und West samoa .

Caprivi, der wie Wilhelm vor allem eine englandfreundliche Politik wollte, wandte sich als Reichskanzler gegen viele dieser Entwicklungen, doch machte sich innenpolitisch damit Feinde. Der Kaiser ließ ihn fallen.

1894 wurde Caprivi entlassen.

Wende in den Reichskanzlerberufungen und außenpolitische Dauerprobleme

Wilhelm berief erstmals einen Nichtpreußen, den Bayern Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der weder Führungsehrgeiz entwickeln sollte noch entwickelte: 1896 versäumte er, Wilhelm von der Krüger-Depesche abzuhalten, einem Glückwunschtelegramm an die Buren zur Abwehr des britisch inspirierten Jameson Raid , die in Großbritannien mit Empörung aufgenommen und als Abkehr von der englandfreundlichen Politik Caprivis gedeutet wurde.

1900 ersetzte er ihn durch den Grafen (später Fürsten) Bernhard von Bülow , der als Reichskanzler weder die anstehenden innenpolitischen Reformen betrieb, noch die sich umgruppierenden außenpolitischen Konstellationen (in Deutschland als Einkreisungspolitik verstanden) zu meistern vermochte: Das seit Langem gründlich vergiftete Verhältnis zu Frankreich (namentlich durch die vorwiegend militärisch motivierte Annexion Elsass-Lothringens 1871) wurde nicht verbessert, England nun auch durch die Flottenpolitik herausgefordert und Russland auf dem Balkan nicht gegen Österreich-Ungarn unterstützt. Wilhelm wollte aber nicht schon wieder einen Reichskanzler entlassen. Mangels kluger und steter Personalpolitik bei der Besetzung des Reichskanzlerpostens hätte aber ein Kaiser nun selber hochqualifizierte und nachhaltig Politik machen müssen. Dazu sah er sich aber weder von der Reichsverfassung her noch persönlich in der Lage.

Stattdessen hielt er er noch 1900 seine " Hunnenrede ". Im Rahmen des sogenannten Boxeraufstandes wurde als Teil einer internationalen Interventionstruppe der Großmächte auch ein deutsches Kontingent nach China entsandt, gegen Widerstand hatte man sogar einen deutschen Oberbefehl durchgesetzt, und nun verstieg er sich bei deren Einschiffung zu den Sätzen Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Es weckte schlimmste Befürchtungen und desavouierte ihn und die Deutschen bis in den Weltkrieg hinein.

Friedenspolitisch ergriff Wilhelm II. erst 1905 eine Initiative: Zwecks einer Wiederannäherung an Russland (das gerade seinen Krieg gegen Japan zu verlieren drohte) schloss er mit Nikolaus II. den Freundschaftsvertrag von Björkö. Frankreich sollte einbezogen werden. Als unvereinbar mit der französisch-russischen Annäherung wurde der Vertrag dann – nachdem Wilhelm II. 1906 in der „ Ersten Marokkokrise “ höchstpersönlich Frankreich provoziert hatte (sein Besuch in Tanger/Marokko) – im Jahr 1907 von Russland als gegenstandslos erklärt. Resultat war überdies eine Verschlechterung der Beziehungen zu Japan gewesen, das bisher Preußen/Deutschland als wissenschaftlichen und militärischen Lehrmeister angesehen hatte.

1908 wurde Wilhelms Hilflosigkeit durch die Daily Telegraph -Affäre deutlich: Er beschwerte sich in einem Interview mit deren Reporter über seine eigene Regierung als nicht englandfreundlich genug. Bismarck war ein Meister darin gewesen, seine Politik medial zu flankieren (vgl. die Emser Depesche 1870). Bei Wilhelm sollte das Interview Politik ersetzen. Damit fiel er der Reichspolitik in den Rücken, knickte angesichts des deutschen Pressesturms ein und versprach, dies nicht wieder zu tun.

Überhaupt begann die Öffentliche Meinung , den Kaiser kritisch zu sehen, und eine Kampagne schadete ihm konkret: Schon 1906 hatte der Journalist Maximilian Harden in seiner Zeitschrift Die Zukunft die Kamarilla um den Kaiser und damit das persönliche Regiment des Kaisers angegriffen. Zu besonders harten Auseinandersetzungen führte seine Enthüllung, dass Philipp von Eulenburg und Hertefeld , ein enger Freund und Berater des Kaisers, homosexuell sei und einen Meineid geleistet habe. Es folgten drei Sensationsprozessen gegen Eulenburg, die trotz dessen Freispruchs das Ansehen des Kaisers beschädigten.

1909 entließ der Kaiser Bülow und ernannte Theobald von Bethmann Hollweg zum Reichskanzler. Er überließ ihm die Außenpolitik, die ihre Ziele (Wiederannäherung an England, Distanzierung von der antirussischen Balkanpolitik Östereich-Ungarns) aber nicht erreichte. Die antifranzösische Politik wurde 1911 in der zweiten Marokkokrise durch deutschen Interventionismus verschärft (der " Pantersprung nach Agadir "), Heer und Flotte wurden weiter verstärkt. Markante Eingriffe Wilhelms unterblieben.

Insgesamt ist Wilhelms II. Anteil an der deutschen Außenpolitik umstritten. Während John C. G. Röhl in ihm die entscheidende Persönlichkeit sieht, die die Politik des Reiches eigenständig führte, sieht die Mehrzahl der Historiker wie Wolfgang Mommsen die zivile Reichsleitung im Zentrum der Verantwortung. Auch war er zwar Militarist , aber kein Bellizist , er wollte trotz seiner kriegerischen Reden im Grunde keinen Krieg. Er tat aber auch zu wenig, um dies deutlich zu machen. Unbestreitbar ist, dass der Kaiser nicht als Koordinator zwischen Außen-, Heeres- und Flottenpolitik wirkte. So kam es, dass Reichskanzler, Heer und Marine je unterschiedliche Ziele verfolgten, die miteinander nicht verträglich waren: Vor allem die Flotte schuf ein außenpolitisches Problem, dem das Heer dann nicht gewachsen sein sollte.

Der Erste Weltkrieg

1914 in der Julikrise spielte Wilhelm II. eine ambivalente Rolle. Er wollte den Frieden retten und auf der Monarchenebene versuchte er sein Bestes, einen fieberhaften Briefwechsel mit dem russischen Kaiser (Lieber Nicky! – Lieber Willy!), der bei der nunmehr objektiven Kriegsentschlossenheit sämtlicher Kontinental-Großmächte gar nichts bewirkte. Objektiv jedoch steigerte der Kaiser die Kriegsgefahr: Denn er ermächtigte Bethmann Hollweg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914, Österreich-Ungarn eine Blankovollmacht für dessen aggressive Politik gegen Serbien zu erteilen, Russlands Satelliten. Faktisch wurde nach der österreichisch-ungarischen Kriegserklärung an Serbien die Außenpolitik von Kaiser und Kanzler dem deutschen Generalstab überlassen: Die Mobilmachung im Russischen Reich erlaubte es nach dessen Urteil dem Deutschen Reich nicht, mit der Kriegserklärung an Russland und Frankreich länger zu warten, da sonst der deutsche Schlieffenplan (bei einem Zweifrontenkrieg erst schnell Frankreich, dann Russland zu schlagen) undurchführbar zu werden drohte. (Im Übrigen siehe Erster Weltkrieg .) Als es dann zum Kriegsrat kam, zeigte sich der Kaiser überrascht, dass der Generalstab keinen Alternativplan für den vom Reichskanzler befürworteten Defensivkrieg im Westen hatte – objektiv ein schwerer Kunstfehler. Er tadelte zwar seinen Generalstabschef, den jüngeren Moltke , fügte sich aber. Er lehnte es fortan ab, sich in militärische Zielsetzungen einzumischen, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung.

Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914–1918 wurde die Bedeutung des Kaisers immer geringer. Besonders unter der 3. Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und dem dominierenden Ludendorff wurde er 1916–1918 zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Jedoch schob sie ihm 1917 die auch im Reich umstrittene Entscheidung über den uneingeschränkten U-Bootkrieg zu. Er schloss sich – gegen den Rat seines Reichskanzlers – der Meinung der Militärs an und willigte ein, was dann zur Kriegserklärung der USA führte. Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Ab 1917 hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht.

Durch das völlige Desaster der Kriegsführung, spätestens nach der gescheiterten Frühjahrsoffensive 1918, war er im Reich unhaltbar geworden. Am 9. November 1918 gab Reichskanzler Prinz Max von Baden (1867–1929) eigenmächtig und ohne seine Einwilligung seine Abdankung bekannt. Am 10. November 1918 fuhr der Kaiser aus seinem Hauptquartier in Spa in die Niederlande und erhielt dort Asyl. Er dankte am 28. November 1918 ab, 19 Tage nach Ausrufung der Republik.

Nach der Abdankung

Haus Doorn, 1938: v.l.n.r.: Prinzessin Hermine, Prinzessin Kira, der Kaiser und Prinz Louis Ferdinand
Haus Doorn, 1938: v.l.n.r.: Prinzessin Hermine, Prinzessin Kira, der Kaiser und Prinz Louis Ferdinand

Exil

Bis 1920 lebte Wilhelm II. in Amerongen, danach bis zu seinem Tod in dem von ihm erworbenen Haus Doorn in den Niederlanden im Exil. 1921 starb seine Frau. 1922 ehelichte er die verwitwete Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath , geborene Prinzessin Reuß ä.L. ( 1887 - 1947 ) („Kaiserin“ in seiner Titulatur, amtlich „Prinzessin von Preußen“). Er verfasste seine Memoiren und weitere Bücher und hielt sich für die Wiederherstellung der Monarchie bereit.

1933 näherte er sich für kurze Zeit den Nationalsozialisten an, von denen er sich die Restauration des Kaiserreichs versprach, was sich bald als unrealistisch erwies. Als er im November 1938 von der antijüdischen Pogrom , der damals sogenannten „ Kristallnacht “) erfuhr, äußerte er sich entsetzt und hielt es für eine Schande. Im Jahre 1940 erhielt Adolf Hitler ein angeblich von Wilhelm II. abgesandtes Glückwunschtelegramm zum deutschen Sieg über Frankreich. Darin wurde nicht dem „Führer“ Hitler, sondern dem Reichskanzler und vor allem dem „Sieg der deutschen Waffen“ gratuliert. Ob es von Wilhelm II. stammte, wird stark bestritten, sein damaliger Hausminister, Wilhelm v. Dommes, dürfte der Urheber dieses Telegramms gewesen sein.

Wilhelms II. Tod

Wilhelm II. starb am Morgen des 4. Juni 1941 im Haus Doorn. Seine letzten Worte sind zweifelhaft überliefert: „Ich versinke, ich versinke...“.

Trauerfeiern im Reich wurden verboten. Die NS-Machthaber erlaubten nur einer kleinen Zahl an Personen (engerer Familienkreis; einige ehemalige Offiziere) die Fahrt in die besetzten Niederlande zur Teilnahme an der Beisetzung. Der Kaiser wurde zunächst in einer Kapelle nahe dem Doorner Torhaus beigesetzt. Sodann wurde sein Sarg in das nach seinen Zeichnungen postum erbaute Mausoleum im Park von Haus Doorn überführt. Sein selbst gewählter Grabspruch lautet: „Lobet mich nicht, denn ich bedarf keines Lobes; rühmet mich nicht, denn ich bedarf keines Ruhmes; richtet mich nicht, denn ich werde gerichtet“.

Beide Gattinnen ruhen im Antikentempel am Neuen Palais in Potsdam.

Wilhelm II. als Persönlichkeit

Auf Grund von Komplikationen bei seiner Geburt war Wilhelms I. linker Arm um 15 cm kürzer als der rechte und tlw. gelähmt, mit daraus resultierenden Gleichgewichtsstörungen und Haltungsschäden sowie häufigen Schmerzen im linken Ohr. Eine besondere elterliche Zuwendung erfuhr er deswegen nicht und dankte es mit einem bleibenden Ressentiment, besonders gegen seine Mutter, die ihn selbst wiederum, wie in ihren Briefen deutlich zu lesen, hasste. Schmerzlich waren die Versuche der Familie, seiner Behinderung entgegen zu wirken. Denn der zukünftige König von Preußen sollte ein „ganzer Mann“ und kein Krüppel sein. So musste sich das Kleinkind z.B. schmerzhaften Elektroschocktherapien unterziehen. Auch wurde erfolglos versucht, seinen verkümmerten Arm zu strecken. Das beruflich oft erforderliche Reiten fiel ihm daher schwer. Diese unbehebbare Behinderung prägte ihn sehr, er war gehalten, sie stets als einen Makel zu verbergen. Das Tragen von Uniformen und das Abstützen der linken Hand auf der Waffe war ein Ausweg. Die Behinderung machte ihn vermutlich zu einem Menschen mit Selbstzweifeln und geringem Selbstbewusstsein und einer darauf beruhenden Ichverfangenheit, leichten Kränkbarkeit und ihrzufolge Sprunghaftigkeit. Später dürfte diese auch seine sprichwörtliche Reiselust begünstigt haben. Ob mögliche Neurosen eine ernsthafte seelische Erkrankung unterstellen lassen müssten, ist durchaus stritttig. Ob auch eine Anlage zu einer Geisteskrankheit vorlag, noch mehr. Ein schwermütiger Zug wird ihm mitunter attestiert. Der noch heute berühmte Psychiater Emil Kraepelin bezeichnete sogar – auf Grund ferndiagnostisch zugänglicher öffentlicher Quellen – Wilhelms Gemüt als einen „typischen Fall periodischen Gestörtseins“, ein freilich bestrittenes Urteil in Richtung auf eine manisch-depressive Disposition.

Anhaltende Schwierigkeiten waren Wilhelm II. späterhin verhasst, deswegen ließ er auch bewährte Freunde und Parteigänger schnell im Stich, so dass eher diplomatisierende Charaktere, wie Bülow und viele Höflinge, seinen Umgang ausmachten und seine Personalauswahl bestimmten. Offiziere, unter denen er sich wohlfühlte, erweiterten sein Urteil wenig, denn sie hatten im Zweifel die politischen Vorurteile ihrer kastenartig abgeschlossenen Berufsgruppe, und das Schwadronieren war ihnen nicht ungeläufig. Von seiner Persönlichkeit her gesehen behinderten seine narzisstischen Züge seine Einfühlungsgabe und sein Urteil über Andere, seine Taktlosigkeiten waren bekannt - sie fielen seiner Mitwelt besonders bei seinem Regierungsantritt und bei Bismarcks Entlassung ins Auge (die dieser in seinen Gedanken und Erinnerungen rachsüchtig ausbreitete). Eine diese Handikaps ausbalanzierende Welt- und Menschenkenntnis zu erwerben, hatte sein Werdegang ihm nicht erlaubt.

Trotz der Wesensunterschiede zu seinem altpreußisch -schlichten und im Persönlichen bemerkenswert loyalen Großvater Wilhelm I. versuchte er, dessen Regierungsmuster zu folgen. Man kann sein anfängliches Verhältnis zu Caprivi dergestalt deuten, dass er hier ‚seinen eigenen Bismarck‘ gefunden zu haben hoffte. Militärisch ernannte er den Neffen des berühmten Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke zum Oberbefehlshaber (Ich will auch einen Moltke.), der dann aus dem Schatten Schlieffens nicht heraus zu treten vermochte. Jedenfalls wurde Wilhelms I. Zurückhaltung bei direkten politischen Eingriffen auch Wilhelms II. bleibendes Merkmal.

Der Kaiser mit seinen Söhnen auf dem Weg zum Gottesdienst, im Hintergrund das Berliner Stadtschloss (Neujahr 1913)
Der Kaiser mit seinen Söhnen auf dem Weg zum Gottesdienst, im Hintergrund das Berliner Stadtschloss (Neujahr 1913)

Gar nicht folgte er der öffentlichen Zurückhaltung des alten Kaisers. Wilhelms Selbstdarstellungseifer drängte ihn oft repräsentativ in die Öffentlichkeit , bei der eine nicht unbeachtliche Rednergabe ihm Echo einbrachte, aber auch zu politisch bedenklichen Formulierungen verlockte. Auch begünstigte dieser Eifer sein Verhältnis zu den Massenmedien. Man kann ihn als den ersten Medienmonarchen des 20. Jahrhunderts ansehen. Seine Schaustellungen von Uniformen und Orden stimmten im Übrigen zum Protzstil des dann nach ihm benannten Wilhelminismus ‘.

Die Künste standen ihm ferne, die Literatur lag ihm nicht am Herzen. Eigene Interessen entwickelte er für die Archäologie , seine Korfu -Aufenthalte sind auch davon bestimmt. Außerdem oblag er, wie in Adelskreisen nicht unüblich, begeistert der Jagd, seine Trophäenzahl erfreute ihn (er erlegte rd. 46.000 Tiere), im Exil fällte er gerne Bäume. Bei der Jagd lernte Wilhelm auch seinen später engen Freund Philipp Graf (später Fürst) zu Eulenburg kennen, der besonders in den Jahren 1890 bis 1898 zu seinen wichtigsten Beratern zählte.

Sein zumindest die ersten Regierungsjahre anhaltendes Wohlwollen gegenüber auch seinen ärmeren oder gedrückten Untertanen ist nicht zu bezweifeln, wenn es auch nicht enttäuschungsfest war. Außer der Arbeiterschaft und dem politischen Katholizismus beschloss es auch die Juden ein: Wilhelm II. unterstützte auf der einen Seite das auf eine Assimilation zulaufende Reformjudentum (Finanzierung der Reform-Synagoge in der Berliner Fasanenstraße, demonstrative Teilnahme an der Einweihung), wie er anderseits den Zionisten , die die Gründung eines eigenen modernen Judenstaates betrieben, aufgeschlossen war, deren Wortführer, den Wiener Journalisten Theodor Herzl , er auf seine Palästinareise mitnahm. Ein anhaltendes wohlwollenden Interesse hätte allerdings auch eine Demokratisierung der Reichsverfassung einbeschlossen, also „Politik“ im Sinne seines Kritikers Max Webers als geduldiges Bohren dicker Bretter, zu dem er nichts weniger als gesonnen war.

Sein Desengagement, wenn die Dinge anders liefen, als er wollte, blieb sein Wesenszug. Noch 1918, angesichts der revolutionären Verhältnisse im Reich, emigrierte er sang- und klanglos ins neutrale Ausland. Seine in Holland verfasste Autobiografie mit ihren Rechtfertigungen oder Themenvermeidungen ist ein gutes Zeugnis seiner Urteilsschwächen.

Das Bild Wilhelms II. in der Öffentlichkeit

Wilhelm II. war zunächst sehr populär. Die weniger geschätzten Züge einer Reichseinigung ‚von oben‘ mit Bewahrung alter Machtstrukturen fand in der Kaiserverehrung einen willkommenen Auslass. Die weithin monarchistisch gesonnene Presse nahm dies auf, man fand für ihn die Bezeichnungen „Arbeiterkaiser“ (nicht grundlos, siehe oben) und „Friedenskaiser“ (dies geht u. a. auf den Vorschlag von Emanuel Nobel von 1912 zurück, Kaiser Wilhelm II. den von Alfred Nobel gestifteten Friedensnobelpreis zuzusprechen, damals hatte das Deutsche Reich unter seinem Kaisertum 24 Jahre Frieden gehalten). Doch zunehmend mischte sich Spott hinein: Der erste war der greise Kaiser, der zweite war der weise Kaiser, der dritte ist der Reisekaiser. Auch in der Bezeichnung „Redekaiser“ stak Kritik. Seine vielerlei Uniformen wurden bewitzelt: Majestät, im Badezimmer ist ein Rohr geplatzt. - Bringen Sie die Admiralsunifom. (" Simplicissimus ")

Von den ihn kritisierenden Demokraten, Sozialisten, Katholiken, auch den kritischen Minderheiten (von 1864 her die Dänen, seit 1866 die Hannoveraner, seit 1871 die Elsass-Lothringer, dauerhaft die Polen) wurde ihm zunächst das die öffentliche Meinung beherrschende Bürgertum am gefährlichsten. Bei den Schriftstellern war er nicht angesehen, der ironische Thomas Mann war in seinem Roman Königliche Hoheit noch am mildesten mit einem behinderten und etwas einfältigen Dynasten umgegangen. Direkte Kritik verbot der Paragraph zur „ Majestätsbeleidigung “ im Strafgesetzbuch, aber die Witze über ihn wurden immer beißender. Man vergleiche nur das viel positivere Kaiserbild von Franz Joseph in Österreich-Ungarn, welches viel schärfere innen- und außenpolitische Probleme hatte.

Nach 1918 und seiner Flucht ins Exil überwog die Verachtung , man warf ihm Feigheit vor: Warum ist er nicht an der Spitze seines Heeres kämpfend gefallen? Monarchisten erhofften (viele andere befürchteten) 1933 mit Adolf Hitlers Machtantritt seine Rückkehr, aber Etliche hätten bereits lieber andere abgedankte deutsche Fürsten gekrönt gesehen. Da Hitler nichts dergleichen im Sinne hatte, wurde Wilhelm II. in seinen letzten zehn Lebensjahren immer stärker vergessen, sein Tod blieb überwiegend unbetrauert. Sein öffentliches Ansehen hat sich seither kaum erholt.

Im Ausland war es eher schlechter gewesen. Denn während des Ersten Weltkrieges war Wilhelm II. oft die symbolische Zielfigur der feindlichen Propaganda , was sein Image dort dauerhaft beschädigt haben dürfte.

Ãœbersichten zum Leben Wilhelms II.

Genealogische Informationen

  • Söhne und Tochter
  1. Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (* 6. Mai 1882 ; † 20. Juli 1951 ), Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Kaiserliche und Königliche Hoheit
  2. Wilhelm Eitel Friedrich Christian Karl ( 1883 – 1942 )
  3. Adalbert Ferdinand Berengar ( 1884 – 1948 )
  4. August Wilhelm Heinrich Günther Viktor ( 1887 –1 949 )
  5. Oskar Karl Gustav Adolf ( 1888 – 1958 )
  6. Joachim Franz Humbert ( 1890 – 1920 )
  7. Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte ( 1892 – 1980 )
  • Vorfahren

1 Wilhelm II.
Eltern
2 Friedrich III. ( 1831 – 1888 ), Deutscher Kaiser und König von Preußen
3 Victoria ( 1840 – 1901 ), Kaiserin Friedrich, Princess Royal of the United Kingdom of Great Britain and Ireland

  • Großeltern

4 Wilhelm I. ( 1797 – 1888 ), Deutscher Kaiser und König von Preußen
5 Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach ( 1811 – 1890 ), Kaiserin Augusta
6 Albert von Sachsen-Coburg-Gotha ( 1819 – 1861 ), The Prince Consort
7 Victoria ( 1819 – 1901 ), Queen Victoria, Königin von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien

  • Urgroßeltern

8 Friedrich Wilhelm III. ( 1770 – 1840 ), König von Preußen
9 Luise von Mecklenburg-Strelitz ( 1776 – 1810 ), Königin Luise
10 Carl Friedrich ( 1783 – 1853 ), Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
11 Maria Romanow-Holstein-Gottorp ( 1786 – 1859 )
12 Ernst I. ( 1784 – 1844 ), Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld, später Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha
13 Luise ( 1800 – 1831 ), Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld
14 Eduard ( 1767 – 1820 ), Herzog von Kent
15 Victoria von Sachsen-Coburg-Saalfeld ( 1786 – 1861 )

Erworbene und/oder (ehrenhalber) verliehene Titel und Ränge

Akademisch (alphabetisch nach Hochschulen)

  • Dr. iur. utr. h.c. der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
  • Dr.-Ing. E.h. der Polytechnischen Hochschule in Berlin.
  • Ehrendoktor der Wissenschaften der Universität Klausenburg
  • Dr. of civil law der Universität Oxford
  • Ehren-Dr. der Rechte der Universität Pennsylvania
  • Ehrendoktor der Medizin der Universität Prag

Militärische Laufbahn

  • 27. Januar 1869: Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß und à la suite des 1. Batl. (Berlin) des 2. Garde-Landwehr-Rgts.
  • 22. März 1876: Oberleutnant
  • 22. März 1880: Hauptmann
  • 16. September 1881: Major
  • 16. September 1885: Oberst und Kommandeur des Garde-Husaren-Regiments
  • 27. Januar 1888: Generalmajor und Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade
  • 15. Juni 1888: Oberster Kriegsherr des deutschen Heeres und Chef der Marine, Chef des 1. Garde-Rgts zu Fuß, des Rgts der Garde du Corps , des Leib-Garde-Husaren-Rgts

Chefstellen und andere Ehrenränge Hier geht es um den Rang des Chefs (in Bayern: Inhaber) von Truppenteilen, dessen Namen diese dann auch oftmals trugen (das militärische Kommando liegt nicht beim "Chef", sondern bei dem jeweiligen Kommandeur .). Die Generals- und Admirals-Titel sind ebenfalls als Ehrenränge zu verstehen.

Chef des

1. Garde-Regiments zu Fuß,
Regiment Garde du Corps ,
Leib-Garde-Husaren-Regiments,
Garde-Feld-Artillerie-Regts,
Königs- Ulanen -Regiments (1. Hannoversches) Nr. 13,
Königs-Infanterie-Regts (6. Lothringisches) Nr. 145 ,
Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches) Nr. 3,
Regiments Königs-Jäger zu Pferde Nr. 1,
Leib-Kürassier-Regts Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1,
1. Leib-Husaren-Regts Nr. 1,
2. Leib-Husaren-Regts Königin Viktoria von Preußen Nr. 2,
Leib-Grenadier-Regts Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgisches) Nr. 8,
2. Badischen Grenadier-Rgts 'Kaiser Wilhelm I.' Nr. 110 und des
Infanterie-Rgts 'Kaiser Wilhelm' (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116
Königlich Sächsischen Grenadier-Rgts Nr. 101,
Königlich Württembergischen Infanterie-Rgts Nr. 12,
Königlich Württembergischen Dragoner-Regts Königin Olga (1. Württembergisches) Nr. 25,

Inhaber des

Königlich Bayerischen 1. Ulanen-Regts 'Kaiser Wilhelm II., König von Preußen' und des
Königlich Bayerischen 6. Infanterie-Regiments 'Kaiser Wilhelm, König von Preußen'

Ausland

Inhaber des

K.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 34 und des
K.u.k. Husaren-Regiments Nr. 7;

Chef des

Kaiserlich Russischen St. Petersburger Leib-Garde-Grenadier-Rgts 'König Friedrich Wilhelm III.',
85. Infanterie-Rgts " Wyborg ",
13. Husaren-Regts " Narva " und des
Königlich Großbritannischen 1. Dragoner -Regiments.

Ehrenoberst des

Königlich Portugiesischen 4. Reiter-Rgts und des
Königlich Spanischen Dragoner-Regts "Numancia", u.a.

Kaiserlich Osmanischer Feldmarschall,
Feldmarschall der Kaiserlich-Königlichen Armee [Österreich-Ungarns],
Königlich Großbritannischer Feldmarschall ,
Königlich Großbritannischer Ehrenadmiral der Flotte [" Admiral of the fleet "],
Königlich schwedischer Flaggenadmiral,
Königlich norwegischer und Königlich dänischer Ehrenadmiral,
Admiral der Kaiserlich russischen Flotte,
Ehrenadmiral der Kgl. griechischen Flotte
u.a.

Literatur zu diesem Unterabschnitt

Sonstige (nichtmilitärische) Ränge/Orden (Auswahl).

  • Neuntes Oberhaupt und neunter Souverän und Meister des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler
  • Protektor des Johanniterordens
  • Ritter des Hosenbandordens ,
    St.Andreasordens ,
    Annunciaten-Ordens (Russland),
    Elefanten-Ordens (Dänemark),
    St.-Hubertus-Ordens,
    Seraphinenordens
    Löwen-Orden (Norwegen)
    Orden vom Goldenen Vlies (Spanien)
  • Ehren bailli und Großkreuz des Souveränen Malteserordens

Literatur

Schriften Wilhelms II.

  • Autobiographie ( Memoiren ):
    • Aus meinem Leben – 1859–1888, Leipzig 1926 (K. F. Koehler)
    • Ereignisse und Gestalten – 1878–1918, Leipzig, Berlin 1922 (K. F. Koehler)
    • Erinnerungen an Korfu. Berlin 1924
  • Vergleichende Geschichtstabellen von 1878 bis zum Kriegsausbruch 1914. Verlag von F. Koehler, 1921
  • Meine Vorfahren. Leipzig 1929
  • Kulturhistorische Werke:
    • Das Wesen der Kultur. Privatdruck, 1921
    • Die chinesische Monade, ihre Geschichte und ihre Deutung. Leipzig 1934
    • Studien zur Gorgo . Berlin 1936
    • Das Königtum im alten Mesopotamien. Leipzig 1938
    • Ursprung und Anwendung des Baldachins. Amsterdam 1939.

Sammlungen:

  • Ernst Johann, Reden des Kaisers. Ansprachen, Predigten und Trinksprüche Wilhelms II., München 1966 (dtv)
  • Briefe an den Zaren 1894–1904, hgg. und eingel. von Walter Goetz, übersetzt von M. T. Behrmann, Berlin 1920
  • Briefe und Telegramme an Nikolaus II. (1894–1914)'‘, hgg. von H. v. Gerlach, Wien 1920

Archivalien

  • Bundesarchiv , Koblenz
  • Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin
  • Zentrales Staatsarchiv, Histor. Abt. I, Potsdam
  • Zentrales Staatsarchiv, Histor. Abt. II, Merseburg
  • Rijksarchief in de Provincie Utrecht, Niederlande, Bestand Nr. 14: Ex-Keizer W. II.

Literatur über Wilhelm II.

Zeitgenössisch

  • Friedrich Meister, „Kaiser Wilhelm II.“, Verlag Ernst Hofmann Berlin 1894
  • Friedrich Naumann , „Die Politik Kaiser Wilhelms II.“, Verlag Freistatt München 1903
  • Adolf Stein, „Wilhelm II.“, Leipzig 1909 (Kurzdarstellung)
  • Arthur N. Davies: The Kaiser I knew, London 1918
  • Emil Ludwig , Wilhelm der Zweite, Berlin 1926 (Ernst Rowohlt)
  • Edgar v. Schmidt-Pauli, „Der Kaiser – Das wahre Gesicht Wilhelms II.“, Verlag für Kulturpolitik Berlin 1928 (Die Person des Kaisers aus Sicht eines Psychologen)
  • Max Buchner, „Kaiser Wilhelm II., seine Weltanschauung und die deutschen Katholiken“, Leipzig: Köhler 1929
  • J. D. Chamier, „Ein Fabeltier unserer Zeit – Glanz und Tragödie Kaiser Wilhelms II.“, Amalthea-Verlag 1938 (vorzügliche Biographie des engl. Autors)

Später

  • Hans Helfritz, „Wilhelm II: als Kaiser und König“, Verlag Scientia AG, 1954 (historische Studie des Prof. f. öffentliches Recht bzgl. der positiven Leistungen des Kaisers)
  • Nicolaus Sombart , „Wilhelm II – Sündenbock und Herr der Mitte“, Berlin (Verlag Volk & Welt) 1997 (Betrachtungen zur Person des Kaisers und dessen Umfeld aus kultursoziologischer Sicht)
  • Golo Mann , „Wilhelm II.“, München: Scherz 1964
  • Sigurd von Ilsemann, Der Kaiser in Holland, Bde. I/II, München 1968, hgg. von Harald v. Koenigswald (zeitgenössische Tagebuchaufzeichnungen des letzten Flügeladjutanten Wilhelm II. in Doorn; postum , Bd 1: 1918–23; Bd 2: 1924–41
  • Friedrich August Henn, „Meine Erinnerungen an Wilhelm II. im Exil in Doorn“ (1966), Privatdruck, Frankfurt a.M 2001 – ein Zeitzeuge, der Hofpfarrer in Doorn, berichtet.
  • Hans Rall, „Wilhelm II. – Eine Biographie“, Graz (Verlag Styria) 1995
  • Christian Graf von Krockow , Unser Kaiser. Glanz und Elend der Monarchie. München 1996
  • Klaus Jaschinski, „Kaiser Wilhelm II. auf Pilgerfahrt im Heiligen Land“, in: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hrsg.) ... Macht und Anteil an der Weltherrschaft., Berlin * Tyler Whittle, „Kaiser Wilhelm II: – Eine Biographie“, München 1979
  • Louis Ferdinand Prinz von Preußen, Im Strom der Geschichte, München [1989] 1994 [ursprünglicher Titel: „Als Kaiserenkel durch die Welt“, 1. Auflage, Berlin: Argon 1952]
  • Hans Wilderotter und Klaus D. Pohl (Herausgeber): Der letzte Kaiser. Wilhelm II. im Exil. hgg. i. A. des Dt. Historischen Museums (Berlin), Gütersloh/München 1991
  • J. D. Chamier, „Ein Fabeltier unserer Zeit – Glanz und Tragödie Kaiser Wilhelms II.“, Neuauflage 1989, Vorwort: Louis Ferdinand Prinz von Preußen
  • John C. G. Röhl, Die Jugend des Kaisers, 1859–1888, München (Beck)
  • John C. G. Röhl, Der Aufbau der Persönlichen Monarchie, 1888–1900, München (Beck) 2001
  • Wolfgang J. Mommsen , War der Kaiser an allem schuld? Wilhelm II. und die preußisch-deutschen Machteliten, München (Propyläen) 2002
  • Christopher Clark: Kaiser Wilhelm II.. London 2000 (kurze, abgeschlossene Biografie auf neuerem Forschungsstand, bisher nur engl.)
  • Eberhard Straub, „Drei letzte Kaiser. Der Untergang der großen europäischen Dynastien“, Berlin (Siedler) 1998, ISBN 3886805654
  • Friedhild den Toom, „Wilhelm II. in Doorn“, Hilversum 2002 (die nl. Autorin arbeitet für die Stichting Huis Doorn)
  • John C. G. Röhl, Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik, München (C. H. Beck) 2002
  • Joachim Schröder, "Die U-Boote des Kaisers - Die Geschichte des deutschen U-Boot-Krieges gegen Großbritannien im Ersten Weltkrieg", Bonn (Bernard und Graefe) 2. Auflage 2003 - erstmals wird hier die entscheidende Rolle des Kaisers im U-Boot-Krieg beleuchtet.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Wilhelm II – Bilder, Videos oder Audiodateien
Wikiquote: Wilhelm II. – Zitate
   
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